Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine tarifliche Abgrenzungsregelung zwischen Tätigkeiten von Betrieben des Baugewerbes und Betrieben des Raumausstattergewerbes. Montage von Plameco-Spanndecken als baugewerbliche Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Es ist denkbar, dass Tätigkeiten sowohl von Betrieben des Baugewerbes als auch solchen des Raumausstattergewerbes erbracht werden. Aus § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV-Bau lässt sich keine allgemeine Abgrenzungsregel zu dem Bereich des Raumausstatters ableiten. Anders als in § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV-Bau oder in den Einschränkungen zur AVE haben die Tarifvertragsparteien keine Ausnahme zugunsten von Betrieben des Raumausstattergewerbes vorgesehen. Entscheidend kommt es auf eine teleologische Auslegung des § 1 Abs. 2 VTV-Bau an.
2. Die Montage von Plameco-Spanndecken fällt unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV-Bau (Anschluss an LAG Berlin-Brandenburg 19. Juni 2007 - 11 Sa 1750/06; entgegen Hess. LAG 3. April 2018 - 12 Sa 660/16).
Normenkette
VTV-Bau § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37-38, Abschn. II
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 21.02.2018; Aktenzeichen 11 Ca 549/17) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 21. Februar 2018 - 11 Ca 549/17 - wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 18 % und der Beklagte 82 % zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Beiträgen zum Sozialkassenverfahren im Baugewerbe.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien im Baugewerbe. Auf der Grundlage des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV), der in der Vergangenheit regelmäßig für allgemeinverbindlich erklärt worden ist, hat er den Beklagten auf Zahlung von Beiträgen in Höhe von 12.779,70 in Anspruch genommen. Dabei handelt es sich um Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer in dem Zeitraum August 2015 bis Dezember 2016 sowie für Angestellte in dem Zeitraum September 2015 bis Dezember 2016. Der Kläger hat seine Klageforderung auf der Grundlage einer sog. Mindestbeitragsklage berechnet und dabei zugrunde gelegt, dass pro Monat mindestens ein gewerblicher Arbeitnehmer sowie ein Angestellter beschäftigt waren.
Der Beklagte tritt im Rechtsverkehr als Plameco-Fachbetrieb auf. Er ist insoweit Franchisenehmer. In dem Betrieb wurden ausschließlich Plameco-Decken montiert. Dabei handelt es sich um Kunststoff-Spanndecken. Die Kunststofffolien, die auf Wunsch des Kunden individuell angepasst werden können, werden unter eine bereits vorhandene Zimmerdecke gespannt. Die Spanndecken werden mit Metallhalterungen und Bügeln, die speziell patentiert sind, angebracht. Die Installation erfolgt in der Weise, dass nach Platzierung der Kunststofffolie in den Halterungen der Raum erhitzt wird, was dazu führt, dass sich die Folie ausdehnt. Hierdurch gewinnt die Folie an Halt.
In den Werbematerialien der Franchisegeberin der Beklagten werden die Spanndecken unter anderem wie folgt beschrieben:
"...Durch ihre perfekten Eigenschaften ist eine Plameco-Spanndecke die ideale Lösung für jeden Raum, sowohl innen als auch im Außenbereich. Dies geht, weil Plameco-Spanndecken nicht nur hitze-, kälte- und feuchtigkeitsbeständig sind, sondern auch resistent gegen Algen, Bakterien und Schimmel..."
Mit Schreiben vom 26. September 2016 teilte die Agentur für Arbeit A mit, dass im Betrieb nicht überwiegend bauliche Leistungen erbracht worden seien (Bl. 18 der Akte).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte zur Beitragszahlung verpflichtet sei. Bei der Montage der Plameco-Decken handele es sich um eine bauliche Tätigkeit. Dies habe bereits das LAG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 19. Juni 2007 - 11 Sa 1750/06 - so entschieden. In § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV (Trocken- und Montagebau) werde ausdrücklich auf Deckenverkleidungen Bezug genommen. Der VTV sehe keine generelle Ausnahme zu Gunsten des Raumausstattergewerbes vor. Die Plameco-Spanndecken seien auch hitze-, kälte- und feuchtigkeitsbeständig. Hinzu komme eine Verbesserung der Akustik. Die Spanndecken würden daher funktional über einem bloßen Dekorationszweck hinausgehen.
Der Kläger hat den Antrag gestellt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 12.799 Euro zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, dass die Klage bereits unzulässig sei, da sie nicht den Anforderungen nach § 253 ZPO genüge. Das Arbeitsgericht sei örtlich nicht zuständig. Der betriebliche Geltungsbereich des VTV sei nicht eröffnet, da der Beklagte keine baulichen Leistungen erbringen würde. Die von ihm erbrachten Arbeiten seien dem Raumausstattergewerbe zuzuordnen. Im § 3 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Raumausstatter werde insbesondere die Wand- und Deckendekoration erwähnt. Das Raumausstattergewerbe unterliege nicht dem Geltungsbereich des VTV. Die Spanndecken hätten keine tragende oder stützende Funktion. An ihnen könnten d...