Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifauslegung. Umgruppierung eines Sachbearbeiters Garantieabwicklung nach Einführung des TV Vergütungssystem Lufthansa Technik/IT
Orientierungssatz
1. Bei ProtNot III zum Tarifvertrag Vergütungssystem der Lufthansa TechnikAG (LHT)/Informationstechnologie (IT) vom 30.12.2006 (TV VS Technik/IT) handelt es sich ihrem Wortlaut nach um eine alle betroffenen Arbeitnehmer abschließend erfassende Regelung, die den Betriebsparteien bzw. dem Arbeitgeber bei der Eingruppierungsentscheidung keinen Raum für eine inhaltliche Mitbeurteilung einzelner Fälle lässt (so auch LArbG Frankfurt vom 30.09.2008 – 4 TaBV 81/08).
2. Der rechtliche Akt der Eingruppierung ist bereits mit der Zuordnung der Arbeitsplätze in die Überleitungsmatrix abgeschlossen und nicht etwa erst mit der konkreten Zuordnung eines Mitarbeiters in die Transferlisten auf Namensbasis.
3. Die Wirksamkeit der so getroffenen Bewertung und Zuordnung aller Arbeitsplätze scheitert nicht an der mangelnden Schriftform der Überleitungsmatrices als Anlagen zum TV VS Technik/IT. Die über die nicht unterzeichnete ProtNot III in Bezug genommenen paraphierten Überleitungsmatrices nehmen an der Schriftform des TV VS Technik/IT teil. Dazu reicht bei Tarifverträgen eine klare, zweifelsfreie Bezugnahme auf Schriftstücke aus, selbst wenn diese nicht mit der Tarifvertragsurkunde schriftlich verbunden sind.
4. Zur Wirksamkeit der Zuordnung eines Sachbearbeiters Garantieabwicklung mit der ehemaligen Vergütungsgruppe 14 des Vergütungsrahmentarifvertrags Bodenpersonal Lufthansa vom 01.04.1989 (VRTV) zur Vergütungsgruppe 3E TV VS Technik/IT.
Normenkette
TVG § 1 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.05.2008; Aktenzeichen 2 Ca 9165/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26.05.2008 – 2 Ca 9165/07 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Umgruppierung des Klägers.
Die Beklagte ist ein Unternehmen im A-Konzern mit etwa 15.000 Beschäftigten, das Aufgaben der Wartung, Reparatur und Überholung von Flugzeugen wahrnimmt. Der Kläger ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 12.06.1968 seit dem 15.06.1968 im Konzern beschäftigt. Aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme finden die jeweils gültigen Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Zuletzt war der Kläger als Sachbearbeiter Garantieabwicklung in der Abteilung Werftengineering (WE), einer Unterabteilung im Bereich Wartungsbetrieb Frankfurt, tätig und verdiente monatlich EUR 3.959,– brutto.
Die Eingruppierung der Mitarbeiter der Beklagten richtete sich in der Vergangenheit nach dem Vergütungsrahmentarifvertrag Bodenpersonal vom 1.04.1989 (VRTV, Bl. 43 – 87 d. A.). Danach war der Kläger in Vergütungsgruppe 14 von insgesamt bestehenden 17 Gruppen eingruppiert.
Mit Wirkung zum 30.12.2006 vereinbarten die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e. V. (AVH) mit der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver. di) den Tarifvertrag Vergütungssystem B/IT (TV VS Technik/IT, Bl. 10 – 18 d. A.). Dieser enthält von 1A bis 4D nur noch 14 Tarifgruppen. Die Beklagte beantragte am 15.12.2006 die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe 3E (Bl. 134, 135 d. A.). Der Betriebsrat stimmte der beabsichtigten Eingruppierung am 22.12.2006 zu. Für die abstrakten Tätigkeitsmerkmale und Tätigkeitsbeispiele der Vergütungsgruppen 3E und 4A wird auf den entsprechenden Wortlaut des § 4 (Vergütungsgruppen) TV VS Technik/IT Bezug genommen (Bl. 14 d. A.).
Der TV VS Technik/IT kam im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens zustande, das sich insbesondere zum Ziel gesetzt hatte, ein neues Vergütungssystem (Eingruppierungsstruktur, Tabellensystem und Überleitung) für das Geschäftsfeld Technik/Informationstechnologie einzuführen (§ 2 Abs. 2 Schlichtungsabkommen (Bl. 156 – 159 d. A.). Durch Zustimmung beider Tarifparteien zur Schlichterempfehlung sollte eine unwiderrufliche Bindung der Tarifpartner an die Empfehlung eintreten. Die Tarifpartner bereiteten für die Schlichtung eine Bewertung der von dem geplanten neuen Tarifvertrag erfassten Tätigkeiten vor und entwickelten sog. Zuordnungsmatrices zur Überführung der Tätigkeiten aus den alten in die neuen Vergütungsgruppen des angestrebten Tarifvertrages. Bewertungen und Zuordnungsmatrices waren Gegenstand der Erörterungen während der vom 5. bis 8.07.2006 durchgeführten Schlichtung. Am 8.07.2006 sprach der Schlichter seine Schlichtungsempfehlung (Bl. 126 – 133 d. A.) aus, die unter dem Punkt „Neues Vergütungssystem” den Abschluss der Tarifverträge Vergütungssystem (TV VS Technik/IT) und Vergütungstarifvertrag Nr. 1 (VTV Nr. 1) empfahl. Er stellte dabei auch fest, dass sich die Tarifparteien über die Zuordnung sämtlicher Tätigkeiten ausweislich der in der Anlage 4 beigefügten Zuordnungsmatrices verständigt...