Leitsatz (amtlich)

1. Derjenige, der sich auf den Ablauf einer tarifvertraglichen Ausschlußfrist beruft, hat alle Tatsachen zu beweisen, von denen die Anwendbarkeit der Ausschlußklausel abhängt,

2. zur für das Berufungsgericht verbindlichen Zurückweisung eines verspäteten Beweisantritts erster Instanz.

 

Normenkette

ArbGG § 67 Abs. 1 S. 3; ZPO § 528 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Wetzlar (Urteil vom 22.05.1984; Aktenzeichen 1 Ca 26/84)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wetzlar vom 22.05.1984 – 1 Ca 26/84 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Rechtsmittel der Revision wird nicht

 

Tatbestand

Der Kläger war in der Zeit vom 15.4.1982 bis zum 30.9.1983 bei der Beklagten als Abteilungsleiter beschäftigt. Zuletzt war er seit Sommer 1982 in dem Verkaufshaus der Beklagten in N. I. tätig. Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 7.4.1982 (s. Bl. 7, 8 d.A.) richteten sich die Arbeitsbedingungen ergänzend nach dem Manteltarifvertrag für den hessischen Einzelhandel in seiner jeweils geltenden Fassung. Mit seiner bei dem Arbeitsgericht am 11.1.1984 eingegangenen Klage verlangt der Kläger für die Zeit vom Februar bis September 1983 restlichen Arbeitsverdienst in Höhe von insgesamt 6.838,45 DM brutto, dessen Berechnung sich aus Bl. 5 d.A. ergibt. Für die Zeit ab 1.1.1983 haben die Parteien mit Rücksicht auf § 5 Abs. 6 des Manteltarifvertrages folgende Abrede getroffen:

„…. Da das neue Fixum ab 1.1.1983 höher ist als das bis dahin gezahlte (DM 700,– bei Vollzeitkräften, DM 450,– bei Teilzeitkräften) und die VB nicht verändert wurde, ist die Jeweils pro Person entstehende Differenz zwischen neuem und altem Fixum nach der Addition von Fixum, VB und Prämien wieder in Abzug zu bringen. Dadurch ergibt sich in jedem Fall die gleiche Ausgangsbasis wie nach dem alten bewährten, bis 31.12.1982 gültigen Entlohnungssystem.

Dieser Differenzbetrag wird maximal soweit in Abzug gebracht, wie dadurch der Tarifanspruch nicht unterschritten wird. Dieser Tarifanspruch gilt in jedem Fall als Garantieeinkommen….”

Der Kläger hat vorgetragen, er habe wiederholt vergebens versucht, bei der Beklagten eine Begründung für die monatlich erfolgten Abzüge von seinem Gesamtverdienst zu erlangen. Auf den Ablauf der im § 16 des Manteltarifvertrages vorgesehenen Ausschlußfrist könne sich die Beklagte nicht berufen, weil der Tarifvertrag entgegen seinem § 16 Nr. 3 Satz 2 weder an den Kläger ausgehändigt noch an seiner Arbeitsstelle ausgehängt oder ausgelegt worden sei. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf Bl. 1–15 d.A. Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.838,45 DM brutto nebst 14 % Zinsen

aus DM 678,25 seit dem 28.2.1983,

DM 610,78 seit dem 30.4.1983,

DM 1.651,57 seit dem 30.5.1983,

DM 1.213,94 seit dem 30.6.1983,

DM 801,36 seit dem 30.7.1983,

DM 1.401,18 seit dem 30.8.1983,

DM 481,37 seit dem 30.9.1983

zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die vom Kläger beanstandeten Abzüge seien zurecht erfolgt. Hierbei habe sie sich auf die zur Ausführung des § 5 Abs. 6 des Manteltarifvertrages abgeschlossene Betriebsvereinbarung und die entsprechend dazu getroffene einzelvertragliche Abrede gestützt. (s. Bl. 21 d.A.). Abgesehen davon sei der Kläger mit seinem Anspruch durch § 16 des Manteltarifvertrages ausgeschlossen. Der Manteltarifvertrag habe in der Verkaufsstelle N. I. ausgehangen. Zusätzlich habe man ihn mit Rücksicht auf vorgekommene Diebstähle für alle Mitarbeiter einsehbar am Empfang/Kasse ausgelegt. Weitere Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten ergeben sich aus Bl. 16–18, 20–22 d.A.

Zur Frage der Einsehbarkeit des Manteltarifvertrages hat das Arbeitsgericht durch Vernehmung des Zeugen K. Beweis erhoben (s. Bl. 24 d.A.). Nach Beendigung der Beweisaufnahme hat sich der Kläger erstmals am 22.5.1984 zum Beweis der Behauptung, der Manteltarifvertrag sei weder ausgelegt noch ausgehängt worden, auf die aus Bl. 25 d.A. ersichtlichen Zeugen berufen. Das gegenteilige Beweisangebot der Beklagten war in der Klageerwiderung vom 31.1.1984 enthalten (s. Bl. 16 d.A.) und ist in der Güte Verhandlung vom 13.2.1984 (s. S. 18 d.A.), sowie im Schriftsatz vom 10. 5.1984 (s. S. 20 d.A.) wiederholt worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Den Beweisantritt des Klägers vom 22.5.1984 hat es zurückgewiesen. Wegen des Inhaltes des Urteiles im übrigen wird auf Bl. 28–32 d.A. Bezug genommen.

Gegen das ihm am 14.6.1984 zugestellte Urteil (s. Bl. 34 d.A.) richtet sich die am 25.6.1984 eingelegte und begründete Berufung des Klägers. (s. Bl. 37–40 d.A.). Er ist der Ansicht, daß es Sache der Beklagten gewesen wäre, den Nachweis dafür zu führen, daß der Manteltarifvertrag in den Verkaufshäusern H., M. -T. -Z. und O.: ausgehängt gewesen sei. Der Kläger habe am 22.5.1984 Zeugen „schlechthin” dafür benannt, daß ein Tarifvertrag weder ausgehängt worden sei noch irgendwo ausgelegen habe. Dieser Vortrag beziehe sich nebst Beweisantritt auf sämtliche Tätig...

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