Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes im Rahmen der Insolvenzanfechtung
Leitsatz (amtlich)
Nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird die Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte.
Der erforderliche Vorsatz des Anfechtungsgegners ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach § 286 ZPO zu ermitteln.
Dabei kann auch Berücksichtigung finden, dass kurzfristige Zahlungsstockungen im Sozialkassenverfahren nicht unüblich sind.
Normenkette
InsO § 17; ZPO § 286; InsO §§ 129, 133
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 07.05.2013; Aktenzeichen 9 Ca 1371/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 7. Mai 2013 - 9 Ca 1371/12 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Beiträgen zum Sozialkassenverfahren der Bauwirtschaft aufgrund einer Insolvenzanfechtung.
Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH (im Folgenden Schuldnerin). Mit Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 20. Mai 2008 - 340 IN xx/xx(xx) - wurde er zum Insolvenzverwalter eingesetzt. Wegen der Einzelheiten des Eröffnungsbeschlusses wird Bezug genommen auf Blatt 15-16 d.A.
Die Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Aufgrund der tarifvertraglichen Bestimmungen war sie im streitgegenständlichen Zeitraum für den Einzug der Beiträge zum Sozialkassenverfahren des Baugewerbes verpflichtet. Gemäß der §§ 18, 22 des allgemeinverbindlichen Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV) waren Bauarbeitgeber monatlich zur Zahlung eines Sozialkassenbeitrags verpflichtet.
Die Beklagte erwirkte vor dem Arbeitsgericht Berlin am 13. März 2007 einen Vollstreckungsbescheid über Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer für den Zeitraum Mai bis Juli 2006 in Höhe von 6.067,37 Euro. Des Weiteren erwirkte sie vor dem Arbeitsgericht Berlin am 22. Februar 2007 ein Versäumnisurteil über einen Betrag in Höhe von 8.889,65 Euro. Aus diesen Titeln betrieb sie die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin und erhielt nachfolgende Zahlungen, nämlich am 26. Februar 2007 einen Betrag in Höhe von 2.500 Euro, am 17. April 2007 in Höhe von 2.500 Euro, am 9. Juni 2007 in Höhe von 900 Euro, am 19. Juni 2007 in Höhe von 1.600 Euro und am 13. August 2007 in Höhe von 2.500 Euro, zusammen 10.000 Euro. Die Zahlungen erfolgten jeweils in bar an den Gerichtsvollzieher.
Mit Schreiben vom 18. November 2011 hat der Kläger u.a. diese Zahlungen gegenüber der Beklagten gemäß § 133 Abs. 1 InsO angefochten. Bzgl. der Einzelheiten des Anfechtungsschreibens wird verwiesen auf Blatt 23 - 24 d.A.
Der Kläger hat behauptet, dass die Schuldnerin seit dem 31. Dezember 2005 ununterbrochen zahlungsunfähig gewesen sei. Dies ergebe sich aus dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2005, wonach fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 318.591,33 Euro bestanden hätten. Wegen der Einzelheiten des vorgelegten Jahresabschlusses wird verwiesen auf Blatt 26 - 51 d.A. Darin enthalten seien Verbindlichkeiten in Höhe von 95.962,71 Euro, die auf Lohn und Gehalt sowie auf Lohn- und Kirchensteuer sowie Sozialversicherungsbeiträge entfielen. Hierbei handle es sich um Verbindlichkeiten, von deren Fälligkeit ohne weiteres ausgegangen werden könne. Diesen Verbindlichkeiten habe nur liquides Vermögen in Höhe von 38.857,65 € gegenübergestanden. Auch die Gläubigertabelle (Blatt 52 ff. d.A.) dokumentiere die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Allein die B GmbH aus Köln habe eine titulierte Restforderung in Höhe von 72.772,20 Euro zur Insolvenztabelle angemeldet. Es sei auch von Zahlungsunfähigkeit ausgegangen werden, wenn im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden hätten, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden seien. Auch die Beklagte habe Ansprüche in Höhe von 55.741,82 Euro zur Tabelle angemeldet. Von den angemeldeten Forderungen habe sie an Außenständen für September 2005 einen Betrag in Höhe von 1.937,44 Euro, für die Monate März und April 2006 8.889,65 Euro, für die Monate Mai und Juli 2006 5.739,54 Euro, für die Monate Februar und März 2007 3.558,25 Euro, für die Monate April bis Juni 2007 8.017,98 Euro sowie für die Monate August bis November 2007 9.224,53 Euro titulieren lassen.
Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe auch Kenntnis von dem Vorsatz der Schuldnerin gehabt. Diese Kenntnis werde gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 InsO vermutet. Bei einer Gesamtbetrachtung der erkennbaren äußeren Umstände habe die Beklagte erkennen müssen, dass die Schuldnerin zumindest drohend zahlungsunfähig gewesen sei, denn diese habe die fälligen Forderungen zum größten Teil gar nicht oder nur im Rahmen der Zwangsvollstreckung bedient.
Der Kläger hat den Antrag gestellt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.00...