Zugelassene Revision
Entscheidungsstichwort (Thema)
Stahlbiege- und -flechtarbeiten
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 28 VTV für das Baugewerbe in der ab 01. Jan. 1990 geltenden Fassung
Normenkette
TVG § 1 Tarifvertrage: Bau; VTV für das Baugewerbe § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 28; TVG § 5
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 30.10.1991; Aktenzeichen 6 Ca 147/91) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 30. Oktober 1991 – 6 Ca 147/91 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Auskunftserteilung für den Zeitraum April 1990 bis Juni 1991 einschließlich (betreffend die Zahl der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer, die entsprechende Bruttolohnsumme sowie die an den Kläger nach tarifvertraglicher Maßgabe abzuführenden entsprechenden Beiträge) und zur Entschädigungszahlung für den Fall nicht fristgerechter Auskunftserteilung (DM 27.000,–).
Der Kläger, ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, war im streitbefangenen Zeitraum als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach näherer tarifvertraglicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge der baugewerblichen Arbeitgeber im Bereich der B. und des L. zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Im Klagezeitraum waren alle baugewerblichen Arbeitgeber verpflichtet, dem Kläger nach einem tarifvertraglich im einzelnen näher ausgestalteten Verfahren mitzuteilen, wieviele Arbeitnehmer sie beschäftigten, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, ebenso in welcher Höhe die lohnsteuerpflichtige Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den entsprechenden Monaten angefallen sind. Diese Verpflichtung ergab sich aus § 27 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 in der jeweils geltenden Fassung (Verfahrenstarifvertrag, VTV), der im streitbefangenen Zeitraum durchweg für allgemeinverbindlich erklärt war.
Die Beklagte unterhält einen Stahlbiege- und -flechtbetrieb.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug behauptet, in dem Betrieb der Beklagten würden zu mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit folgende Arbeiten ausgeführt:
Biegen und Flechten von Betonstählen zu Bewehrungen, wobei Betonstähle mit geringem Durchmesser mit der Handbiegemaschine, größere Stabdurchmesser mit der elektrischen Biegemaschine gebogen werden und mit einer Flechtzange bzw. einer Maschine die einzelnen Betonstähle mit Bindedraht verbunden werden;
Verlegen der zuvor hergestellten Bewehrung (Stahlmatten, Bewehrungskörbe, Stahlbügel) auf den Baustellen zur Erstellung von tragenden Wänden, Decken und Böden.
Diese Tätigkeiten, die im Großraum Hamburg ausgeführt würden, ergäben sich aus den bei der Beklagten befindlichen Unterlagen. Die Beklagte hat im ersten Rechtszug die Ansicht vertreten, damit befasse sich die Beklagte nicht nur mit Stahlbiegen, sondern mit Beton- und Stahlbetonbau. Bestätigt werde dies dadurch, daß die beiden Geschäftsführer der Beklagten gelernte Betonbauer seien, weiter dadurch, daß das durch die Beklagte am 4. September 1990 ausgefüllte Stammblatt „Beton- und Stahlbetonbau” ausweise und die Beklagte am 31. Mai 1990 in die Handwerksrolle mit dem Beton- und Stahlbetonbauerhandwerk eingetragen worden sei. Für den weiteren erstinstanzlichen Klägervortrag wird ergänzend Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 18. Juni 1991 (Bl. 7/8 d.A.).
Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
- ihm auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten April 1990 bis Juni 1991 in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die lohnsteuerpflichtige Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den genannten Monaten angefallen sind,
- für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, dem Kläger folgende Entschädigung zu zahlen: DM 28.800,00.
Dem gegenüber hat die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, bei ihrem Betrieb handele es sich um einen Stahlbiegebetrieb, der nicht vom VTV erfaßt werde. Sie hat behauptet, es würden nur Stahlbiege- und -flechtarbeiten ausgeführt, andere Bauleistungen würden nicht erbracht.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 30. Oktober 1991 die Klage abgewiesen, da der klägerische Vortrag nicht schlüssig sei. Dieses Urteil, auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 34 b...