Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsgeld. „Akzessorietat” des Anspruchs
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf Urlaubsgeld gem. § 3 TV Sonderzahlung des Hessischen Einzelhandels ist grundsätzlich unabhängig vom Bestehen oder der Realisierbarkeit eines Urlaubsanspruches.
Normenkette
TV über Sonderzahlung des Hessischen Einzelhandels § 3
Verfahrensgang
ArbG Marburg (Urteil vom 15.08.1997; Aktenzeichen 2 Ca 530/96) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 15. August 1997 – 2 Ca 530/96 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Für die Klägerin wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung von tariflichem Urlaubsgeld.
Zwischen den Parteien findet kraft Tarifbindung u. a. auch der Tarifvertrag über sonderzahlung zwischen dem Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen Landesbezirk Hessen (im folgenden: TV) Anwendung, von 1994 bis zum 24.04.1997 befand sich die Beklagte im Erziehungsurlaub. Auf eine entsprechende Aufforderung der Gewerkschaft HBV für die Beklagte vom 10.12.1996 zahlte die Klägerin an die Beklagte als Sonderzahlung sowie urlaubsgeld nach dem genannten Tarifvertrag insgesamt DM 2.828,43 aus. Darin war urlaubsgeld für 1995 und 1996 in Höhe von DM 1.378,74 netto enthalten.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, daß der Beklagten für die zeit des Erziehungsurlaubs kein Anspruch auf Erholungsurlaub und folglich auch kein Anspruch auf Urlaubsgeld zustehe. Sie hat daher von der Beklagten das irrtümlich ausgezahlte urlaubsgeld zurückverlangt und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 1.378.74 netto nebst 4% Zinsen seit dem 14.01.1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat unter Berufung auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 06.09.1994 – 9 AZR 92/93 – gemeint, daß ihr urlaubsgeld nach dem fraglichen Tarifvertrag auch für die zeit des Erziehungsurlaubs zustehe.
Mit am 15.08.1997 verkündetem Urteil hat das Arbeitsgericht Marburg – 2 Ca 530/96 – der Klage stattgegeben, zur Begründung hat es ausgeführt, daß die Beklagte das urlaubsgeld ohne Rechtsgrund erhalten habe, da ihr für die Zeit des Erziehungsurlaubs kein Urlaubsanspruch und somit auch nicht der akzessorische Anspruch auf urlaubsgeld zugestanden habe. Aus dem fraglichen Tarifvertrag ergebe sich keine abweichende Regelung, wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird ergänzend auf Bl. 30 – 35 d.A. Bezug genommen.
Gegen das ihr am 28.08.1997 zugestellte urteil hat die Beklagte am 19.09.1997 Berufung eingelegt und dieses Rechtsmittel am Montag, dem 20.10.1997 begründet. Sie meint, der fragliche Tarifvertrag regele eine Abweichung von dem allgemeinen Grundsatz der Akzessorietät des urlaubsgeldes im Verhältnis zum Urlaubsanspruch. Ein urlaubsgeld solle nicht lediglich urlaubsbedingte Mehraufwendungen ausgleichen sondern stelle in den meisten Privathaushalten einen festen Bestandteil des Bruttojahresverdienstes dar. Ebenso wie die Sonderzuwendung nach dem genannten Tarifvertrag habe es Gratifikationscharakter. Im übrigen behauptet die Beklagte, das Geld im Rahmen der Haushaltsaufwendungen und der weihnachtseinkäufe ausgegeben zu haben und nicht mehr bereichert zu sein.
Sie beantragt.
die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts in Marburg vom 15. August 1997, Az.: 2 Ca 530/96, zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, wie ihr vortrag im Berufungsrechtszug erkennen läßt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie meint, daß das urlaubsgeld nach dem sonderzahlungstarifvertrag nur in den Fällen geschuldet werde, in denen auch gem. § 13 des Manteltarifvertrages für den Hessischen Einzelhandel ein urlaubsanspruch bestehe. Diese Vorschrift verweise nämlich hinsichtlich des urlaubsgeldes auf den sonderzahlungstarifvertrag. Dies habe das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 06.09.1994 übersehen, obwohl es ausdrücklich auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abstelle. Im übrigen verteidigt die Klägerin das angefochtene urteil und behauptet, die Beklagte habe das im Streit stehende Urlaubsgeld Ihren eigenen Angaben zufolge auf einem Sparbuch angelegt und sei insoweit nicht entreichert.
Wegen des vollständigen Vortrags der Parteien im Berufungsrechtszug wird ergänzend auf die Berufungsbegründung (Bl. 43 – 46 d.A.) sowie auf die Berufungsbeantwortung (Bl. 50 – 52 d.A.) Bezug genommen.
Die Parteien haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung im schriftlichen verfahren einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 15.08.1997 – 2 Ca 530/96 – ist begründet
Die Klägerin hat keinen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten hinsichtlich des umstrittenen Urlaubsgeldes, da die Beklagte dieses nicht ohne rechtlichen Grund im Sinne des § 812 BGBerlangt hat Auf die Fr...