Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Arbeitsverhältnis und freiem Dienstverhältnis bei einem Krankenhausarzt. Aussetzung des arbeitsgerichtlichen Statusfeststellungsverfahrens bis zum Abschluss eines parallel betriebenen sozialversicherungsrechtlichen Verfahrens der Deutschen Rentenversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Tätigkeit eines Krankenhaus- oder Klinikarztes kann typologisch sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als Honorararzt erbracht werden. Das folgt bereits aus § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 KHEntgG und ist nicht beschränkt auf Ärzte mit Facharztqualifikation.
2. Haben die Parteien sich danach für den Vertragstyp des freien Honorararztvertrages entschieden, sind sie an dieser Wahl festzuhalten, es sei denn die tatsächliche Vertragsabwicklung stünde dem entgegen und ergäbe im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung, dass abweichend vom vertraglich Vereinbarten tatsächlich doch ein Arbeitsverhältnis vorgelegen hat (hier verneint). Die Darlegungs- und Beweislast für eine solche abweichende Vertragspraxis trägt der ein Arbeitsverhältnis geltend machende Kläger.
3. Die Aussetzung eines arbeitsgerichtlichen Statusfeststellungsverfahrens bis zum Abschluss eines parallel betriebenen sozialversicherungsrechtlichen Statusfeststellungsverfahrens der Deutschen Rentenversicherung kommt nicht in Betracht. Es fehlt an einer zumindest teilweise rechtlich präjudiziellen Bedeutung der sozialversicherungsrechtlichen Prüfung für das arbeitsgerichtliche Verfahren im Sinne von § 148 ZPO.
Normenkette
KSchG § 4; ZPO § 256; HGB § 84; BGB § 611 Abs. 1, § 611; KHEntgG § 2 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 30.05.2017; Aktenzeichen 4 Ca 1176/17) |
Tenor
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 30.05.2017 - Az.: 4 Ca 1176/16 - wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und dessen Beendigung.
Die Beklagte betreibt eine Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in X.. Sie beschäftigt mehr als 10 vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Der am 13.12.1977 geborene Kläger ist approbierter Arzt ohne Facharztqualifikation. Er hat sich bei der Firma T. GmbH, einem Personaldienstleistungsunternehmen, das sich auf die Vermittlung von Ärzten und Fachärzten spezialisiert hat, beworben. Von der Firma T. GmbH wurde für den Kläger ein Profil als freiberuflicher AA PP G.S. erstellt (Blatt 80 der Akte). Die Beklagte arbeitet mit der Firma T. GmbH zusammen.
Unter dem 20.11.2015 wandte sich der Kläger per E-Mail an den Personalleiter der Beklagten, Herrn U. L., und teilte diesem mit, dass er bei der Beklagten gerne Dienste auf Honorarbasis übernehmen wolle. Er habe eine eigene Berufshaftpflichtversicherung und sein Honorar betrage 80,00 € pro Stunde (Blatt 82 der Akte).
Unter dem 23.11.2015 schlossen die Beklagte und die Firma T. GmbH einen Vermittlungsvertrag zur Vermittlung der ärztlichen Leistungen des Klägers für die Zeit vom 08.12.2015 bis 30.12.2015 für einzelne Dienste (Blatt 83 der Akte).
Außerdem schlossen der Kläger und die Beklagte unter dem 23.11.2015 einen Vertrag, der als "Honorararztvertrag" bezeichnet wurde. Nach diesem Vertrag sollte der Kläger in der Zeit vom 08.12.2015 bis 30.12.2015 einzelne Regel- und Bereitschaftsdienste als Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie für die Beklagte erbringen. In dem Vertrag heißt es weiter auszugsweise wie folgt:
"§ 2 Freiberuflichkeit des Auftragnehmers
a)Der Auftragnehmer übt seine Tätigkeit freiberuflich aus. Er ist dem Auftraggeber und seinen leitenden Abteilungsärzten weder zeitlich, örtlich, noch inhaltlich weisungsunterworfen. Er ist und wird nicht Angestellter des Auftraggebers. Insbesondere ist der Arzt in seiner Verantwortung in Diagnostik und Therapie unabhängig und nur dem Gesetz verpflichtet.
b)Der Einsatz des Auftragnehmers ist zeitlich begrenzt. Der Auftraggeber ist nicht der einzige Auftraggeber des Auftragnehmers.
c)Der Auftragnehmer sichert zu, regelmäßig auch für andere Auftraggeber als selbständiger Honorararzt tätig zu sein."
Als Honorar vereinbarten die Parteien 80,00 Euro pro Stunde sowie die kostenfreie Zurverfügungstellung einer Unterkunft durch die Beklagte. Unter § 5 a) des Vertrages regelten sie, dass der Beginn und das Ende der täglichen Dienstzeiten wie auch die Teilnahme am Rufbereitschaftsdienst zwischen den Vertragspartnern aufgrund gegenseitiger Abstimmung von Fall zu Fall einvernehmlich festgelegt würde (Blatt 15 ff. der Akte).
In der Folgezeit wurde der Kläger von der Beklagten in der Zeit vom 08.12.2015 bis 30.12.2015 161 Stunden eingesetzt und stellte gegenüber der Beklagten unter dem 07.01.2016 eine Rechnung über 12.880,00 € (Blatt 84 der Akte). Die Beklagte setzte den Kläger auch über den 30.12.2015 hinaus bis Anfang Januar 2016 ein. Für den Einsatz nach dem 30.12.2015 schloss die Beklagte mit der ...