Entscheidungsstichwort (Thema)
Anpassung der Betriebsrente. Betriebliche Altersversorgung. Voraussetzungen für die Anpassung einer Betriebsrente
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber als Versorgungsschuldner alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und darüber nach billigem Ermessen zu entscheiden.
2. Der Arbeitgeber kann die Betriebsrentenanpassung im Hinblick auf seine wirtschaftliche Lage ablehnen, wenn sein Unternehmen durch die Anpassung übermäßig belastet und seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet wird. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber annehmen darf, dass es ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wettbewerbszuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen, wobei es auf die voraussichtliche Entwicklung der Eigenkapitalverzinsung und der Eigenkapitalausstattung des Unternehmens ankommt.
3. Die angemessene Eigenkapitalverzinsung besteht aus einem Basiszins und einem Zuschlag für das Risiko, dem das im Unternehmen investierte Kapital ausgesetzt ist; als Basiszins kann die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen herangezogen werden; der Risikozuschlag beträgt dabei einheitlich 2 %.
Normenkette
BetrAVG §§ 16, 16 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 25.01.2011; Aktenzeichen 18 Ca 4856/10) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 25.01.2011 - 18 Ca 4856/10 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist die Betriebsrente, die der Kläger seit dem 01. Dezember 2000 erhält, zum 01. Januar 2010 anzupassen.
Der am 28.Juli 1937 geborene Kläger war vom 01. April 1957 bis zum 30. November 2000 bei der A beschäftigt. Er erhielt von dieser ab dem 01. Januar 1998 eine Betriebsrente von ursprünglich 3.034,- € nach der Versorgungsordnung der A. Die A wurde im Mai 2009 auf die Beklagte verschmolzen.
Die A hatte die Betriebsrente alle 3 Jahre zum 01. Januar angepasst, ihrem allgemeinen jährlichen Termin der Anpassungsprüfung, zuletzt zum 01. Januar 2007 auf 3.350,- EUR monatlich.
Zum 01. Januar 2010 prüfte die Beklagte eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers zusammen mit der von über 4000 weiteren Pensionären der Beklagten. Die Beklagte lehnte eine Anpassung ab im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Lage. Der Kläger widersprach dem innerhalb von drei Monaten.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, Ihm stehe ab 1. Januar 2010 eine um 164,15 EUR höhere Betriebsrente zu. Die dem Kläger gewährte Betriebsrente sei zum 01. Januar 2010 jedenfalls um 4,59 % zu erhöhen, entsprechend dem Anstieg des Verbraucherpreisindexes von Januar 2007 bis Januar 2010. Da die Beklagte den vergleichbaren Betriebsrentnern der "A Lateinamerika" eine Anpassung um 4,9% gewährt habe stehe ihm eine Erhöhung in gleichem Maße zu. Der Kläger bestreitet, dass die wirtschaftliche Lage der Beklagten eine Anpassung nicht ermögliche. Unternehmensdaten machten deutlich, dass nicht längerfristige strukturelle eigene Probleme für die negative Ergebnisse ursächlich seien. Grund für die sprunghafte Verschlechterung im Jahr 2009 sei die Bankenkrise des Jahres 2008. Zum Erhöhungsstichtag seien bereits positive Erholungstendenzen auf dem Weltmarkt zu berücksichtigen gewesen. Die Beklagte habe zu diesem Zeitpunkt bereits wissen müssen, dass die künftige wirtschaftliche Entwicklung positiv sein werde. Bei einer geschätzten durchschnittlichen Betriebsrente von jährlich 6.000 € sowie unter Berücksichtigung des unstreitigen Geldwertverlustes von 4,59% errechneten sich bei 4000 Pensionären ein Erhöhungsbetrag von rund 1,2 Millionen € jährlich. Das machte nur einen geringen Teil der Gesamtkosten der Beklagten aus und könne geleistet werden, ohne dass eine positive Unternehmensentwicklung oder Arbeitsplätze gefährdet würden. Im Hinblick auf die Kosten für die von der Beklagten bei dem Finanzmarktstabilisierungsfonds beantragte Zustimmung zur Erhöhung der Gehälter der Vorstandsmitglieder sei dieser Betrag ohne weiteres von der Beklagten aufzubringen. Die begehrte Betriebsrentenerhöhung werde die Beklagte langfristig nicht so schwächen, dass die ausgezehrt werde oder gar durch die Anpassungsbelastungen Arbeitsplätze in Gefahr gerieten. Zu berücksichtigen sei auch, dass zum Stichtag
1. Januar 2009 die seinerzeitige A die Betriebsrente um 7,28% angepasst habe. Dem habe zugrunde gelegen, dass es sich bei der so genannten "Bankenkrise" um eine kurzfristige Erscheinung handele, die im Ergebnis das strategische Gesamtgeschäft nicht wirklich beeinflussen könne. Nach dem Konzernabschluss zum 31. Dezember 2009 seien Pensionsverpflichtungen von 5.699 Millionen € ausgewiesen, von denen ...