keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenz. Polen. Passivlegitimation
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, welche Auswirkungen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Polen über das Vermögen eines polnischen Unternehmens auf die Passivlegitimation dieses Unternehmens hat, das in Deutschland eine Niederlassung unterhält, mit polnischen Arbeitnehmern Bauleistungen in Deutschland erbringt und von der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft auf Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen in Anspruch genommen wird.
Normenkette
AEntG 1; EGInsO a.F. § 102; VO d. Präsidenten der Republik Polen v. 24.10.1934 20; VO d. Präsidenten der Republik Polen v. 24.10.1934 24
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 20.02.2001; Aktenzeichen 8 Ca 1615/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 20. Februar 2001 – 8 Ca 1615/00 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtet ist, für ihre in Deutschland im Zeitraum von Januar bis September 2000 mit Zustimmung ihres polnischen Konkursverwalters beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer am tarifvertraglichen Urlaubskassenverfahren des Baugewerbes teilzunehmen.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Nach § 8 Ziff. 15.1 des für allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV/Bau) vom 3. Februar 1981 in der für 2000 geltenden Fassung, haben die baugewerblichen Arbeitgeber, die dazu erforderlichen Mittel durch Beiträge aufzubringen. Auf diese Beiträge hat der Beklagte einen unmittelbaren Anspruch. Die Höhe der Beiträge, der Beitragseinzug sowie die Leistungen des Beklagten sind in einem ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Verfahrenstarifvertrag (VTV) geregelt.
Die Beklagte ist eine Gesellschaft polnischen Rechts mit Sitz in Xxxxxx (Polen). In Xxxxxxxxx unterhielt sie seit 12. Februar 1993 eine ins Handelsregister beim Amtsgericht Xxxxxxxx eingetragene Zweigniederlassung (Bl. 163/164 d.A.). Mit Beschluss des Bezirksgerichts für Xxxxxxx-Xxxxxxxxxx vom 16. Juli 1999 (Übersetzung Bl. 161 d.A.) wurde über das Vermögen der Beklagten das Konkursverfahren eröffnet. Mit Zustimmung ihres Konkursverwalters erbrachte die Beklagte im Kalenderjahr 2000 aufgrund verschiedenen Werkverträge mit deutschen Unternehmen auf Baustellen in Deutschland verschiedene bauliche Leistungen. Am 14. Juli 2000 wurde die Tatsache der Konkurseröffnung ins Handelsregister beim Amtsgericht Xxxxxxx eingetragen.
Mit seiner, der Beklagten am 07. Juli 2000 unter der Anschrift ihrer Zweigniederlassung in Deutschland zugestellten Klage hat der Kläger die Ansicht vertreten, die Beklagte sei zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für ihre in Deutschland im Zeitraum Januar bis September 2000 beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer verpflichtet. Nachdem der Kläger insoweit zunächst auf der Grundlage der von der Beklagten im Laufe des Rechtsstreits für den Zeitraum Januar bis Mai 2000 mitgeteilten Bruttolöhne DM 246.612,89 und des weiteren für den Zeitraum Januar bis September 2000 Mindestbeiträge auf der Grundlage der sich aus den § 3 AEntG-Meldungen der Beklagten errechnenden Bruttolöhnen in Höhe von weiteren DM 331.511,75 verlangt hatte, hat er zuletzt, nach Meldung sämtlicher Bruttolöhne durch die Beklagte, vorgetragen, die Höhe der Beitragsforderung betrage DM 443.731,39, im übrigen werde die Hauptsache für erledigt erklärt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 443.731,39 zu zahlen und im übrigen die Hauptsache für erledigt zu erklären
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei aus Rechtsgründen nicht zur Teilnahme am Urlaubskassenverfahren verpflichtet.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 20. Februar 2001 hinsichtlich der begehrten Zahlung stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 92 bis 96 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 29. April 2003 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Sie meint unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages, die in Rede stehenden tariflichen Regelungen könnten wegen des deutsch-polnischen Werkvertragsabkommens und wegen Fehlens der Voraussetzung für eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Bautarifverträge auf sie keine Anwendung finden. Im übrigen seien etwaige Urlaubskassenverbindlichkeiten vom polnischen Konkursverwalter begründet worden. Der Konkurs habe sich nicht nur auf das poln...