Entscheidungsstichwort (Thema)
Internationale Zuständigkeit nach dem LugÜ. Verrechnung von Vergütungsforderungen mit im Ausland gezahlten "Vorschüssen" (Schweizer Konto). Unwirksamkeit von Ausschlussfristen in AGB. Wirksamkeit im Verhältnis Arbeitgeber/Arbeitnehmer. Wirksamkeit einer Kündigung des Arbeitgebers nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht. Internationale Zuständigkeit nach dem Lugano Übereinkommen. Anforderungen an die Erhebung des Erfüllungseinwands. Verrechnung von Vergütungsforderungen mit auf ein Schweizer Konto gezahlten "Vorschüssen". Ausschlussfristen in AGB
Leitsatz (redaktionell)
1. Erhebt eine Partei den Einwand der Erfüllung, dürfen an die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Partei keine überzogenen Anforderungen gestellt werden; liegen jedoch alle einer bezüglich der Erfüllung vorzutragenden Umstände und Tatsachen l allein in der Sphäre des Arbeitgebers, da er allein Einblick in die konkreten Geschehensabläufe, die zu der behaupteten Erfüllung der Forderungen des Finanzamts und der Sozialversicherungsträger geführt haben sollen hat, ist ein lediglich pauschaler Vortrag keinem Beweismittel zugänglich.
2. Sollen zuviel geleisteten Nettozahlungen als Vorauszahlungen mit den Nettolohnzahlungen für die Arbeit verrechnet werden, setzt dies eine dahingehende Vereinbarung der Parteien voraus.
3. Sind Ansprüche nach den Ausschlussfristen verfallen, so kann mit ihnen auch nicht mehr die Aufrechnung erklärt werden.
Normenkette
BGB § 362 Abs. 1, § 611 Abs. 1; Lugano Übereinkommen (Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) Art. 18 Abs. 1; ZPO § 38 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 09.12.2010; Aktenzeichen 11 Ca 2091/10) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts D vom 9. Dezember 2010 - 11 Ca 2091/10 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug noch um die Vergütung für Oktober 2009 bis Dezember 2009, Differenzspesen für Januar 2009 bis Dezember 2009 sowie im Wege der Widerklage um Rückzahlungsansprüche.
Der Kläger war vom 16. Januar 2009 bis 15. Dezember 2009 bei der Beklagten als Montagearbeiter zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von € 1.900,00 tätig. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Aktiengesellschaft A erischen Rechts, welche ausweislich des Handelsregisterauszuges in D vom 11. Februar 2009 bis zum 25. Februar 2010 eine Zweigniederlassung hatte. Ihr Hauptzweck bestand in der Vermittlung von Dienstleistungen an Bauprojekten, wobei sie selbst als Auftraggeberin auftrat. Im Januar 2009 arbeitete der Kläger für 70 Stunden für die Zentrale in der A, im Übrigen in B . Er verfügte bei der C, der Finanzsparte der A Post, über ein Postscheckkonto, welches in Euro geführt wurde und auf das die Beklagte Überweisungen tätigte.
In dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Januar 2009, wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 5 ff. d. A. verwiesen wird, ist ua. Folgendes geregelt:
"...
5. Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
5.1 Die Kündigung kann von beiden Vertragspartnern zu den gesetzlich festgelegten Fristen erfolgen, kündigungsberechtigt für den AG sind die Geschäftsführung sowie die Mitarbeiter der Personalabteilung.
...
6. Vergütung und Zahlung
...
6.2 Die monatliche Entlohnung erfolgt auf der Basis eines
Leistungsgrundlohnes in Höhe von 1.900,00 €
zzgl. ggf. gesondert schriftlich vereinbarter projektbezogenen Akkordaufschläge.
...
6.4 Für die Entlohnung bei Einsätzen außerhalb B s wird der jeweilige Mindestlohn gezahlt.
6.5 Die Zahlung der Vergütung erfolgt monatlich nachträglich bis spätestens zum 15ten eines jeden Folgemonats durch Überweisung auf eines vom AN zu benennenden Kontos per Scheck.
...
8. Auslösung und Spesen:
8.1. Der AN hat bei Montageeinsätzen mit einer Entfernung von mehr als 30 km vom Wohnort Anspruch auf Auslösungszahlungen.
8.2 Diese beträgt steuerfrei zurzeit pauschal für Verpflegungsmehraufwand 24,00 EUR pro Arbeitstag und 20,00 EUR pro Übernachtung.
8.3 Bei Arbeitszeiten unter 6,5 Stunden wird das Verpflegungsgeld um 12,00 € gekürzt und beträgt 12,00 €. Sollte die Arbeitszeit über 6,5 Stunden liegen beträgt der reguläre Satz 24,00 € Verpflegungsgeld.
8.4 Spesen werden jeweils als Vorauszahlung in Höhe von 400,00 € jeweils am 1ten und 15ten eines Monats gezahlt. Die Endabrechnung erfolgt dann mit der nächsten regulären Lohnabrechnung im Folgemonat.
...
9. Arbeitszeit:
9.1. Die Arbeitszeit, wöchentlich von Montag bis Freitag, beträgt 175 Stunden pro Monat. Dieses entspricht einer täglichen Arbeitszeit von 8,75 Stunden welche durch den Leistungsgrundlohn ausgeglichen werden.
...
11. Urlaubsregelung:
11.1 Der Urlaubsanspruch des AN beträgt 24 Arbeitstage im Kalenderjahr, anteilig je Beschäftigungsmonat ein Zwölftel.
...
11.4 Die Gewährung von Urlaubstagen liegt grundsätzlich im Ermessen des AG und hat sich nach den betrieblichen Erfordernisse zu richten....