keine Angaben zur Anfechtbarkeit

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. Insolvenz. Stilllegungsbeschluss

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist der Arbeitgeber endgültig entschlossen, den Betrieb stillzulegen, kann das eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen. Dieser Entschluss muss nicht durch eine nach Ort und Zeitpunkt zu fixierende oder förmlich dokumentierte Entscheidung nachgewiesen werden, sondern kann sich aus den Umständen ergeben, z.B. der Kündigung der gesamten Belegschaft.

2. Besteht die konkrete Alternative zur Fortführung des Betriebs durch einen Übernehmer und wird darüber noch ernsthaft verhandelt, kann das der Annahme eines endgültigen Entschlusses zur Betriebsstilllegung entgegenstehen.

3. Werden keine konkreten Verhandlungen über eine Betriebsveräußerung geführt, steht einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung nicht entgegen, dass noch Interessenten dafür vorhanden sind und gehofft wird, dass eine Übernahme stattfinden wird.

 

Normenkette

KSchG 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.10.2007; Aktenzeichen 16 Ca 8987/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 30. Oktober 2007 – 16 Ca 8987/06 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die ordentliche Kündigung der beklagten Insolvenzverwalterin ihr Arbeitsverhältnis beendet hat.

Der Kläger trat 1996 als Schlosser in die Dienste der Insolvenzschuldnerin, der A in Frankfurt am Main. Seine Vergütung betrug zuletzt EUR 3.000,00 brutto.

Die Insolvenzschuldnerin betrieb die Produktion und Montage von Fenstern und Türen mit zuletzt etwa 29 Arbeitnehmern.

Am 22. August 2006 hatte das Amtsgericht die Beklagte auf den Insolvenzantrag der Insolvenzschuldnerin zu deren vorläufigen Insolvenzverwalterin bestellt und damit beauftragt als Sachverständige zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt, ob die freie Vermögensmasse zu Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausreicht und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens bestehen.

In dem Gutachten vom 27. Oktober 2006 kommt die Beklagte zu einer negativen Fortführungsprognose und zu dem Ergebnis, dass der Betrieb nach erfolglosen Verkaufsverhandlungen mit Interessenten nach dem derzeitigen Erkenntnisstand zwar zunächst fortgeführt würde aber nur von einer Auslaufproduktion und Schließung des Betriebs auszugehen sei.

Die Beklagte wurde sodann mit Beschluss des Amtsgerichts vom 30. Oktober 2006 zur Insolvenzverwalterin der Insolvenzschuldnerin bestellt.

Die Beklagte hat sofort 8 Arbeitnehmern fristgerecht gekündigt und sie freigestellt, da sie zur Abarbeitung der vorhandenen Aufträge nicht mehr benötigt wurden und einem weiteren Mitarbeiter, der ebenfalls unwiderruflich freigestellt worden war, nach Zustimmung des Integrationsamts gekündigt. Die Anzeige einer Massenentlassung war zuvor am 26. Oktober 2006 erfolgt. Am 27.

Oktober 2006 zeigte die Beklagte die Entlassung der restlichen Arbeitnehmer der Agentur für Arbeit an. In einer Betriebsversammlung am 29. November 2006 teilte die Beklagte den Arbeitnehmern mit, dass eine Fortführung des Betriebs über den 31. Januar 2007 nicht möglich sei. Im Anschluss daran erhielten alle Arbeitnehmer die Kündigung.

In dem Kündigungsschreiben heißt es u.a.:

„Aufgrund der fehlenden Liquidität zur vollständigen Fortführung des Betriebes bin ich gezwungen, den Betrieb teilweise stillzulegen. …

Im Übrigen muss ich leider mitteilen, dass Masseunzulänglichkeit vorliegt. Dies wurde dem Gericht bereits angezeigt.”

Auch dem Kläger wurde mit Schreiben vom 28. November 2006 zum 28. Februar 2007 gekündigt.

Der Kläger hat die Kündigung als sozialwidrig angegriffen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 28. November 2006 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Kündigung als gerechtfertigt angesehen wegen des Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse, nämlich der Stilllegung des gesamten Betriebs zum 31. Januar 2007.

Im November 2006 habe sich herausgestellt, dass eine Betriebsfortführung durch einen Erwerber nicht zustande kommen werde. Im Kündigungsschreiben sei von einer „teilweisen Stilllegung” gesprochen worden, weil damals noch die Aussicht bestanden habe, dass ein Interessent die Montage weiterführen würde, was sich jedoch als undurchführbar herausgestellt habe. Die vorhandenen Aufträge hätten mit den jeweils vorhandenen Mitarbeitern problemlos abgearbeitet werden können.

Alle Produktionsaufträge seien am 22. Januar 2007 beendet worden. Die letzten Montagearbeiten seien am 31. Januar 2007 erfolgt. Nur der Buchhalter sei noch bis zum 28. Februar 2007 mit administrativen und buchhalterischen Abwicklungsarbeiten beschäftigt worden. Der Betrieb sei geschlossen und die Betriebseinrichtung an vier Interessenten verkauft worden. Eine neu gegründete ...

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