keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
außerordentliche, betriebsbedingte Kündigung. Betriebsschließung. sinnentleertes Arbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Das nach der Arbeitsvertragsordnung einer Diözese, deren Geltung für das Arbeitsverhältnis arbeitsvertraglich vereinbart ist, ordentlich unkündbare Arbeitsverhältnis einer Kindergartenleiterin eines kirchlichen Kindergartens kann mit der längsten ordentlichen Frist außerordentlich gekündigt werden, wenn wegen Schließung des Kindergartens keine Beschäftigungsmöglichkeit besteht und bis zum Eintritt des Rentenalters Gehalt gezahlt werden müsste (hier: fast 20 Jahre)
Normenkette
BGB § 626; BGB 242; AVO § 13 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Wetzlar (Urteil vom 30.05.2006; Aktenzeichen 3 Ca 299/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wetzlar vom 30. Mai 2006 – 3 Ca 299/04 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte.
Die Klägerin war aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18. August 1981 (AV, Bl. 11 u. 12 d.A.) seit dem 01. September 1981 in dem von der Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, in A betriebenen Kindergarten B als Erzieherin und dessen Leiterin tätig. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin betrug seit dem 01. Januar 1997 84,5 v.H. der regelmäßigen Arbeitszeit vollbeschäftigter Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter von 38,5 Stunden in der Woche, mithin 32,5 Stunden in der Woche (Zusatzvereinbarung vom 20. Dezember 1996, Bl. 13 d.A.). Außer der Klägerin waren im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bei der Beklagten und am 31. Dezember 2003 seit mehr als 6 Monaten als Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer mit folgendem Umfang u.a beschäftigt: Die Erzieherinnen C, D und E mit je 55,844 v.H. der regelmäßigen Arbeitszeit entsprechend 21,5 Stunden in der Woche; die Sekretärin F (9,625 Stunden/Woche), die Küsterin G (26 Stunden/ Monate), die Reinigungskraft H (3 Stunden/Monat) und der Hausmeister I (16 Stunden/Woche oder Monat). Wie in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist, ist bei der Beklagten keine Mitarbeitervertretung gewählt. Die vertragliche Vergütung betrug zuletzt rund EUR 2.600,00 brutto/Monat. Die Klägerin ist am 14. August 1959 geboren und verheiratet. Der Arbeitsvertrag lautet, soweit hier von Bedeutung, wie folgt:
„§ 5
Das Arbeitsverhältnis regelt sich nach der Arbeitsvertragsordnung der Diözese L in ihrer jeweils gültigen Fassung. Die Arbeitsvertragsordnung ist wesentlicher Bestandteil dieses Vertrages. …” (Bl. 11 d.A.)
§ 13 Arbeitsvertragsordnung (AVO), ab dem 01. Juli 2005 § 36 AVO, hatte auszugsweise folgenden Wortlaut:
„… (2) Die Kündigungsfrist beträgt bei einer Beschäftigungszeit … nach mehr als 12 Jahren – 6 Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres
…
Bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 15 Jahren ist das Arbeitsverhältnis unkündbar, es sei denn, dass ein wichtiger Grund zur Kündigung vorliegt.”
Zum Betrieb des Kindergartens zahlte die politische Gemeinde J in der Vergangenheit einen Zuschuss. Mit Schreiben vom 29. Juli 2004 teilte sie der Beklagten mit, dass die Zahlung des Zuschusses mit dem 31. Juli 2004 endgültig eingestellt werden würde (Bl. 38 d.A.); der entsprechende Beschluss war von der Gemeindevertretung am 29. April 2004 gefasst worden. Das Bischöfliche Ordinariat des K schrieb der Beklagten unter dem 02. Juni 2004, dass es bis zum Ende des Kindergartenjahres 2004/2005 einen erhöhten Zuschuss zu den Betriebskosten zahlen würde (Bl. 39 d.A.). Der Verwaltungsrat der Beklagten als deren gesetzliches Vertretungsorgan beschloss am 13. Oktober 2004, den Kindergarten zum Ende des Kindergartenjahres 2004/2005 mit dem 31. Juli 2005 zu schließen (Bl. 138 d.A.). Die auflösende Bedingung einer Einigung mit der politischen Gemeinde über die weitere Finanzierung bis zum 15. November 2004 trat nicht ein. Die Schließung von Einrichtungen durch Kirchengemeinden im K bedarf gem. § 17 Abs. 1 lit. m Gesetz über die Verwaltung und Vertretung des Kirchenvermögens im K (KVVG, Bl. 48 d.A.) der schriftlichen Genehmigung des Bischöflichen Ordinariats. Die Beklagte kündigte daraufhin die Verträge mit den Eltern der betreuten Kinder schriftlich unter dem 29. November 2004 zum 31. Juli 2005 (Bl. 40 d.A.). Mit Schreiben vom 24. November 2004, der Klägerin zugegangen am 29. November 2004, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 30. September 2005 (Bl. 14 d.A.) ebenso wie die Arbeitsverhältnisse der anderen Erzieherinnen oder Erzieher des Kindergartens.
Die in der Diözese L gebildete Kommission zur Regelung des diözesanen Arbeitsrechts (Bistums-KODA) beschloss am 03. November 2004, dass in der Diözese in den Jahren 2005 und 2006 grundsätzlich keine betriebsbedingten Kündigungen erfolgen sollten und die Arbeitnehmer auf Urla...