Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung der Krankenzulage nach § 23 Abs 2 Buchst b MTV DFS auf Basis der Bruttovergütung. Tarifauslegung

 

Orientierungssatz

Die nach § 23 Abs 2 Buchst b des Manteltarifvertrags für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 19. November 2004 zu zahlende Krankenzulage ist auf der Basis der Bruttovergütung zu berechnen.

 

Normenkette

TVG § 1; SGB V TVG § 47 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Urteil vom 05.03.2008; Aktenzeichen 5 Ca 247/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.11.2010; Aktenzeichen 5 AZR 783/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 5. März 2008 – 5 Ca 247/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechnung einer tariflichen Zuschusszahlung im Anschluss an die Entgeltfortzahlung (Krankenzulage).

Die Beklagte ist ein Flugsicherungsunternehmen mit bundesweit mehr als 5.000 Arbeitnehmern. Sie nimmt die operativen Flugsicherungsaufgaben für den gesamten (zivilen) deutschen Luftraum wahr und unterhält Niederlassungen in allen größeren deutschen Verkehrsflughäfen. Zwischen den Parteien besteht ein Arbeitsverhältnis. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Firmentarifverträge der Beklagten Anwendung.

Die Klägerin war vom 04. November 2005 bis zum 30. April 2006 arbeitsunfähig erkrankt. Bis zum 15. Dezember 2005 erhielt die Klägerin Entgeltfortzahlung. Für die Zeit danach steht ihr nach § 23 Abs. 2 b Manteltarifvertrag für die bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vom 19. November 2004 (MTV) eine Krankenzulage zu.

§ 23 Abs. 2 MTV lautet:

„Nach mindestens zwei Jahren Beschäftigungszeit erhalten vom Beginn der 7. Woche an

  1. krankenversicherungspflichtige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Zuschuss zum Krankengeld. Der Zuschuss wird so berechnet, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Berücksichtigung des Krankengeldes 100% der durchschnittlichen Gesamtbruttovergütung der letzten 12 Monate erhalten. Einmal-, Sonderzahlungen und Prämien werden nicht berücksichtigt.
  2. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht krankenversicherungspflichtig sind und bei denen sich die … an den Aufwendungen für die private Krankenversicherung oder freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung beteiligt, eine Krankenzulage. Die Krankenzulage beträgt 100% der Gesamtbruttovergütung abzüglich des Krankengeldes, das sie bekommen würden, wenn sie pflichtversichert wären. Für die Berechnung gilt Absatz 2 a) entsprechend. Der Zuschuss zum Krankengeld und die Krankenzulage werden insoweit gewährt, als sie in Anbetracht der Leistungen der Sozialversicherungsträger (z. B. AOK, Ersatzkassen, BfA) nicht zu Doppelzahlungen führen.”

Die Gesamtbruttovergütung der Klägerin in den letzten 12 Monaten vor Beginn der Erkrankung betrug ohne Urlaubs- und Weihnachtsgeld EUR 60.771,74, dies ergibt einen monatlichen Verdienst von EUR 5.064,30 bzw. einen kalendertäglichen Verdienst von EUR 168,81. Das gesetzliche Krankengeld betrug 2005 EUR 82,25 kalendertäglich und 2006 EUR 83,13 kalendertäglich. Die private Krankenkasse der Klägerin zahlte ein Krankengeld von kalendertäglich EUR 76,69. Die Krankenzulage steht der Klägerin für 16 Kalendertage im Dezember 2005, 31 Kalendertage im Januar 2006, 28 Kalendertage im Februar 2006, 31 Kalendertage im März 2006 und 30 Kalendertage im April 2006 zu.

Die Beklagte zahlte eine Krankenzulage auf nachfolgender Berechnung:

Gesamtbruttovergütung (EUR 5.442,99 aus Oktober 2005)

abzüglich Lohnsteuer

abzüglich Solidaritätszuschlag

abzüglich RV-Betrag Arbeitnehmer

abzüglich AV-Betrag Arbeitnehmer

Zwischensumme: gesetzliche Nettovergütung EUR 3.671,70

abzüglich Anlage vermögenswirksame Leistungen

abzüglich Beitrag private KV

plus Arbeitgeberanteil private KV

abzüglich Beitrag private PV

plus Arbeitgeberanteil private PV

= persönliche Nettovergütung EUR 3.312,08

Ausgehend von EUR 3.312,08 persönlicher Nettovergütung der Klägerin errechnete die Beklagte ein kalendertägliches Nettoarbeitsentgelt von EUR 110,10 und zahlte auf dieser Basis abzüglich des der Klägerin gezahlten Krankengeldes der Krankenkasse EUR 33,71 Krankenzulage in Höhe von EUR 539,36 für Dezember 2005, in Höhe von EUR 1.045,01 für Januar 2006, in Höhe von EUR 943,88 für Februar 2006, in Höhe von EUR 1.045,01 für März 2006 und in Höhe von EUR 1.011,30 für April 2006. Diese Zahlungen der Beklagten sind insofern keine Nettozahlungen gewesen, als die Krankenzulage zwar sozialversicherungsfrei ist, aber versteuert werden muss; d. h. die Beklagte führte von diesen Beträgen Lohnsteuer ab.

Die Klägerin begehrte zuletzt eine Krankenzulage mit folgender Berechnung:

EUR 168,81 brutto kalendertäglicher Verdienst

abzüglich EUR 82,25 gesetzliches Krankengeld

× 16 Kalendertage für Dezember 2005

abzüglich geleisteter EUR 539,36

= EUR 845,60 brutto

EUR 168,81 brutto kalendertäglicher Verdienst

abzüglich EUR ...

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