Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Kündigung ist i.S. von § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn im Tätigkeitsbereich des gekündigten Arbeitnehmers voraussichtlich mehr Arbeitnehmer beschäftigt sein werden, als zur Erledigung der zukünftig anfallenden Arbeiten benötigt werden. Dies kann sich auch aus dem Verlust eines Auftrags oder einem reduzierten Auftragsbestand ergeben.
2. Voraussetzung der Darlegung des prognostizierten Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit eines Arbeitnehmers ist zunächst, dass der Arbeitgeber nachvollziehbar darlegt, mit welchen Aufgaben der Arbeitnehmer zuvor befasst war und dass aufgrund außerbetrieblicher Umstände das Arbeitsvolumen, an dessen Erledigung der Arbeitnehmer beteiligt oder für dessen Erledigung er zuständig war, reduziert war.
3. Begründet der Arbeitgeber die Kündigung mit äußeren Umständen, so muss er weiterhin anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen, warum nicht nur eine kurzfristige Abwärtsbewegung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist. Die Möglichkeit einer "normalen", im Rahmen des Üblichen liegenden Auftragsschwankung muss prognostisch ausgeschlossen sein.
Normenkette
KSchG §§ 1, 1 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.12.2014; Aktenzeichen 21 Ca 4666/14) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember 2014 – 21 Ca 4666/14 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um die Wirksamkeit zweier ordentlicher, aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochener Kündigungen der Beklagten.
Der Kläger ist seit dem 1. Januar 2003 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags vom 28. August 2002 (Bl. 5 d.A.) zuletzt als Managing Direktor im Bereich A beschäftigt, wobei streitig ist, ob ihm dort zuletzt ausschließlich die Kundenbetreuung hinsichtlich der Produktbereiche B und C oblag.
Sein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen einschließlich Boni belief sich zuletzt auf 34.166,67 EUR.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens, ihrer Anträge, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
In der Berufungsinstanz ist unstreitig geworden, dass innerhalb der Abteilung D nach April 2014 zwei weitere Senior Sales-Mitarbeiter nämlich Herr E und Herr F bei der Beklagten ausgeschieden sind. Herr G wurde zum Managing Director ernannt und ist seit seiner Beförderung zum „Head of Fixed Income Solutions“ nicht nur Leiter des Bereichs H, sondern zudem Leiter des Bereichs I. Seine Kompetenzen wurden erweitert und der Bereich J ist nur noch Teilaspekt seiner Tätigkeit. Im Jahr 2014, nach der Freistellung des Klägers, wurde Herr K mit einem jährlichen Fixgehalt in Höhe von 70.00,00 EUR im Rahmen einer Vollzeitstelle in das Team des Klägers aufgenommen. Vorgesetzter von Herrn K ist Herr G.
Eine Information der bisherigen externen Ansprechpartner der Kunden des Klägers über eine Strategieänderung der Beklagten hat nicht stattgefunden. Diese haben auch keine Mitteilung darüber erhalten, dass man sie nicht mehr oder nicht mehr wie bisher betreuen werde.
Zur Erfüllung des im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruchs beschäftigte die Beklagte den Kläger vom 1. Dezember 2014 bis zum 30. April 2015 im Wege einer Prozessbeschäftigung in dem Bereich L. Im Rahmen einer Änderungskündigung bot sie ihm eine freie Stelle als Businessmanager in diesem Bereich auf dem Level eines Vice President an. Der Kläger nahm das Angebot unter Vorbehalt an und übt die Stelle jedenfalls seit dem 1. Mai 2015 aus.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Kündigungsschutzanträgen mit Urteil vom 18. Dezember 2014 – 21 Ca 466/14 – stattgegeben und die allgemeine Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen. Es hat angenommen, sowohl die Kündigung vom 24. Juni 2014 als auch die vom 14. Juli 2014 seien mangels sozialer Rechtfertigung unwirksam. Die Beklagte habe nicht ausreichend substantiiert zur Begründung des Wegfalls des Arbeitsplatzes des Klägers vorgetragen, insbesondere nicht ausreichend die Auswirkungen der unternehmerischen Vorgaben und Planungen für das zu erwartende Arbeitsvolumen dargelegt. Hier beschränke sich ihr Vortrag im Wesentlichen auf die pauschale Behauptung, die Kundenbetreuung im Bereich H werde genau den Umfang haben, dass die verbliebenen Mitarbeiter die Aufgaben ohne überobligatorische Mehrarbeit leisten können. Ein solcher Vortrag sei jedoch nicht ausreichend, um dem Gericht die Überprüfung der Durchführung und Nachhaltigkeit der behaupteten Entscheidung zu ermöglichen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 23. April 2015 zugestellte Urteil am 22. Mai 2015 Berufung eingelegt und ...