Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht eines Arbeitnehmers zur Übersendung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Fax oder E-Mail. Schadensersatzansprüche eines Arbeitnehmers wegen Mobbing
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, eine Kopie einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorab per Fax oder E-Mail zu übersenden.
2. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, so muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten gem. § 241 Abs. 2 BGB, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers i.S. von § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB oder eine sittenwidrige Schädigung i.S. von § 826 BGB begangen hat. Dies setzt eine Darlegung einzelner Vorgänge voraus, durch die zumindest in der Gesamtschau Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen nicht geeignet sind, derartige rechtliche Tatbestände zu erfüllen.
Normenkette
BGG §§ 280, 241 Abs. 2, §§ 823, 831; GG Art. 1-2, 33
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 23.04.2013; Aktenzeichen 4 Ca 8365/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23.04.2013 - 4 Ca 8365/12 - teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, die "1. Abmahnung" vom 23.10.2012 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 4/5, die Beklagte 1/5 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz, einen Anspruch auf Beförderung, diverse Vergütungsansprüche sowie einen Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung.
Die Beklagte ist eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in A. Der Kläger ist bei ihr seit dem 01. Februar 2011 als "Senior (Grade 4.2)" im Fachbereich "EMEIA Financial Services - Transaction Support" auf der Grundlage des am 10. Dezember 2010 geschlossenen Arbeitsvertrages mit einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt 5.000,00 Euro beschäftigt.
Nach Ziffer 2.2 des Anstellungsvertrages ist eine Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche vereinbart, wobei die täglich Arbeitszeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, 8 Stunden beträgt. Ferner ist die Leistung von Mehrarbeit - soweit erforderlich - vereinbart. Die Erfassung der Arbeitszeit wird den Arbeitnehmern überlassen. Von ihnen werden sogenannte "Personnel-Time-Sheets" ausgefüllt. Wegen des Inhalts der Schriftstücke im Einzelnen wird auf die Kopie Bl. 105 d. A. Bezug genommen. Neben dem Festgehalt erhält der Kläger einen Bonus, dessen Voraussetzungen sich nach der Gesamtbetriebsvereinbarung "über die Regelung einer Vergütungsstruktur für Fachmitarbeiter" vom 09. März 2010 richten. Wegen des Inhalts der Gesamtbetriebsvereinbarung im Einzelnen wird auf Bl. 54 bis Bl. 60 d. A. Bezug genommen. Gemäß dem zu dieser Gesamtbetriebsvereinbarung ergangenen Nachtrag vom 07. Juni 2011 wird geleistete Mehrarbeit, sofern sie nicht bereits durch Freizeitnahme, Zeitgutschrift/Auszahlung oder eine pauschale Abgeltung kompensiert wurde, bei der Festsetzung des Bonus angemessen berücksichtigt. In der Gesamtbetriebsvereinbarung über die Regelung eines einheitlichen Performance Management and Development Process (PMDP) sind Personalentwicklungsmaßnahmen geregelt. Nach der Präambel ist ihr Ziel den Mitarbeitern regelmäßige Beurteilungen hinsichtlich des Status und der Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen sowie ihrer Leistung zu geben, ihre Entwicklungsziele zu identifizieren und sie durch die Vereinbarung und Umsetzung konkreter Entwicklungsmaßnahmen zu fördern. Der in mehrere Phasen gegliederte Prozess endet mit einer zusammenfassenden Beurteilung. Für sie ist eine fünfstufige Ratingskala vorgesehen. Die Stufe 2 bedeutet, dass die Erwartungen teilweise erfüllt wurden. Wegen des weiteren Inhalts der Gesamtbetriebsvereinbarung wird auf die Kopie in 4 Ca 8698/12, Bl. 25 bis Bl. 32 d. A. verwiesen. Im "annual plan" für das Jahr 2012 wird als Ziel des Klägers die Beförderung zum "Manager" angegeben.
In den Zeiträumen 09.März bis 10. Juni 2011 sowie 05. Dezember 2011 bis 27. Januar 2012 wurde der Kläger bei einem Kunden der Beklagten in B eingesetzt. Die geleistete Arbeit wurde wie folgt bewertet:
"C arbeitet sich in die ihm übertragenen Arbeiten in angemessener Zeit ein. Sein Arbeitsstil ist gewissenhaft und qualitativ hochwertig. Er hat grundsätzlich ein gutes Verhältnis zum Mandanten aufbauen können. Operationelle Abstimmungsschwierigkeiten im Team wurden nach Absprache beseitigt. C zeigt Teamkompetenz und gab seine Erfahrungen hinsichtlich der Anwendung von Capital IQ weiter. PMO-Tätigkeiten nahm C jüngeren Teammitgliedern ab. Zukünftig sollte C bei abgegrenzten Projekten mehr Verantwortung übernehmen, um das Anforderungsprofil eines erfahrenen Seniors a...