Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutzklage/Klagefrist

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gem. Art. 56 Abs. 8 Satz 2 Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut – ZA-NTS – sind auch Kündigungsschutzklagen von Arbeitnehmern aus einem Arbeitsverhältnis mit einer Dienststelle der Stationierungsstreitkräfte gegen die Republik Deutschland zu richten. Die gegen den Entsendestaat oder eine seiner Dienststellen, Institutionen oder Bediensteten gerichtete Kündigungsschutzklage wahrt nicht die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG.

2. Das Arbeitsgericht ist nicht befugt, eine Klage mit einem solchem Passivrubrum an einen Dritten. z.B. eine Dienststelle der Bundesrepublik Deutschland, zuzustellen; es hat vielmehr gem. § 139 Abs. 2 ZPO bei dem Kläger unverzüglich auf eine Änderung der Beklagtenbezeichnung hinzuwirken, damit möglichst die Klagefrist noch gewahrt werden kann.

3. Die Änderung der Bezeichnung der beklagten Partei von einem Entsendestaat oder einer seiner Dienststellen, Institutionen oder Bediensteten in der Bundesrepublik Deutschland ist keine bloße Berichtigung des Passivrubrums, sondern ein gewillkürter Parteiwechsel, der nach Ablauf der Klagefrist diese nicht mehr wahrt.

 

Normenkette

KSchG §§ 1, 4 S. 1; ZPO §§ 263-264; ZA-NTS Art. 56 Abs. 8 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 17.02.1988; Aktenzeichen 3 Ca 6558/88)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.07.1989; Aktenzeichen 2 AZR 571/88)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 17. Februar 1988 – 3 Ca 6558/87 – wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der am 20. März 1963 geborene Kläger ist verheiratet, seine Ehefrau lebt in der T. Er war seit dem 15. Januar 1982 als Küchenhelfer für schwere Arbeiten im R. M. C. W. der Luftwaffe der Vereinigten Staaten von Amerika beschäftigt (Teil den Arbeitsvertrages ohne Datum Bl. 3 d.A.). Die monatliche Vergütung des Klägers betrug zuletzt 2.420,– DM brutto. Nach einer schriftlichen Abmahnung vom 4. August 1987 (Bl. 70–71 d.A.) kündigte die Dienststelle des Klägers das Arbeitsverhältnis mit ihm nach einem vergeblichen Versuch wenige Tage zuvor in seiner Wohnung, das Arbeitsverhältnis bei einem Gespräch einvernehmlich zu beenden, nach Anhörung der Betriebsvertretung (Bl. 68 und 69 d.A.) wegen verschiedener Vorfälle am 3. und 12. Oktober 1987 mit Schreiben vom 4. November 1987 ordentlich zum 6. Dezember 1987 (Bl. 66, 67 und Hülle Bl. 27 d.A.). Die den Abmahnungen und dem Kündigungsschreiben zugrundeliegenden Behauptungen der Beklagten über Vertragsverletzungen des Klägers sind im wesentlichen streitig. Mit Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 10. November 1987, bei dem Arbeitsgericht Wiesbaden eingegangen am 20. November 1987, hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben gegen … U. (Bl. 1 d.A.).

Am 24. November 1987 wies die Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts auf Verfügung des Vorsitzenden den Klägervertreter telefonisch darauf hin, daß die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, endvertreten durch die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main, gerichtet werden müsse. Dies tat der Kläger mit Schriftsatz vom 26. November 1987, bei dem Arbeitsgericht Wiesbaden an demselben Tag eingegangen, und bezeichnete als Beklagten nunmehr… die B.

Von den Arbeitsgericht wurden die Schriftsätze vom 10. und 26. November 1987 den Präsidenten der O. F. am 4. Dezember 1987 (Bl. 9 d.A.) zugestellt.

Der Kläger hat die Kündigung für sozial ungerechtfertigt gehalten. Er hat gemeint, wegen der Beschäftigungsdauer von mehr als 5 Jahren sei die Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende nicht eingehalten und hat behauptet, die Kündigung sei ihm am 5. November 1987 zugegangen.

Er hat beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 4. November 1987, zugegangen am 5. November 1987, nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Kündigung sei bereits am 4. November 1987 durch Boten dem Kläger in seiner Wohnung zugestellt worden.

Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat Beweis erhoben über diese Behauptung der Beklagten durch Vernehmung des Zeugen E., gegenbeweislich – des Zeugen C. Y., des Bruders des Klägers. Zu Gegenstand und Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Vernehmungsniederschrift Bl. 20–23 d.A. Bezug genommen.

Mit dem Kläger am 3. März 1988 zugestelltem Urteil von 17. Februar 1988 – 3 Ca 6558/87 (Bl. 30–37 d.A.) – hat das Arbeitsgericht Wiesbaden die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 30. März 1988 Berufung eingelegt und zugleich begründet.

Der Kläger rügt die von dem Arbeitsgericht Wiesbaden vorgenommene Beweiswürdigung und hält das Kündigungsschreiben nicht am 4. November 1987 für zugegangen, weil nicht davon auszugehen sei, daß er noch am 4. November 1987 die Möglichkeit gehabt habe, von dem Kündigungsschreiben Kenntnis zu erlangen. Er habe nicht damit rechnen müssen, daß die Bo...

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