Entscheidungsstichwort (Thema)

Versetzung. Ausübung Direktionsrecht. Versetzung aus der ausschließlichen Wochenendschicht. Direktionsrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. a) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

b) Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum, innerhalb dessen ihm mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen können.

2. Hatte der Arbeitnehmer über viele Jahre hingenommen, dass Teile der Belegschaft praktisch nicht und andere Teile praktisch immer in finanziell interessanten, weil mit hohen Zuschlägen versehenen Schichten gearbeitet haben, sind im Rahmen der Interessenabwägung bei der Ausübung billigen Ermessens auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Umstellung der Schichtzuweisung in die Betrachtung mit einzubeziehen.

 

Normenkette

GewO § 106

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 21.07.2011; Aktenzeichen 19 Ca 464/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juli 2011 - 19 Ca 464/11 - wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Beklagte verurteilt wird, den Kläger als HUB-Handler in ihrem Betrieb A Flughafen ausschließlich in der Zeit von freitags 22.00 Uhr bis montags 6.00 Uhrzu beschäftigen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug weiterhin um die Berechtigung der Beklagten, dem Kläger eine andere Arbeitszeit zuzuweisen.

Die Beklagte betreibt an mehreren Standorten in Deutschland ein Expressluftfrachtunternehmen, unter anderem am Flughafen in A. Mit dem Betriebsrat der Betriebsstätte A/B, zu der auch der Betrieb am A Flughafen gehört, schloss sie unter dem 25. August 1993 eine Betriebsvereinbarung Schichtarbeit, wegen deren Einzelheiten auf die zu den Gerichtsakten gereichte Kopie (Blatt 32-37 d.A.) verwiesen wird. Der Kläger arbeitet seit dem 27. Juni 1994 auf der Basis des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 24. Juni 1994 in dem Betrieb Flughafen A der Beklagten als HUB Handler in Teilzeit mit 20 Arbeitsstunden wöchentlich zu einem Stundenlohn von zuletzt € 14,46 brutto. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrags wird auf die Kopie Bl. 38-43 d.A. Bezug genommen. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem GdB von 70. Die Beklagte beschäftigte bis Juni 1994 den Mitarbeiter C zu einem Bruttogehalt in Höhe von DM 2.075,00 inklusive eines Pauschalbetrags in Höhe von ca. DM 500,00 für ausschließliche Nachtarbeit. Im Zusammenhang mit einem Wechsel dieses Mitarbeiters in die sogenannte Weekend-Gruppe vereinbarten die Beklagte und Herr C eine Absenkung seines Bruttogehalts auf DM 1.553,00. In der Zeit von August 1994 bis Juli 2010 arbeitete der Kläger ausschließlich in der Zeit von freitags 22.00 Uhr bis montags 5.00 Uhr, wobei er regelmäßig samstags von 22.00 Uhr bis sonntags 7.00 Uhr und von sonntags 20.00 Uhr bis montags 5.00 Uhr sowie ca. alle zwei Monate einmal in der Zeit von freitags von 22.00 Uhr bis samstags 6.00 Uhr eingesetzt wurde. Der Kläger erzielte aufgrund dieser Einsatzzeiten zuletzt monatlich ca. € 1.160,00 brutto an Zulagen. Neben ihm beschäftigte die Beklagte noch weitere Mitarbeiter ausschließlich in der sogenannten Weekend-Gruppe am A Flughafen als HUB Handler mit Arbeitszeiten am Wochenende. Mit elektronischer Nachricht vom 15. Mai 2003 informierte ihr Mitarbeiter D den Betriebsrat E über die Veränderungen im HUB-Bereich am A Flughafen (Bl. 44 d.A.). Im Jahr 2008 schloss die Beklagte aufgrund einer Betriebsänderung wegen der anstehenden Verlagerung von Arbeiten, die bisher am Flughafen in A ausgeführt wurden, nach F einen Interessenausgleich und Sozialplan. Hiernach entfielen am Flughafen A in bestimmten Bereichen 256 von 413 damals vorhandenen Arbeitsplätzen. Bis Juli 2010 war der Flughafen A Hauptumschlagplatz für die von der Beklagten transportierte Fracht. Danach erfolgte eine Verlagerung des Hauptumschlags an den Flughafen F. Wegen der Einzelheiten der hierdurch bedingten Auswirkungen auf das Abfertigungsvolumen wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 29. Juni 2012 (Bl. 237-244 d.A.) Bezug genommen. Ab Juli 2010 änderten sich in Folge der von der Beklagten umgesetzten Umstrukturierung die Einsatztage und -zeiten des Klägers und weiterer Beschäftigter aus der sogenannten Weekend-Gruppe mit der Folge, dass er wie diese Kollegen in einem geringeren Umfang zuschlagspflichtige Arbeitszeiten hatte. Ab diesem Zeitpunkt setzte die Beklagte zunächst alle Mitarbeiter im HUB-Bereich sowohl unter der Woche als auch an Wochenenden ein. Sie stellte einen 2-Wochen-Schichtplan auf, nach dem alle HUB-Mitarbeiter in einem Rh...

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