Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
Die Annahme einer Änderungskündigung, die schon aus anderen Gründen als mangelnder sozialer Rechtfertigung unwirksam ist, durch den Arbeitnehmer unter Vorbehalt ist jedenfalls dann bei im übrigen erfüllten Voraussetzungen gem. §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1, 4 und 2 Satz 2 KSchG wirksam möglich, wenn die Änderung der Arbeitsbedingungen auch sozial ungerechtfertigt ist und diese Feststellung vom Gericht getroffen wird (im Anschluß an BAG Urteil vom 29.1.1981, 2 AZR 1055/78 AP Nr. 6 zu § 9 KSchG 1969 Revision zugelassen).
Normenkette
KSchG §§ 2, 1 Abs. 1-2, § 13 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 07.06.1988; Aktenzeichen 12 Ca 384/87) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juni 1988 – 12 Ca 384/87 – teilweise abgeändert und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
1) Es wird festgestellt, daß die Änderungskündigung der … vom 27. November 1987, zugegangen am 30. November 1987 gegen 10.00 Uhr, unwirksam ist.
2) Es wird festgestellt, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der … vom 27. November 1987, zugegangen am 30. November gegen 15.00 Uhr, insoweit sozial ungerechtfertigt ist, als nicht eine Beschäftigungszeit vor Juni 1957 in Betracht kommt und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien insoweit zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 4. April 1985 fortbesteht.
3) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.263,15 DM (i. W. eintausendzweihundertunddreiundsechzig 15/100 Deutsche Mark) brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag ist, ab- und die Berufung zurückgewiesen.
4) Im übrigen werden die Klage, soweit sie nicht zurückgenommen worden ist, ab- und die Berufung zurückgewiesen.
5) Die Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/5, die Beklagte zu 4/5 noch einem Wert von 2.843,15 DM (i. W. zweitausendachthundertdreiundvierzig 15/100 Deutsche Mark).
6) Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Berufungsinstanz auf 2.448,15 DM neu festgesetzt.
7) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch um die soziale Rechtfertigung und Unwirksamkeit zweier Änderungskündigungserklärungen sowie über einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung eines – weitergehenden – Weihnachtsgeldbetrages.
Der am 24. Mai 1934 geborene Kläger ist verheiratet und hat keine unterhaltsberechtigten Kinder; seine Ehefrau war im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung berufstätig. Er war im Jahre 1987 Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr. Früher war er Kraftfahrzeugmechaniker (Zwischenzeugnis des … vom 21. Juli 1965, Hülle Bl. 138 d.A.) und hat später zum Bürokaufmann umgeschult (Prüfungszeugnis ohne Datum Bl. 103 d.A.).
Der … (…) der … verfügt auf dem Gelände des „…”, … in …, auch über eine Autoreparaturwerkstatt. Diese wurde eine Reihe von Jahren nicht von dem … selbst, sondern von Privatunternehmern betrieben, die jeweils mit … einen Konzessionsvertrag nach dem Recht des der … geschlossen hatten. Diese erhielten von … aus den Einnahmen eine nach einem bestimmten Schlüssel errechnete Vergütung, mußten aber einen Teil als Konzessionsabgabe an … abführen. Für das Personal war der Konzessionär selbst verantwortlich. Der Kläger war zunächst vom 5. Oktober 1955 bis zum 24. Juli 1959 und erneut seit dem 9. September 1959 als Arbeitnehmer bei dem …, später mit Unterbrechung von 1965 bis 1967 bei verschiedenen Konzessionären tätig. In diesem Rahmen arbeitete er bis zum 31. Mai 1987 aufgrund des Arbeitsvertrages (AV) vom 4. April 1985 (Original Hülle Bl. 118 d.A.), Kopie Bl. 7–10 d.A.) bei der … (im folgenden …), Geschäftsführer … seit dem 1. Dezember 1982 gem. § 1 AV als „Verkäufer SPO-Aufträge”. Seine Tätigkeiten waren: „Techn. Eink. – und Verkäufe im Ersatzteilwesen. Erstellen von Kostenvoranschlägen f. Kunden in Werkstatt und Verkauf. Kundenrechnungen f. Ersatzteile. „Das Arbeitsverhältnis richtete sich in wesentlichen kraft einzelvertraglicher Vereinbarung in den §§ 2, 4–9 und 12 AV nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den in dem Gebiet der TV AL II. Als Vergütungsgruppe war C 5–5–E mit bei Vertragsschluß 2.670,– DM brutto monatlich vereinbart, § 4 AV. Der Arbeitsvertrag enthielt am Ende nach den Unterschriften der Vertragsparteien den maschinenschriftlichen Zusatz: „das Arbeitsverhältnis besteht seit 1955 mit der … gem. Para. 8 des TVAL II”. Der letzte Konzessionsvertrag von … mit der … war am 28. März 1985 befristet für die Zeit vom 1. Juni 1985 bis zum 31. Mai 1987 geschlossen worden und wurde nicht verlängert. … kaufte von der … Werkzeuge und Material für 14.369,– DM (Bl. 45 d.A.). Der Kläger war bis zur Betriebsratswahl im April oder Mai 1987 Mitglied des in dem Betrieb der gebildeten Betriebsrates und dessen stellvertretender Vorsitzender. Am 20. Mai 1987 richtete ...