Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufungsfrist bei fehlender Urteilszustellung innerhalb von 5 Monaten nach Urteilsverkündung

 

Leitsatz (amtlich)

Aufgrund der Neufassung von § 66 Abs. 1 ArbGG beginnt die Monatsfrist zur Einlegung der Berufung mit Ablauf von 5 Monaten nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils auch dann, wenn innerhalb von 5 Monaten nach der Verkündung das Urteil überhaupt nicht oder ohne oder mit unrichtiger Rechtsmittelbelehrung zugestellte wurde. Für eine Kumulierung der Frist von 5 Monaten des § 66 Abs. 1 S. 2 ArbGG n.F. und der Jahresfrist gem. § 9 Abs. 5 S. 4 ArbGG ist kein Raum mehr.

 

Normenkette

ArbGG § 66 Abs. 1 n.F., § 9 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 09.01.2003; Aktenzeichen 2 Ca 198/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Limburg vom 09.01.2003 – 2 Ca 198/02 – wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer Berufung zu tragen.

Für die Klägerin wird die Revision zum Bundesarbeitsgerichts zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin und die von ihr verlangte Weiterbeschäftigung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.

Wegen des zugrunde liegenden Sachverhaltes, des Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit am 09.01.2003 verkündeten Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird, die Klage abgewiesen.

Gegen dieses der Klägerin am 04.07.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 31.07.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und dort, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.10.2003, am 13.10.2003 begründete Berufung der Klägerin.

Die Klägerin bringt vor, nach der letzten Befristungsabrede im Arbeitsvertrag vom 02.10.1999 „für die Dauer der Erkrankung einer Hausgehilfin” habe ihr Arbeitsverhältnis nicht beendet werden können. Die Beklagte habe mit einer Rückkehr und Wiederaufnahme der Arbeit der betreffenden Hausgehilfin bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages vom 02.10.1999 nicht mehr rechnen können. Jedenfalls könne sich die Beklagte auf die Befristungsabrede nicht berufen, nachdem die betreffende Hausgehilfin aus ihrem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und nicht mehr auf ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt sei. – Für das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren wird im Übrigen und wegen der Einzelheiten auf die Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 13.10.2003 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Limburg vom 09.01.2003 zu Az.: 2 Ca 198/02 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristungsabrede gemäß Schreiben der Beklagten vom 27.08.2002 nicht beendet worden ist, sondern über den 30.09.2002 hinaus unbefristet fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Fristen für die Einlegung der Berufung sowie für deren Begründung seien nicht eingehalten. Darüber hinaus verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil. – Für das zweitinstanzliche Vorbringen der Beklagten wird im Übrigen auf die Berufungsbeantwortung mit Schriftsatz vom 21.11.2003 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen (§ 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 522 Abs. 1 ZPO).

Die Klägerin hat die Monatsfrist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG n.F. für die Berufungseinlegung nicht eingehalten. Diese Monatsfrist hat mit Ablauf von 5 Monaten nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils am 09.01.2003 zu laufen begonnen (§ 66 Abs. 1 Satz 2 ArbGG n.F.) und endete mithin am 09.06.2003; die hieran anschließende Monatsfrist (bis zum 09.07.2003) für die Einlegung der Berufung konnte also nicht durch die am 31.07.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufungsschrift der Klägerin gewahrt werden. Auf die Frist von 5 Monaten ab Verkündung des arbeitsgerichtlichen Urteils kommt es vorliegend an, weil gem. § 66 Abs. 1 Satz 2 ArbGG n.F. spätestens mit deren Ablauf die Frist von einem Monat für die Berufungseinlegung beginnt. Unerheblich ist dagegen, dass das Urteil am 04.07.2003 (mit Rechtsmittelbelehrung) zugestellt wurde; diese Zustellung konnte nicht mehr den Ablauf der Berufungsfrist in Gang setzen, weil bereits mit Ablauf der 5-Monatsfrist (am 09.06.2003, siehe vorstehend) der Lauf der Berufungsfrist begonnen hatte (vgl. BAG vom 08.06.2000, AP Nr. 21 zu § 66 ArbGG 1979 – betreffend die kumulierten Fristen gem. § 515 ZPO a.F.; § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG).

Angesichts der ab 01.01.2002 geltenden Neufassung des § 66 Abs. 1 ArbGG kann nicht mehr an der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 08.06.2000, a.a.O.; BAG vom 23.11.1994, AP Nr. 12 zu § 9 ArbGG 1979 – m.w.N.) festgehalten werden (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 66 RdZiff. 15'f.; Schmidt/Schwab/Wildschütz, NZA 01, 1217, 1218; Bad...

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