Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung bei einer länger als drei Jahre zurück liegenden Vorbeschäftigung des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

In § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist gesetzlich ein zeitlich unbegrenztes Vorbeschäftigungsverbot geregelt. Dieses ist nicht auf frühere Arbeitsverhältnisse beschränkt, die weniger als drei Jahre zurückliegen (entgegen BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - NZA 2011, 905 ff.; BAG 21. September 2011 - 7 AZR 375/10 - NZA 2012, 255 ff.).

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Fulda (Entscheidung vom 13.10.2016; Aktenzeichen 2 Ca 145/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 13. Oktober 2016 - 2 Ca 145/16 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund der Befristungsabrede in der Änderungsvereinbarung vom 9. April 2015 zum 30. Juni 2016 beendet worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zur rechtskräftigen Beendigung des Befristungskontrollverfahrens als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben weiterzubeschäftigen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer sachgrundlosen Befristung.

Die Klägerin war bei der Beklagten zunächst vom 1. Februar 2005 bis zum 31. Dezember 2008 beschäftigt. Auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 24. Juni 2014 (Bl. 4 d. A.) wurde sie von ihr mit Wirkung zum 1. Juli 2014 als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben in Vollzeit befristet bis zum 30. Juni 2015 eingestellt. Nach Ziff. 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweiligen Fassung. In einem von beiden Parteien unterschriebenen Vermerk zu dem befristeten Arbeitsvertrag vom 24. Juni 2014, wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf BI. 5 d. A. Bezug genommen wird, wird darauf hingewiesen, dass es sich um eine sachgrundlose Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG handelt.

Mit Änderungsvereinbarung vom 9. April 2015 (Bl. 86 d. A.) vereinbarten die Parteien die weitere Beschäftigung der Klägerin bis zum 30. Juni 2016.

Ihr Bruttomonatsverdienst betrug zuletzt ca. € 3.800,00.

Mit ihrer am 19. Juli 2016 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 29. Juli 2016 zugestellten Klage hat die Klägerin die Rechtsunwirksamkeit der Befristungsvereinbarung geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, die sachgrundlose Befristung verstoße jedenfalls gegen das Vorbeschäftigungsverbot in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Der Gesetzeswortlaut sei insoweit eindeutig.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsvereinbarung im Arbeitsvertrag vom 24. Juni 2014 in Verbindung mit der Änderungsvereinbarung vom 9. April 2015 nicht zum 30. Juni 2016 beendet worden ist, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht;
  2. die Beklagte zu verurteilen, sie über den 30. Juni 2016 hinaus zu unveränderten Bedingungen als vollzeitbeschäftigte Mitarbeiterin weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass eine Befristung ohne Sachgrund zulässig sei, wenn die Vorbeschäftigung bereits länger als drei Jahre zurückliege. Das Bundesarbeitsgericht habe insoweit eine zulässige Auslegung nach Sinn und Zweck des Gesetzes vorgenommen, wonach Befristungsketten verhindert werden sollten.

Mit Urteil vom 13. Oktober 2016 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und dies - kurz zusammengefasst - damit begründet, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG habe wirksam bis zum 30. Juni 2016 sachgrundlos befristen können. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG sei die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Diese Voraussetzung habe die Beklagte hier eingehalten. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, dass die Änderungsvereinbarung vom 9. April 2015 als eine über eine Verlängerungsabrede hinausgehende eigenständige neue sachgrundlose Befristung zu qualifizieren sei. Sie sei noch innerhalb des Befristungszeitraums bis zum 30. Juni 2015 abgeschlossen worden und es sei nicht ersichtlich, dass der Änderungsvertrag vom 9. April 2015 seinem Inhalt nach weitere Änderungen gegenüber der vorangegangenen Befristungsabrede vom 24. Juni 2014 enthalte als das neue Befristungsdatum bis zum 30. Juni 2016. Es handele sich bei der Änderungsvereinbarung vom 9. April 2015 damit um eine bloße Verlängerungsabrede. Da es sich bei dieser außerdem um eine erste Verlängerung innerhalb des Zweijahresrahmens des § 14 Abs. 2 Satz 1 handele, verstoße die Befristung nicht gegen § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Die sachgrundlose Befristungsabrede vom 24. Juni 2014 in Verbindung mit dem Änderu...

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