Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahme eines baugewerblichen Betriebes, in dem Erdbewegungs- und Baggerarbeiten ausgeführt werden, am Sozialkassenverfahren im Baugewerbe
Leitsatz (redaktionell)
§ 7 SokaSiG ist trotz der darin geregelten Rückwirkung nicht verfassungswidrig.
Orientierungssatz
Nur teilweise zulässige und im Übrigen unbegründete Berufung gegen Entscheidung des Arbeitsgerichts, mit welchem einer Beitrags- und Zinsklage nach dem VTV stattgegeben wurde. Anwendung des SokaSiG unter Bezugnahme auf 10 Ta 524/16 und 10 Sa 907/16.
Normenkette
SokaSiG § 7
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 23.03.2016; Aktenzeichen 3 Ca 269/15) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 23. März 2016 - 3 Ca 269/15 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage der Zahlung von Verzugszinsen nach den Tarifverträgen über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe für den Zinszeitraum vom 01. Januar 2010 bis zum 30. Dezember 2012 bezogen auf Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte für die Kalendermonate Mai 2008 bis Dezember 2011.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er hat nach den tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes, namentlich dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV-Bau) und dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV), insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütungen zu sichern. Die hierzu erforderlichen Mittel haben die baugewerblichen Arbeitgeber durch Beiträge aufzubringen. Auf die Zahlung der Beiträge hat der Kläger einen unmittelbaren Anspruch. Die Beiträge, der Beitragseinzug sowie die Leistungen des Klägers sind im VTV geregelt.
Der Beklagte unterhält einen baugewerblichen Betrieb, in welchem Erdbewegungs- und Baggerarbeiten ausgeführt werden. Er ist nicht Mitglied in den tarifschließenden Verbänden des Baugewerbes.
Die zu verzinsenden Beiträge für den Zeitraum von Mai 2008 bis September 2009 wurden mit vier Vollstreckungsbescheiden des Arbeitsgerichts Wiesbaden (3 Ba 3696/08, 3 Ba 94/09, 3 Ba 1827/09 und 3 Ba 4529/09) und die für den Zeitraum von Oktober 2009 bis November 2010 mit Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 16. Mai 2012 (3 Ca 875/11) jeweils rechtskräftig tituliert. Die zu verzinsenden Beiträge für den Zeitraum von Dezember 2010 bis Dezember 2011 wurden mit einem im Jahr 2014 beantragten Mahnbescheid gerichtlich geltend gemacht und sind Gegenstand des zwischen den Parteien zwischenzeitlich zu Gunsten des Klägers zweitinstanzlich entschiedenen Parallelverfahrens unter dem Aktenzeichen 12 Sa 1014/16. Da die erkennende Kammer in diesem Verfahren die Revision zugelassen hat, ist die Entscheidung bislang nicht rechtskräftig.
In dem vorliegenden Klageverfahren begehrt der Kläger Zinsen für den Zinszeitraum vom 01. Januar 2010 bis zum 30. Dezember 2012 auf die rechtskräftig titulierten Beiträge sowie auf die Beitragsforderung für den Zeitraum Dezember 2010 bis Dezember 2011, die Gegenstand des Verfahrens 12 Sa 1014/16 war. Die streitgegenständlichen Zinsansprüche sind mit drei Mahnbescheid Anträgen noch im Kalenderjahr 2014 bei dem Arbeitsgericht Wiesbaden anhängig gemacht worden. Die auf die Anträge ergangenen Mahnbescheide datieren vom 27. Januar 2015. Nach jeweiligem Widerspruch wurden die Verfahren zunächst unter den Aktenzeichen 3 Ca 269/15, 3 Ca 270/15 und 3 Ca 271/15 geführt und von dem Arbeitsgericht Wiesbaden mit Beschluss vom 03. September 2015 unter dem Az. 3 Ca 269/15 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Hinsichtlich der Begründung des Klageanspruchs und der Berechnung der Zinsforderung wird im führenden Verfahren 3 Ca 269/15 auf Blatt 7 ff. der Akte sowie auf den Mahnbescheid vom 27. Januar 2015 (Blatt 1 der Akte) verwiesen. In dem verbundenen Verfahren 3 Ca 270/15 wird diesbezüglich auf Blatt 1, 7 ff. und 21 f. der Akte verwiesen, in dem verbundenen Verfahren 3 Ca 271/15 auf Blatt 1 und 7 ff. der Akte.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein, da die Forderung schon nicht schlüssig dargelegt sei. Auch hat er behauptet, sein Betrieb unterfalle nicht dem Geltungsbereich des VTV. Daher hat er gemeint, es bestehe weder eine fällige Hauptforderung, noch ein Verzugszinsanspruch. Vorsorglich hat der Beklagte die Einrede der Verjährung und den Einwand der Verwirkung erhoben. Höchst vorsorglich hat er die Aufrechnung erklärt, da ihm ein Erstattungsbetrag i.H.v. 18.494,85 EUR zustehe. Auch hat der Beklagte Erfüllung behauptet. Hinsichtlich des Vorbringens des Beklagten im Einzelnen wird im führenden Verfahren 3 Ca 269/15 auf Blatt 22 f., 40 f und 64 ff. der Akte verwiesen. In dem verbundenen Verfahren 3 ...