Verfahrensgang

AG Gießen (Urteil vom 24.03.1988; Aktenzeichen 2 Ca 303/87)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Gießen vom24. März 1988 – 2 Ca 303/87 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der am 17. Oktober 1955 geborene Kläger ist amerikanischer Staatsangehöriger, geschieden und vier minderjährigen Kindern unterhaltspflichtig. Seit dem 28. Juni 1976 war er bei dem „A. …” – A. – der Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland im Depot Gießen, in dem regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer tätig sind, beschäftigt, zunächst bis 15. Februar 1980 als Gabelstapler-, dann bis 28. Februar 1981 als Rangier- und seit 1. März 1981 als Fernfahrer. Die monatliche Vergütung betrug zuletzt insgesamt rund DM 3.300,– brutto im Monat. Der Kläger verursachte als Fernfahrer eine Reihe von Unfällen. Die Streitkräfte erteilten ihm wegen vierer von ihm verursachter Unfälle am 26. April 1982, 29. Juli 1982, 19. März 1983 und 28. Oktober 1983 am 6. Dezember 1983 je eine schriftliche Abmahnung (Bl. 5 d.A.). Im Februar 1985 wurde ihm eine Anerkennung für 100.000 Meilen unfallfreien Fahrens (Bl. 6 d.A.) nebst einer Prämie von § 100 ausgehändigt. Diese Zahl ergab sich auf der Grundlage der gefahrenen Meilen bei Abzug von Meilen für die Unfälle vom 26. April 1982 und 28. Oktober 1983 (Aufstellung Bl. 39 und 40 d.A.). Der Kläger war an einem weiteren Unfall vom 10. September 1985 beteiligt, der zu einem Schaden an dem von ihm gefahrenen Sattelzug von § 6.068,02 führte nebst DM 3.435,39 Abschleppkosten (Aufstellung der Reparaturkosten Bl. 26–35 d.A., Abschlepprechnung Bl. 36 d.A.). Wegen dieses Unfalls kam es zu einem Bußgeldverfahren (Bußgeldakte 43.538386.6 des Regierungspräsidenten in Kassel, Hülle Bl. 60 d.A.), in dem der Regierungspräsident am 4. Mai 1985 einen unanfechtbar gewordenen Bußgeldbescheid über DM 80,– wegen „Außerachtlassung der nötigen Sorgfalt” gemäß §§ 1, 49 StVO gegen den Kläger erließ (Bl. 42 der Bußgeldakte). Wegen dieses Unfalls mahnten ihn die Streitkräfte am 21. Januar 1986 erneut schriftlich ab (Bl. 37 d.A. in Englisch, Bl. 48 d.A. in Deutsch) und hielten trotz der Einwände des Klägers vom 26. Januar 1986 (Bl. 7 d.A. in Englisch, Bl. 43 d.A. in Deutsch) an der Abmahnung fest. Am 28. Juni 1986 bekam er ein „Service Award Certificate” in Anerkennung 10-jähriger, aufopferungsvoller und treuer Dienste (Bl. 8 d.A.). Wegen eines weiteren Unfalls am 3. April 1987 mit einem Fremdschaden von DM 1.214,55 (Bl. 123–129 d.A.), bei dem er mit seinem Fahrzeug beim Anfahren auf einem Autobahnparkplatz zurückgerollt und gegen ein hinter ihm geparktes Fahrzeug gestoßen war, verhängte die Zentrale Bußgeldstelle im Bayrischen Polizeiverwaltungsamt einen weiteren unanfechtbaren Bußgeldbescheid über DM 80,– gemäß §§ 9 und 1 StVO … (Az.: 6372-1301-7/5, Hülle Bl. 51 d.A.; Bericht des Klägers Bl. 132–136 d.A.) gegen ihn. Die Dienststelle suspendierte ihn auf Empfehlung des „Driver Review Advisory Board” vom 9. April 1987 am 20. April 1987 bis zum Abschluß der polizeilichen Ermittlungen von der Tätigkeit als Fernfahrer (Bl. 141 d.A.). Nachdem der Bericht der deutschen und der amerikanischen Militärpolizei dem „Board” vorlag, entzog ihm am 22. Mai 1987 auf dessen Empfehlung (Bl. 139 d.A.) der Kommandeur der Dienststelle nach der amerikanischen Vorschrift ESM 50-1 (Bl. 137 d.A.) den AAFES-Führerschein. Der Kläger hatte keine höhere Unfallquote als andere Fernfahrer der AAFES. Nachdem der Kläger am 7. Juli 1987 eine Stelle als Wagenwäscher mit einer monatlich rund DM 1.000,– brutto niedrigeren Vergütung mit streitig gebliebener Begründung abgelehnt hatte (Vermerk Bl. 138 d.A.), leitete der Personal- und Verwaltungsleiter der Gießener Dienststelle der Betriebsvertretung am 14. Juli 1987 den Entwurf eines Schreibens, das eine ordentliche Kündigung zum 31. August 1987 enthielt, zu, die diese ihm am 16. Juli 1987 mit dem Zusatz „keine Einwände”, unterschrieben von dem Vorsitzenden der Betriebsvertretung, einem Angestellten (Bl. 23 und 122 d.A.), zurücksandte. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 18. Juli 1987 zu. Unter dem 6. August 1987, bei dem Arbeitsgericht Gießen eingegangen an demselben Tag, reichte der Kläger durch seine ursprünglichen Prozeßbevollmächtigten eine Kündigungsschutzklage gegen

D. O. A. A. F. E., A. A. F. E. S. – vertr. d. d. Personal- und Verwaltungsleiter R. G. – Depot, G. S., G.

ein (Bl. 1 d.A.), die dem Präsidenten der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main am 12. August 1987 zugestellt wurde. Am 13. August 1987 meldeten sich als neue Prozeßbevollmächtigte des Klägers Rechtssekretäre des Deutschen Gewerkschaftsbundes und teilten „der Ordnung halber” und „zur Klarstellung” mit, daß die Klage gegen

„die B., vertr. d. d. O. f. A. F.

gerichtet werde (Bl. 11 d.A.). Der Schriftsatz wurde dem Präsidenten der Oberfinanzdirektion am 17. August 1987 zugestellt.

Der Kläger hat die Künd...

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