Entscheidungsstichwort (Thema)

Streit über Eingruppierung. Gehaltsgruppe und Gehaltsbandbreiten. Gesamtbetriebsvereinbarung und Tarifvorrang

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie wird gestört, wenn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung Regelungen schafft, die mit den Tarifbestimmungen in Konkurrenz stehen.

2. Grenzt man "Betreiben" von "Instandhalten" ab, so muss das "Betreiben" über den Erhalt der Funktionsfähigkeit einer Anlage und ihrer Komponenten hinausgehen, d.h., dass Ergänzungen, Erweiterungen und ein Ausbau eines Systems zu verlangen sind. Kapazitäten des Systems, an welchem ein Feldinstandhalter arbeitet, müssen ausgebaut und erweitert werden, damit dessen Tätigkeit als "Betreiben" qualifiziert werden darf.

3. Die Vergütungshöhe innerhalb des Gehaltsbandes ist vom Arbeitgeber gem. § 315 BGB zu bestimmen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer innerhalb der Bandbreite die durchschnittliche Vergütung, also den Mittelwert, zu gewähren, sofern er nicht Umstände vorträgt, die eine Unterschreitung derselben rechtfertigen.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 3; BGB §§ 315, 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 20.09.2010; Aktenzeichen 3 Ca 374/12)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 20. September 2010 - 3 Ca 374/11 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.312,45 EUR (in Worten: Sechsundzwanzigtausenddreihundertzwölf und 45/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

- aus jeweils 470,45 EUR (in Worten: Vierhundertsiebzig und 45/100 Euro) brutto seit dem 01. Februar 2006, dem 01. März 2006, dem 01. April 2006, dem 01. Mai 2006, dem 01. Juni 2006, dem 01. Juli 2006,

- aus jeweils 427,53 EUR (in Worten: Vierhundertsiebenundzwanzig und 53/100 Euro) brutto seit dem 01. August 2006, dem 01. September 2006, dem 01. Oktober 2006, dem 01. November 2006, dem 01. Dezember 2006, dem 01. Januar 2007,

- aus jeweils 354,92 EUR (in Worten: Dreihundertvierundfünfzig und 92/100 Euro) brutto seit dem 01. Februar 2008, dem 01. März 2008, dem 01. April 2008, dem 01. Mai 2008, dem 01. Juni 2008, dem 01. Juli 2008, dem 01. August 2008, dem 01. September 2008, dem 01. Oktober 2008, dem 01. November 2008, dem 01. Dezember 2008, dem 01. Januar 2009, dem 01. Februar 2009, dem 01. März 2009, dem 01. April 2009, dem 01. Mai 2009, dem 01. Juni 2009, dem 01. Juli 2009, dem 01. August 2009, 01. September 2009, dem 01. Oktober 2009, dem 01. November 2009, dem 01. Dezember 2009, dem 01. Januar 2010, dem 01. Februar 2010, dem 01. März 2010, dem 01. April 2010, dem 01. Mai 2010, dem 01. Juni 2010, dem 01. Juli 2010,

- aus jeweils 361,38 EUR (in Worten: Dreihunderteinundsechzig und 38/100 Euro) brutto seit dem 01. August 2010, dem 01. September 2010, dem 01. Oktober 2010, dem 01. November 2010, dem 01. Dezember 2010, dem 01. Januar 2011, 01. Februar 2011, dem 01. März 2011, dem 01. April 2011, dem 01. Mai 2011, dem 01. Juni 2011, dem 01. Juli 2011, dem 01. August 2011, dem 01. September 2011, dem 01. Oktober 2011, dem 01. November 2011, dem 01. Dezember 2011, dem 01. Januar 2012,

- aus jeweils 239,00 EUR (in Worten: Zweihundertneununddreißig und 00/100 Euro) brutto seit dem 01. Februar 2012, dem 01. März 2012, dem 01. April 2012, dem 01. Mai 2012, dem 01. Juni 2012, dem 01. Juli 2012, dem 01. August 2012 und dem 01. September 2012

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Hinsichtlich der Kosten gilt:

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz hat der Kläger 70%, die Beklagte 30% zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 22%, die Beklagte 78% zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um von der zutreffenden Eingruppierung der Tätigkeit des Klägers abhängige Vergütungsansprüche seit 2006.

Die Beklagte hat zum 01. März 2007 von der A den Betrieb ihres Mobilfunknetzes übernommen.

Der Kläger hat eine abgeschlossene Berufsausbildung als Kommunikationselektroniker, Fachrichtung Funktechnik. Er arbeitet seit 01. September 2003 als Feldinstandhalter (Netzüberwacher) der A und folgend der Beklagten als Rechtsnachfolgerin (§ 613a BGB), zuvor war er als Netzüberwacher tätig. Wegen des Inhalts des am 14. Juni 2000 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgegebenen Einstellungszusage und deren Bedingungen sowie der Änderungsmitteilung vom 08. September 2003 wird auf die Anlagen zur Sitzungsniederschrift vom 26. Juni 2013 verwiesen (Bl. 282 - 285 d.A.).

Bei der A und der Beklagten bestimmte sich bis zu einem nicht genauer mitgeteilten Zeitpunkt im Jahr 2012 die Vergütung der Mitarbeiter nach der Gesamtbetriebsvereinbarung "Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze" vom 30. Juni 2000 (folgend: GBV, vgl. deren vollständige Wiedergabe als Anlage B1 zur Klageerwiderung, Bl. 84 - 108 d.A.).

Die GBV s...

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