Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich Beginn und Einhaltung einer Ausschlussfrist. Urheberrechtliche Ansprüche von Journalisten bei Bestehen einer tariflichen Regelung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Darlegungspflicht für den Beginn einer Ausschlussfrist liegt beim Schuldner, der sich auf den Verfall des Anspruchs beruft. Erst wenn die Anwendbarkeit der Ausschlussfrist und deren Anlaufen feststeht, hat der Gläubiger darzulegen, dass er die Ausschlussfrist eingehalten hat. Es handelt sich bei der Einhaltung der Ausschlussfrist nicht um eine der Schlüssigkeitsprüfung unterliegende anspruchsbegründende Tatsache (entgegen LAG Hessen 20. November 2015-10 SA 1131/13-juris), sondern um eine rechtsvernichtende Einrede. Diese ist nur insoweit „von Amts wegen“ zu berücksichtigen, als sich der Schuldner nicht auf den Verfall der Forderung berufen muss, wenn sich diese aus dem Vortrag der Parteien ergibt.

2. Nach der Systematik der §§ 32 Abs. 4, 36 Abs. 1 S. 3 UrhG kommen bei Bestehen einer tariflichen Regelung über mögliche Ansprüche des Urhebers Ansprüche nur nach dieser in Betracht. Bestehen hiernach keine Ansprüche, scheidet der Rückgriff auf Regelungen des UrhG aus.

3. Nach § 12 Nr. 7 Abs. 3 des Manteltarifvertrages zwischen dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V. und dem Deutschen Journalistenverband e. V. sowie der Gewerkschaft ver.di vom 30. April 1998 (MTV Zeitschriften) können die“Vertragsbedingungen und Honorare für die Nutzung journalistischer Beiträge im Internet des Deutschen Journalistenverbandes“ zur Bezifferung des Anspruchs nicht herangezogen werden. Aus dem Wortlaut von § 12 Ziff. 7 Abs. 2,3 MTV Zeitschriften folgt unzweifelhaft, dass sich die angemessene Vergütung des Urhebers danach richtet, welchen Erlös der Anspruchsgegner bei der konkret erfolgten und vergütungspflichtigen Nutzung hätte erzielen können. Auf die Frage, welchen Erlös der Urheber selbst fiktiv aus der Verwertung hätte erzielen können, kommt es nicht an.

4. Fehlen jegliche Angaben, die als Anknüpfungstatsachen für eine Schätzung erzielter oder erzielbarer Werbeerlöse durch Verwendung von Textbeiträgen in einem kostenfrei zugänglichen Onlinearchiv dienen könnten, kommt eine gerichtliche Schätzung des erzielten oder erzielbaren Erlöses im Sinne des § 12 Nr. 7 Abs. 2 MTV Zeitschriften nach § 287 ZPO nicht in Betracht.

 

Normenkette

UrhG § 32 Abs. 4, § 36 Abs. 1 S. 3; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 10.12.2015; Aktenzeichen 21 Ca 3006/15)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 10. Dezember 2015 – 21 Ca 3006/15 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung einschließlich der Kosten der Revision hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger für die Online-Nutzung von 114 von ihm erstellter Textbeiträge eine zusätzliche Vergütung zusteht.

Der Kläger war auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 29. Februar 2000 bei der Beklagten, einem Zeitungsverlag in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, als Redakteur der Zeitschrift „A“ beschäftigt. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf die Anlage K1 (Anlagenband) verwiesen. Im Rahmen dieser Tätigkeit erstellte der Kläger für die Beklagte die im Klageantrag benannten 114 Textbeiträge. Sein Jahresbezug hat im Jahr 2000 100.000 DM brutto betragen.

Auf das am 31. Dezember 2002 beendete Arbeitsverhältnis der Parteien fand kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag zwischen dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V. und dem deutschen Journalisten-Verband e.V. sowie der Gewerkschaft ver.di vom 30. April 1998 (künftig: MTV-Zeitschriften) Anwendung.

Die Beklagte vertreibt die Textbeiträge ihrer Redakteure in Printform und als digitale Ausgabe des jeweiligen Heftes. Die digitale Ausgabe des „A“ kann kostenpflichtig von den Kunden von der Website der Beklagten heruntergeladen werden.

Der MTV-Zeitschriften enthält in § 12 auszugsweise folgende Regelungen:

Ҥ 12 Urheberrecht

1. Umfang der Urheberrechtsübertragung

Der/die Redakteurin/Redakteur räumt dem Verlag das ausschließliche, zeitliche, räumliche und inhaltliche unbeschränkte Recht ein, Urheberrechte und verwandte Schutzrechte im Sinne des Urheberrechtsgesetzes, die sie/er in der Erfüllung ihrer/seiner vertraglichen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis erworben hat, vom Zeitpunkt der Rechtsentstehung an zu nutzen.

(…)

7. Vergütungsregelung

Die Nutzung der nach Ziffer 1 eingeräumten Rechte in Objekten (einschließlich der digitalen Ausgaben), für die die/der Redakteurin/Redakteur nach Maßgabe ihres/seines Arbeitsvertrages*) tätig ist, erfolgt vergütungsfrei, ebenso die Nutzung des Archivs/der Datenbank für interne Zwecke des Verlages, verbundener Unternehmen und kooperierender Verlage oder zum persönlichen Gebrauch Dritter.

Bei weitergehender Nutzung hat die/der Redakteurin/Redakteur – auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – Anspruch auf eine ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge