Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Form eines Elternzeitverlangens
Leitsatz (amtlich)
Die in § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG für das Elternzeitverlangen gegenüber dem Arbeitgeber gebotene Schriftlichkeit ist kein gesetzliches Schriftformerfordernis im Sinne der §§ 125, 126 Abs. 1 BGB. Sie kann auch durch ein Telefax gewahrt werden.
Normenkette
BEEG § 18 Abs. 1, § 16 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 27.05.2014; Aktenzeichen 10 Ca 8834/13) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 27. Mai 2014 - 10 Ca 8834/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen einer Kündigungsschutzklage um den Sonderkündigungsschutz der Klägerin nach § 18 BEEG.
Die Klägerin ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 1. Dez. 2011 (Bl. 10 d. A.) seit 1. Jan. 2012 in der Anwaltskanzlei des Beklagten als Anwaltsgehilfin angestellt. Ihr monatliches Bruttogehalt betrug EUR 980,-zuzüglich Fahrtkostenersatz bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden. Der Beklagte beschäftigt in seiner Kanzlei nicht mehr als 10 Arbeitnehmer.
Am 17. Sept 2012 erhielt die Klägerin Kenntnis von ihrer Schwangerschaft. Nach der Schwangerschaftsmitteilung vom 27. Sept. 2012 (Bl. 12 d. A.) war voraussichtlicher Geburtstermin der 17. Mai 2013 und letzter Arbeitstag der 4. April 2013. Mit Schreiben vom 19. Sept. 2012 (Bl. 13, 14 d. A.) widersprach die Klägerin unter Berufung auf ihre Schwangerschaft der Kündigung des Beklagten vom 31. Aug. 2012.
Ab dem 5. April 2013 befand sie sich in Mutterschutz. Ihre Tochter wurde am 26. Mai 2013 geboren. Auf die Geburtsurkunde vom 4. Juni 2013 wird Bezug genommen (Bl. 87 d. A.).
Die Parteien schlossen am 30. April 2013 bei dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main im Rechtsstreit 10 Ca 8802/12 einen Vergleich, wonach ihr Arbeitsverhältnis fortbestand und für den Zeitraum vom 1. Okt. 2012 bis zum 4. April 2013 bestimmte Beträge abgerechnet und gezahlt werden. Außerdem hatte der Beklagte den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld abzurechnen und zu zahlen, soweit dieses von der Klägerin bezogen wird. Damit waren die Vergütungsansprüche bis zum 4. April 2013 erledigt.
Die Klägerin übersandte dem Beklagten am 10. Juni 2013 ein Telefax mit dem Betreff "Elternzeit" und folgendem Inhalt (Bl. 40 d. A.):
"hiermit teile ich Ihnen meine Elternzeit wie folgt mit. Ich werde meine Elternzeit (Mutterschutz) 2 Jahre in Anspruch nehmen!
Bitte veranlassen Sie alles Notwendige!"
Die Klägerin wurde im Rahmen ihres Antrages auf Elterngeld vom Hessischen Amt für Versorgung und Soziales aufgefordert, Bescheinigungen des Arbeitgebers über Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld oder entsprechende Gehaltsbescheinigungen und Kopien von Gehaltsnachweisen vorzulegen.
Gemäß Teilbescheid des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales Frankfurt bezieht die Klägerin seit 26. Juni 2013 Elterngeld.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin gegenüber mit Schreiben vom 15. Nov. 2013 zum 15. Dez. 2013, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.
Die Klägerin hat mit ihrer am 5. Dez. 2013 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main per Telefax eingereichten Kündigungsschutzklage behauptet, sie habe dem Beklagten nicht nur per Telefax vom 10. Juni 2013, sondern durch das Originalschreiben, das sie unterschrieben habe, auch auf dem Postweg angezeigt, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehme. Sie hat hierzu zuletzt behauptet, ihr Ehemann hätte das Schreiben in den Postbriefkasten eingeworfen. Ihr Prozessbevollmächtigter hätte dem Beklagten mit Schreiben vom 17. Juni 2013 (Bl. 15 ff. d. A.) ein Formular zwecks Antrags auf Elterngeld übersandt. Sie ist der Ansicht gewesen, das Telefax vom 10. Juni 2013 stelle eine schriftliche Anzeige der Elternzeit im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG dar. Ihre Tochter werde von ihr und ihrem Ehemann im Haushalt betreut.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 15. Nov. 2013 weder zum 15. Dez. 2013 noch zu einem späteren Zeitpunkt aufgelöst worden ist;
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 15. Dez. 2013 hinaus fortbesteht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht gewesen, die Kündigung vom 15. Nov. 2013 sei rechtswirksam, da die Klägerin ihre Elternzeit nicht schriftlich im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG angezeigt habe. Aus dem Telefax vom 10. Juni 2013 ergebe sich eine solche Geltendmachung nicht in gesetzlicher Form. Es handele sich auf dem Telefax auch nicht um die Unterschrift der Klägerin, sondern um die ihres Ehemannes.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat der K...