Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Arbeitnehmereigenschaft eines Honorararztes im Krankenhaus. Arbeitnehmereigenschaft eines Honorararztes im Krankenhaus

 

Leitsatz (amtlich)

Die Tätigkeit eines Facharztes in einem Krankenhaus kann auch selbstständig auf Honorarbasis erbracht werden.

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Gießen (Entscheidung vom 15.08.2012; Aktenzeichen 2 Ca 96/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 15. August 2012 - 2 Ca 96/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und über die Verpflichtung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung.

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer und betreibt ein akademisches Lehrkrankenhaus in L mit Außenstellen in B und N, in denen ambulante diagnostische Radiologie angeboten wird. Der verheiratete, drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist Facharzt für diagnostische Radiologie und wurde auf der Grundlage des Vertrags vom 14. Juni 2011, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 8 der Akten Bezug genommen wird, für die Beklagte tätig. Zwischen den Parteien ist streitig, ob hierdurch ein Arbeitsverhältnis begründet wurde.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2012 (Bl. 9 der Akten) kündigte die Beklagte den Vertrag vom 14. Juni 2011 mit Wirkung zum 31. März 2012.

Mit seiner am 14. März 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutz klage hat der Kläger sich gegen diese Maßnahme gewandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der Entscheidung des Arbeitsgerichts (Bl. 137-142 der Akten) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, da der Kläger nicht schlüssig vorgetragen habe, dass der Kläger Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG gewesen sei. Es fehle an der hierfür erforderlichen persönlichen Abhängigkeit. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 142-144 der Akten) verwiesen.

Das am 15. August 2012 verkündete Urteil wurde dem Vertreter des Klägers am 16. Oktober 2012 zugestellt. Er hat dagegen mit einem am 3. September 2012 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Kläger der Auffassung, das Arbeitsgericht habe den Vertrag vom 14. Juni 2011 zu Unrecht nicht als Arbeitsvertrag angesehen. Hierfür spreche zunächst, dass ihm eine Leitungsfunktion übertragen worden sei, was in freier Mitarbeit nicht möglich wäre. Der Kläger habe eine Aufgabe wahrgenommen, die zuvor von einem Arbeitnehmer, Herrn Dr. T, ausgeübt worden sei. Der Kläger sei weisungsbefugt gegenüber dem medizinischen und sonstigen Personal seines Bereichs an allen drei Standorten gewesen. Für die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers spreche auch, dass es ihm oblegen habe, die Zuweisungsstrukturen weiter auszubauen. Eine derartige Stabsfunktion könne nur in unmittelbarer Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung und damit in einem Arbeitsverhältnis ausgeübt werden. Sämtliche der vom Kläger ausgeübten drei Tätigkeitsbereiche würden typischerweise in einer Klinik von angestellten Personen, allerdings mit Führungseigenschaft, wahrgenommen. Wenn selbst der Chefarzt einer Klinik aufgrund seiner organisatorischen Einbindung als Arbeitnehmer anzusehen sei, müsse dies auch für den Kläger gelten. Der Kläger sei von den betrieblichen Mitteln und Gegenständen sowie der Betriebseinrichtung der Beklagten abhängig gewesen und habe seine Aufgaben nur hiermit ausüben können. Es sei in die betriebliche Ordnung des Unternehmens eingebunden gewesen. Er habe einen betrieblichen Arbeitsplatz, eine betriebliche Telefonnummer und Intranetanschluss gehabt. Der Kläger habe -im Gegensatz zu den bei der Beklagten beschäftigten freien Mitarbeitern- an allen betrieblichen Veranstaltungen wie ein Arbeitnehmer teilgenommen. Dem Kläger seien Arbeitszeiten vorgegeben und Patienten zugewiesen worden. Der Kläger habe die Raumvorgaben der Beklagten beachten müssen. So sei er angewiesen worden, auch Tätigkeiten über den Standort B hinaus, nämlich in L und in N, auszuführen. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Vertrag über die vereinbarte Befristung von sechs Monaten hinaus unbefristet fortgesetzt worden sei. Bei Honorarärzten sei dies absolut unmöglich. Die Höhe der Vergütung des Klägers spreche nicht gegen ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger habe kein anderweitiges Einkommen erzielt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 15. August 2012 -2 Ca 96/12- abzuändern und nach den erstinstanzlichen Schlussanträgen zu 1 und 2 zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend. Der Kläger sei als selbstständiger Honorararzt für die Beklagte tätig gewor...

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