keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Internationale Zuständigkeit. Arbeitnehmerentsendung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten im Anwendungsbereich der VO (EG) Nr.44/2001 (EuGVVO) nicht schon dann nach Art. 24 EuGVVO aus einer rügelosen Einlassung der Beklagtenseite, wenn diese in einem Schriftsatz vor dem arbeitsgerichtlichen Gütetermin zur Sache Stellung nimmt, ohne die Unzuständigkeit zu rügen, und dann weder im Güte- noch im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht erscheint.

2. Die in § 8 S.2 AEntG normierte Klagemöglichkeit einer gemeinsamen Einrichtung gegen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland vor deutschen Gerichten begründet über Art. 67 EuGVVO und die Richtlinie 96/71/EG vom 16. Dezember 1996 im Geltungsbereich des EuGVVO die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte lediglich für Fälle, in denen ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland in Anspruch genommen wird, der Arbeitnehmer nach Deutschland entsandt hatte.

 

Normenkette

EuGVVO Art. 5 Nr. 1a; EuGVVO §§ 3-5; EuGVVO Art. 23-24, 67; ArbGG 64 VII; ArbGG 55 I Nr. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 16.05.2006; Aktenzeichen 8 Ca 2724/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 02.07.2008; Aktenzeichen 10 AZR 355/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 16. Mai 2006 – 8 Ca 2724/03 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger, eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes, dem nach näherer tariflicher Maßgabe die Aufgabe des Einzugs der Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes zugewiesen ist, nimmt den Beklagten, der seinen Wohnsitz in Spanien hat, auf Zahlung von Beiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer für die Monate Januar 1999 bis November 2001 mit der Begründung in Anspruch, der Beklagte habe in den im Zeitraum von Januar 1999 bis März 2003 in der Bundesrepublik Deutschland einen Betrieb unterhalten, von dem arbeitszeitlich überwiegend Armierungsarbeiten durchgeführt worden seien, er habe Arbeitnehmer beschäftigt, sei daher zur Zahlung der tarifvertraglich vorgeschriebenen Beiträge verpflichtet, die er mangels Erteilung von Meldungen des Beklagten über deren Höhe anhand der durchschnittlichen Monatsverdienste im Baugewerbe, der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und dem tariflichen Beitragssatz errechne, das Arbeitsgericht Wiesbaden sei international zuständig.

Im arbeitsgerichtlichen Termin vom 16. Mai 2006 ist für den Beklagten, der mit Schreiben vom 15. April 2004 (Bl. 24 bis 26 d.A.) gegen die Klage vorgebracht hatte, er sei lediglich als Subunternehmer tätig geworden, die Beitragsforderung sei überhöht, trotz ordnungsgemäßer Ladung, niemand erschienen.

Der Kläger hat beantragt,

im Wege des Versäumnisurteils den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 46.888,00 zu zahlen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. Mai 2006 mit der Begründung abgewiesen, das Arbeitsgericht Wiesbaden sei für die Entscheidung des Rechtsstreits international unzuständig. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 46 bis 56 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 12. Februar 2007 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er vertieft seine bereits erstinstanzlich vertretene Auffassung, wonach das Arbeitsgericht Wiesbaden international zuständig sei.

Im Berufungstermin ist für den Beklagten trotz ordnungsgemäßer Ladung niemand erschienen.

Der Kläger beantragt,

im Wege des Versäumnisurteils das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 16. Mai 2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 46.888,00 zu zahlen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 12.Februar 2007 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das vom Kläger begehrte Versäumnisurteil kann nicht ergehen, weil das Vorbringen des Klägers nicht geeignet ist, den Erlass eines klagezusprechenden Versäumnisurteils zu rechtfertigen, so dass die Berufung zurückzuweisen ist (§ 539 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Diese Entscheidung hatte nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG, der über § 64 Abs. 7 ArbGG auch im Berufungsverfahren anzuwenden ist, durch den Vorsitzenden allein zu ergehen. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG entscheidet der Vorsitzende u.a. allein „bei Säumnis einer Partei”. Bereits der Wortlaut dieser gesetzlichen Bestimmung erweist, ...

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