Entscheidungsstichwort (Thema)
Anpassung der Betriebsrente. Zinsen auf Betriebsrente. Kein Verstoß des § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG gegen Verschlechterungsverbot
Leitsatz (redaktionell)
1. Zinsen auf einen Betriebsrentenanspruch können erst ab der Rechtskraft der Entscheidung verlangt werden.
2. § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das europarechtliche Verschlechterungsverbot vor.
Normenkette
BetrAVG § 16 Abs. 1, 3 Nr. 2; BGB § 315 Abs. 3; ZPO § 92 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 23.11.2016; Aktenzeichen 10 Ca 60/16) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichtes Offenbach am Main vom 23. November 2016 – 10 Ca 60/16 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 439,92 EUR (in Worten: Vierhundertneununddreißig und 92/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtskraft der Entscheidung im vorliegenden Verfahren auf eine monatliche Zahlung ab dem Monat Dezember 2016 in Höhe von 16,92 EUR (in Worten: Sechzehn und 92/100 Euro) weitere Betriebsrente über die vom BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G. gezahlten 920,07 EUR (in Worten: Neunhundertzwanzig und 07/100 Euro) brutto monatlich hinaus, zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch zukünftig zu den Anpassungsstichtagen gem. § 16 BetrAVG alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, ausgehend von einer Ausgangsrente in Höhe von 472,33 EUR (in Worten: Vierhundertzweiundsiebzig und 33/100 Euro) brutto zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 55 % und die Beklagte 45 % zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Betriebsrente der Klägerin anzupassen. Die Klägerin begehrt eine Betriebsrentenerhöhung zum 01. Oktober 2014 sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle 3 Jahre zu prüfen, ob die laufenden Betriebsrentenleistungen der Klägerin anzupassen sind.
Zum 01. Oktober 2011 trat die Klägerin in den Ruhestand und bezieht seitdem eine Betriebsrente des BVV Versicherungsvereins des Bankgewerbes a.G. (im Folgenden: BVV) i.H.v. insgesamt 920,07 € brutto monatlich.
Der BVV hat für die bei ihm vorhandenen Versicherungstarife Abrechnungsverbände gebildet. Die Bildung dieser Abrechnungsverbände ist in den von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BaFin) genehmigten technischen Geschäftsplan des BVV wie folgt geregelt:
Es werden getrennte Abrechnungsverbände (AV) für den Alttarif, den Neutarif 1998 (Rechnungszins 4 %), den Neutarif 2005 (Rechnungszins 2,75 %), den Neutarif 2007 (Rechnungszins 2,25 %), den Neutarif 2012 (Rechnungszins 1,75 %), die Zusatzversicherungen 2002 (Rechnungszins 3,25 %), die Zusatzversicherungen 2004 (Rechnungszins 2,75 %), die Zusatzversicherungen 2007 (Rechnungszins 2,25 %) und die Zusatzversicherungen 2012 (Rechnungszins 1,75 %) gebildet.
Nach Maßgabe dieses technischen Geschäftsplans gehören zum Abrechnungsverband „Alttarif“:
AV Alttarif (Tarife DA, B, RA; Rechnungszins 4,0 %; geschlossen für Neuzugänge ab 01.01.2005, ARLEP/oG-V: Verträge, die vor dem 01.01.2012 aus auszugleichenden Verträgen im Alttarif entstanden sind).
Innerhalb des Abrechnungsverbandes „Alttarif“ erfolgt nach Maßgabe des technischen Geschäftsplans eine weitere Unterteilung in Gewinnverbände wie folgt:
Innerhalb des Abrechnungsverbandes Alttarif werden getrennte Gewinnverbände „Stammrentenbausteine bis 2004“ GV AT 2004 und „Stammrentenbausteine ab 2005“ (GV AT 2005) […] gebildet.
Die Klägerin gehörte bis zum 31. Dezember 2001 dem Tarif B (Alttarif) und ab dem 01. Januar 2002 dem Tarif DA (Alttarif) an.
Mit ihrer am 12. Februar 2016 eingereichten Klage hat die Klägerin die Anpassung der ihr monatlich bezahlten Betriebsrente i.H.v. 920,07 € brutto geltend gemacht. Dabei hat sie die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes vom 01. Oktober 2011 bis zum 01. Oktober 2014 um 4,1 von Hundert zugrunde gelegt und entsprechend eine Erhöhung um 37,72 € auf 957,79 € verlangt. Sie hat die Ansicht vertreten, diese Verpflichtung der Beklagten beruhe auf § 16 Abs. 1 BetrAVG. Ein Ausschluss der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG sei nicht gegeben. Das scheitere schon daran, dass das insoweit maßgebliche Übergangsrecht in § 30 c Abs. 1 a BetrAVG gegen höherrangiges Recht verstoße und damit die Bestimmung in ihrer derzeitigen Fassung nicht anwendbar sei. Unabhängig davon fordere die Anwendung der Ausnahmeregelung auch eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Zudem gelte die Regelung ohnehin nur, wenn Überschüsse entstünden. Ferner habe der BVV Überschüsse unzulässig verwendet, indem er sie in die Verlustrückstellu...