Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubskassenverfahren. Urlaubsentschädigung. Geltendmachung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der tarifliche Urlaubsentschädigungsanspruch des Arbeitnehmers gegen die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse des Baugewerbes ist auf das Kalenderjahr befristet, das sich an das dem Urlaubsjahr folgende Kalenderjahr anschließt, und muss innerhalb dieses weiteren Kalenderjahrs gegenüber der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse geltend gemacht werden.

2. Bei dem Entschädigungsanspruch nach § 8.8 BRTV/Bau handelt es sich um einen rechtlich eigenständigen Anspruch gegen die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse, der den Arbeitnehmer für den Fall sichert, dass der Arbeitgeber oder – im Fall der Urlaubsabgeltung – die Kasse nicht innerhalb des auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahrs den urlaubsrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen ist. Dieser Entschädigungsanspruch entsteht nach dem klaren Wortlaut der tarifvertraglichen Regelung nur nach Verfall des Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsanspruchs, besteht nur, soweit (d.h. in dem Umfang, in dem) Urlaubskassenbeiträge für das entsprechende Urlaubsjahr geleistet worden sind oder binnen vier Jahren nach Entstehung nachgeleistet werden, und ist grundsätzlich auf das „weitere Kalenderjahr” befristet, so dass er innerhalb dieses weiteren Kalenderjahrs verlangt werden muss.

3. § 15 Abs. 2 S.2 VTV verlangt, dass der Rechtsstreit um die Teilnahme des Arbeitgebers am Urlaubskassenverfahren den Zeitraum betrifft, für den der Arbeitnehmer Entschädigungsansprüche geltend macht. Das folgt aus der gebotenen Auslegung der tariflichen Bestimmung.

 

Normenkette

BRTV/Bau 8; VTV/Bau 15; VTV/Bau § 15 Abs. 2; BRTV/Bau § 8.8

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 08.09.2005; Aktenzeichen 9 Ca 30/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.08.2007; Aktenzeichen 9 AZR 167/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 8. September 2005 – 9 Ca 30/05 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Entschädigung eines verfallenen Urlaubsabgeltungsanspruchs.

Der Kläger, polnischer Staatsangehöriger, war in der Zeit vom 05. April bis 30. November 2001 als Arbeitnehmer des polnischen Unternehmens X.X.X. Xxx Sp. z.o.o., das auf der Grundlage von Werkverträgen mit deutschen Unternehmen, u.a. der Firma Xxxxxx Xxxxxxx, Bauleistungen in der Bundesrepublik Deutschland erbrachte, beschäftigt.

Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvorschriften des Baugewerbes u.a. die Aufgabe, die Auszahlung der Urlaubsvergütung an die Arbeitnehmer zu sichern. Die Mittel dafür werden durch Beiträge in Höhe eines Prozentsatzes der Bruttolöhne der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer von allen Arbeitgebern des Baugewerbes aufgebracht.

Die polnische Arbeitgeberin des Klägers wurde vom Beklagten in zwei Rechtsstreitigkeiten auf Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen in Anspruch genommen. Mit Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Juli 2003 (16 Sa 1956/02) wurde sie zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für Monate der Kalenderjahre 2000 und 2001 verurteilt. Dieses mittlerweile rechtskräftige Urteil wurde der Arbeitgeberin des Klägers am 22. Oktober 2003 zugestellt Mit weiterem Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 09. Februar 2004 (16 Sa 393/00) wurde die Arbeitgeberin des Klägers zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für den Zeitraum Februar bis Dezember 1999 verurteilt. Die hiergegen seitens der Arbeitgeberin des Klägers eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde durch das BAG mit Beschluss vom 20. Juli 2004 zurückgewiesen. Zahlungen der polnischen Arbeitgeberin des Klägers an den Beklagten für die Jahre 2000 und 2001 erfolgten nicht. Nachdem die Firma Xxxxxx Xxxxxxx für den Zeitraum Januar bis November 2001 vom Beklagten als Bürge nach § 1a AEntG in Anspruch genommen worden war, hatte diese an den Kläger EUR 30.091,36 am 19. April 2002 gezahlt.

Mit seiner Klage vertritt der Kläger, der mit Schreiben vom 10. Dezember 2004 (Bl. 33/34 d.A.) einen entsprechenden Anspruch gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hatte, die Ansicht, der Beklagte sei verpflichtet an ihn den sich aus den gegenüber seinem polnischen Arbeitgeber erworbenen Vergütungsansprüchen während seiner Beschäftigung in Deutschland errechnenden Urlaubsabgeltungsbetrag zu zahlen.

Der Kläger hat vorgetragen, er sei in der Zeit vom 05. April bis 30. November 2001 als gewerblicher Arbeitnehmer für seine polnische Arbeitgeberin auf der Baustelle der Firma Xxxxxx Xxxxxxxx eingesetzt worden. Für diese Zeit habe die polnische Arbeitgeberin an ihn einen Bruttolohn von insgesamt DM 24.502, 01 gezahlt ohne Urlaub zu gewähren. Hinsichtlich der Höher der einzelnen Monatsvergütungen wird auf die Aufstellung des Klägers in der Klageschrift vom 10. Februar 2005 (Bl. 12 und 18 d.A.) Bezug genommen. Auf seinen beitragspflichtigen B...

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