Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Verfügung. Umsetzung
Leitsatz (amtlich)
Streiten die Parteien im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahren um einen Beschäftigungsanspruch des Verfügungsklägers und wurde diesem zuvor eine Versetzung ausgesprochen, so ist der für den Erlass einer Befriedigungsverfügung erforderliche Eilgrund dann gegeben, wenn der Verfügungskläger hierfür überwiegende schutzwürdige Interessen, wie z. B. den unwiederbringlichen Verlust von Spezialkenntnissen oder einen Reputationsschaden, geltend machen kann und die Versetzung nicht offensichtlich unwirksam ist.
Normenkette
ZPO §§ 935, 940; BGB §§ 611, 242; GG Art. 1, 2 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.03.2010; Aktenzeichen 17 Ga 42/10) |
Tenor
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 10. März 2010 – 17 Ga 42/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens um die Rechtmäßigkeit einer Umsetzung.
Die am A geborene Verfügungsklägerin ist verheiratet und einem Kind gegenüber unterhaltspflichtig. Die Verfügungsbeklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die die Aufgabe der Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung hat. Sie unterhält zurzeit eine Landesstelle in B sowie sechs Bezirksstelle und eine Abrechnungsstelle in Hessen. Ein Personalrat ist gebildet.
Auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 31. August 1994 ist die Verfügungsklägerin bei der Verfügungsbeklagten seit 01. März 1994 tätig. Gemäß dem Arbeitsvertrag war sie als Sachbearbeiterin in der Abteilung Prüfwesen eingestellt. Die Eingruppierung erfolgte in die Vergütungsgruppe VI b BAT. Der Arbeitsvertrag enthielt des Weiteren einen Verweis auf den Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und auf die den BAT ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Vorschriften. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrags wird ergänzend Bezug genommen auf Bl. 10 bis 12 d.A. Zuletzt erfolgte die Vergütung nach der Vergütungsgruppe BAT V b. Das Bruttoentgelt betrug 3.200 EUR.
Die Verfügungsklägerin war in der Landesstelle B damit befasst, die Sitzungen des Widerspruchsausschuss vorzubereiten. Sie hatte auch zur Aufgabe, eine Empfehlung für die Sitzung vorzubereiten, und fertigte danach nach Weisung des Ausschusses den Widerspruchsbescheid, der sodann dem Ausschussvorsitzenden zur Unterschrift vorgelegt wurde.
Die Verfügungsbeklagte traf die unternehmerische Entscheidung einer umfassenden Restrukturierung. Insbesondere sollte die Abrechnungsprüfung, die bislang in allen Bezirksstellen durchgeführt wurde, in B zentralisiert werden. Die Bezirksstellen C und D sowie die Abrechnungsstelle in E sollten geschlossen werden. Mit dem Gesamtpersonalrat vereinbarte sie am 13.10.2009 ein Umstrukturierungskonzept. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Konzepts wird verwiesen auf Bl. 139 bis 144 d.A.
In der Zeit vom 19. März 2009 bis 07. Januar 2010 befand sich die Verfügungsklägerin in Elternzeit.
Nach Wiederkehr aus der Elternzeit beantragt die Verfügungsklägerin am 19. Januar 2010 Urlaub in der Zeit vom 24. Februar bis 09. April 2010. Der Urlaubsantrag wurde am 18. Februar 2010 abschlägig beschieden. Danach war sie arbeitsunfähig erkrankt.
Bereits mit Schreiben vom 11. Februar 2010 (Bl. 14 d.A.), zugegangen am 13. Februar 2010, teilte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin Folgendes mit:
„Wie Ihnen bereits bekannt ist, wird die F derzeit umstrukturiert. Mit dem Gesamtpersonalrat wurde ein Umstrukturierungskonzept vereinbart, das im Intranet G einsehbar ist. Ihr Arbeitsplatz ist auch von der Umstrukturierung betroffen.
Wir setzen Sie mit Wirkung ab dem 13.02.2010 innerhalb der Dienststelle B gemäß § 3 Abs. 2 lit. a) Sätze 1 und 3 des Umstrukturierungskonzeptes um. Sie werden zukünftig im Bereich Qualitätssicherung II als Sachbearbeiterin tätig sein. Ihre bisherige Vergütungsgruppe bleibt unverändert.”
Die Verfügungsklägerin nahm auf dem neuen Arbeitsplatz ihren Dienst nicht auf, weshalb die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 23. Februar 2010 eine Abmahnung erteilte (Bl. 16 und 17 d.A.).
Mit weiterem Schreiben vom 11. Mai 2010 wurde sie aufgefordert, nach Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit sich bei ihrer Vorgesetzten, Frau H, zu melden. Ihr wurde ferner mitgeteilt, dass sich ihr zukünftiger Arbeitsplatz im Zimmer 13.01 im 13. Stock in der I in B befindet (Bl. 282 d.A.).
Mit Ihrem bei dem Arbeitsgericht am 02. März 2010 eingegangenen Antrag begehrt die Verfügungsklägerin die Weiterbeschäftigung in dem Bereich „Vorbereitung der Sitzung des Beschwerdeausschusses”.
Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, dass die vorgenommene „Umsetzung” in die Abteilung Qualitätssicherung nicht vom Direktionsrecht der Arbeitgeberin gedeckt sei. Es handele sich nicht um eine gleichwertige, sondern um eine geringerwertige Tätigkeit. Ihre Umsetzung sei auch ermessensfehlerhaft und willkürlich....