Leitsatz (amtlich)
Zu den an eine „Abtretungsurkunde” im Sinne des § 410 BGB zu stellenden Formerfordernissen.
Normenkette
BGB §§ 174, 410
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.09.1986; Aktenzeichen 14 ca 530/85) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 24.09.1986 – 14 Ca 530/85 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gegen den Streitverkündeten (s. Bl. 15 d.A.), der Arbeitnehmer der Beklagten ist, hat die Klägerin eine rechtskräftig titulierte Darlehensforderung. Durch Vertrag vom 21.5.1979 (s. Bl. 11, 12 d.A.) hat der Darlehensschuldner der Klägerin zur Sicherung ihrer Ansprüche aus dem Darlehensvertrag seine gegenwärtigen und künftigen Ansprüche auf Arbeitsvergütung abgetreten. Von dieser Abtretung hat die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 3.4.1984 Kenntnis gegeben; dem Schreiben vom 3.4.1984 lag eine Fotokopie des Abtretungsvertrages bei.
Der Schuldner bezieht in den Diensten der Beklagten einen monatlichen Nettoverdienst von 1.500,– DM, der in Höhe von 500,– DM der Pfändung unterliegt. Mit Mahnbescheid vom 11.12.1985, der der Beklagten am 16.12.1985 zugestellt worden ist, und der am 24.2.1986 zugestellten Klageerweiterung macht die Klägerin die pfändbaren Verdienstbestandteile des Schuldners hinsichtlich der Zeit vom 1.6.1984 bis zum 31.1.1986 (20 Monate) nebst Prozeßzinsen geltend. Das diesem Antrag stattgebende Versäumnisurteil (s. Bl. 31 d.A.) ist rechtzeitig durch Einspruch der Beklagten angefochten worden (s. Bl. 32, 33 d.A.).
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe die Abtretung unter Beachtung aller gesetzlichen Anforderungen offengelegt.
Sie hat beantragt,
den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil zurückzuweisen und das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat beantragt,
dem Einspruch gegen das Versäumnisurteil
stattzugeben und die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, zur wirksamen Offenlegung der Zession gehöre die Vorlage des Abtretungsvertrages im Original, zumindest aber in beglaubigter Kopie.
Das Arbeitsgericht hat das Versäumnisurteil vom 6.8.1986 aufrechterhalten. Hinsichtlich des Inhaltes seines Urteiles wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf Bl. 42–45 d.A. Bezug genommen.
Gegen das der Beklagten am 18.12.1986 zugestellte Urteil richtete sich deren am 19.1.1987 bei dem Landesarbeitsgericht eingelegte, innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist (s. Bl. 54, 55 d.A.) begründete Berufung (s. Bl. 58–60 d.A.). Die Beklagte bleibt bei der bisherigen Rechtsansicht und lehnt deshalb eine Beachtung der Abtretung ab. Sie behauptet erstmals (s. Bl. 60 d.A.), der Schuldner sei am 31.12.1984 aus dem Betrieb der Beklagten ausgeschieden und arbeite seit dem 1.1.1985 bei der Fa. B. S. GmbH (Beweis: Zeugnis H. B.).
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit den aus Bl. 65–68 d.A. ersichtlichen Gründen und hält das neue Tatsachenvorbringen der Beklagten für verspätet, für rechtlich unbeachtlich und bestreitet es (s. Bl. 69–71 d.A.).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
1. Der auf § 410 BGB gestützte Einwand der Beklagten hat den Wortlaut des Gesetzes für sich. Das Berufungsgericht folgt aber schon aus Gründen der Rechtssicherheit der gegenteiligen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, auf die sich sowohl die Kreditgeber als auch die Drittschuldner eingestellt haben. Das Bundesarbeitsgericht hat im Urteil vom 27.6.1968 Az.: 5 AZR 312/67 – unter 2 b der Entscheidungsgründe ausgeführt:
„… Die Beklagte kann entgegen ihrer Auffassung ihre Leistungspflicht nicht davon abhängig machen, daß die Klägerin ihr das Original der Abtretungsurkunde vom 9. September 1964 statt der vorgelegten Fotokopie ausgehändigt hat. Im allgemeinen Rechtsverkehr werden Fotokopien heute den Originalurkunden gleichgeachtet. Daher genügt auch im Rahmen des § 410 BGB die Vorlage einer Fotokopie. Nur wenn der Schuldner verständliche Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Fotokopie erhebt, besteht die Verpflichtung zur Vorlage des Originals. Irgendwelche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Fotokopie hat hier die Beklagte nicht vorgetragen. …”
Auch die Beklagte des vorliegenden Falles hat die inhaltliche Richtigkeit der ihr vorgelegten Fotokopie nicht angezweifelt.
Der Hinweis der Beklagten auf § 174 BGB überzeugt nicht. Danach ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das von einem Vertreter vorgenommen wird, unwirksam, wenn der Vertreter seine Vollmacht nicht urkundlich nachweist und sein Geschäftspartner das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Durch diese Regelung zieht das Gesetz notwendige Folgerungen aus dem im § 180 Satz 1 BGB aufgestellten Grundsatz, daß bei einseitigen Rechtsgeschäften Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig ...