Entscheidungsstichwort (Thema)
Sittenwidriges Gehalt einer Pflegedienstleitung. Geltendmachung von Mehrarbeitsvergütung. Anspruch aus arbeitsrechtlichem Gleichbehandlungsgrundsatz. Zahlung auf fremdes Konto
Leitsatz (redaktionell)
Wird das Arbeitsentgelt nicht auf dem Konto des Gläubigers, sondern auf ein anderes Konto überwiesen, hängt eine Erfüllung davon ab, ob der Gläubiger damit einverstanden ist.
Normenkette
BGB § 362 Abs. 1; ZPO §§ 829, 851c; BUrlG § 7 Abs. 3; BGB § 612 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 09.10.2012; Aktenzeichen 6 Ca 120/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihrer Berufung und der Anschlussberufung der Beklagten im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 09. Oktober 2012 - 6 Ca 120/12 - teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu formuliert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 15. März 2012 nicht vor dem 30. April 2012 geendet hat.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
2.300,00 EUR (in Worten: Zweitausenddreihundert und 0/100 Euro) brutto abzüglich 1.177,05 EUR (in Worten: Eintausendeinhundertsiebenundsiebzig und 05/100 Euro) netto,
2.300,00 EUR (in Worten: Zweitausenddreihundert und 0/100 Euro) brutto abzüglich 477,05 EUR (in Worten: Vierhundertsiebenundsiebzig und 05/100 Euro) netto,
2.300,00 EUR (in Worten: Zweitausenddreihundert und 0/100 Euro) brutto abzüglich 563,79 EUR (in Worten: Fünfhundertdreiundsechzig und 79/100 Euro) netto,
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus den Beträgen zu Ziffern 1-3 seit 11. Mai 2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 82,5%, die Beklagte 17,5% zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine außerordentliche Kündigung und begehrt Vergütung und Urlaubsabgeltung.
Die Beklagte ist eine "Limited" nach englischem Recht und betreibt in A einen ambulanten Pflegedienst. Der Geschäftsführer (Director) der Beklagten ist der Ehemann der Klägerin. Die Eheleute leben seit Februar 2012 getrennt.
Die am XX.XX.19XX geborene Klägerin ist ausweislich des Anstellungsvertrages vom 01. November 2007 die Pflegedienstleiterin der Beklagten. Zur Wiedergabe des Inhalts des Vertrags wird auf die mit der Klageschrift überreichten (unvollständigen) Kopien (Bl. 9 - 16 d.A.) verwiesen. Die Parteien haben übereinstimmend vorgetragen, dass die der Klägerin nach § 5 des Anstellungsvertrages zustehende Vergütung auf 2.300,00 € brutto im Monat abgeändert wurde. Die Beklagte beschäftigt weniger als 10 Arbeitnehmer.
Die Vergütung der Klägerin wurde in den Monaten Januar bis März 2011 auf der Grundlage von 600,00 € brutto bzw. 1.750,50 € (incl. Urlaubsabgeltung im Januar) abgerechnet, danach rechnete die Beklagte die vereinbarten 2.300,00 € brutto ab. Als Ausnahme dazu wurde im September 2011 eine Vergütung von 3.000,00 € brutto abgerechnet. Die Abrechnung für Oktober 2011 wies folgend nur ein Bruttogehalt von 1.600,00 € auf (vgl. Kopie Verdienstbescheinigung "06/2011 - 12/2011" als Anlage zur Klageschrift, Bl. 18 d.A.; sowie Kopien sämtlicher Monatsabrechnungen als Anlage K 9 zum Schriftsatz der Beklagten vom 31. Juli 2012, Bl. 117 - 129 d.A.).
Die Nettovergütung wurde (bis auf einen Teilbetrag von 515,36 €) auf das Konto des Ehemanns der Klägerin, also des Geschäftsführers der Beklagten, bei der B A, Nr. XXX, überwiesen. Für dieses Konto ist bei der B keine Vollmacht für die Klägerin hinterlegt, für sie wurde keine EC-Karte ausgestellt.
Die Kläger besaß in dieser Zeit ein eigenes Konto bei der C (Kto-Nr. XXX, BLZ XXX).
Wie im Berufungsverfahren unstreitig geworden ist, wurden Gehaltsüberweisungen sowohl von dem Geschäftsführer der Beklagten als auch von der Klägerin veranlasst. Die Abrechnung aller Löhne und Gehälter ließ die Beklagte von dem Steuerberaterbüro D in E erledigen, in welchem die Schwester der Klägerin tätig war. Die Parteien haben in der Berufungsverhandlung vom 15. Januar 2014 eingeräumt, dass die für die Vergütungsabrechnungen notwendigen Daten sowohl von dem Geschäftsführer der Beklagten als auch von der Klägerin an das Steuerbüro weitergeleitet wurden, allerdings mit streitigen zeitlichen Anteilen.
Die Klägerin legte am 29. September 2011 eine eidesstattliche Versicherung ab. Im Oktober 2011 wurden der Beklagten zwei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zugestellt, durch welche das Arbeitseinkommen der Klägerin gepfändet wurde (Anlage K 10 zum Schriftsatz der Beklagten vom 31. Juli 2012, Bl. 130 - 139 d.A.). Die Pfändungen wurden bei den Abrechnungen der Vergütung der Klägerin für November und Dezember 2011 berücksichtigt (Kopien der Monatsabrechnungen s. Anlage K 9 zum Schriftsatz der Beklagten vom 31. Juli 2012, Bl. 128 f. d.A.).
Das Gehalt für Januar 2012 erhielt die Klägerin in bar, wobei die Parteien nur darüber streiten, ob der Geschäftsführer der Beklagten berechtigt war, von dem Brutt...