Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerentsendung. Geltungsbereich der Bautarifverträge. Rohrleitungsbauarbeiten
Leitsatz (amtlich)
1.Rohrleitungsbauarbeiten im Sinne der Geltungsbereichsbestimmungen der Bautarifverträge liegen auch dann vor, wenn innerhalb von Industrieanlagen Rohrleitungen montiert werden. Zu den Rohrleitungsbauarbeiten gehört dabei kraft Sachzusammenhangs auch die mit der Rohrleitungsmontage einhergehende Montage von sonstigen Anlageteilen wie Steuerungselementen, Pumpen u.a.
2.Ein Betrieb mit Sitz im Ausland, der die vorgenannten Arbeiten mit entsandten Arbeitnehmern arbeitszeitlich überwiegend in der Bundesrepublik Deutschland ausführt, fällt unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie. Damit wird er seit 1. April 1999 nicht mehr von der Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Bautarifverträge erfasst.
Normenkette
AEntG § 1; TVG Tarifverträge: Bau § 1; TVG § 5
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 06.10.1999; Aktenzeichen 3 Ca 1080/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 6. Oktober 1999 – 3 Ca 1080/99 – teilweise abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage des Beklagten wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten EUR 2.644,87 (i.W.: Zweitausendsechshundertvierundvierzig 87/100 Euro) zu zahlen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 5/12, der Beklagte 7/12 zu tragen, die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin gegenüber dem Beklagten verpflichtet ist, für ihre in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer Urtaubskassenbetträge zu zahlen.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft ungarischen Rechts mit Sitz in (Ungarn). In … unterhält sie eine Niederlassung. Mit Hilfe ungarischer Arbeitnehmer, die zum deutschen Arbeitsmarkt zugelassen waren, führte sie 1999 in der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin Arbeiten aus. Die überwiegende Arbeitszeit der Arbeitnehmer entfiel darauf, im Auftrag des deutschen Unternehmens GmbH, das in eigener Produktionshalle Rohrleitungen, Apparate, Stahlkonstruktionen, Wärmetauscher und ä. für die chemische Industrie erstellt, auf dem Werksgelände der … Arbeiten durchzuführen. Zu diesen Arbeiten gehörte es, vorgefertigte Rohrleitungen aus Metall als Bestandteile der Industrieanlage zu montieren. Ob die Klägerin in diesem Zusammenhang auch Anlagenteile wie Pumpen, Ventile und Steuerungselemente eingebaut hat, ist zwischen den Parteien im Streit.
Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Nach § 8 Ziff. 15.1 des für allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV/Bau) haben die baugewerblichen Arbeitgeber die dazu erforderlichen Mittel durch Beiträge aufzubringen. Auf diese Beiträge hat der Beklagte einen unmittelbaren Anspruch. Die Höhe der Beiträge, der Beitragseinzug sowie die Leistungen des Beklagten sind in einem ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Verfahrenstarifvertrag, für 1999 vom 12.11.1986 i.d.F. vom 28.01.1999, 09.04.1999 und 26.05.1999 geregelt.
Nachdem der Beklagte von der Klägerin für die Zeit ab 01.01.1999 die Erteilung von Auskünften und die Zahlung von Beiträgen für die in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer verlangt, die Klägerin dies zurückgewiesen und der Beklagte auf seiner Forderung bestanden hatte, begehrt die Klägerin mit ihrer Klage die Feststellung, dass sie zur Teilnahme am Urlaubskassenverfahren nicht verpflichtet sei.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte könne die Zahlung von Urlaubskassenbeiträge für ihre in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer nicht verlangen, weil die gesetzlichen und tariflichen Regelungen über die Einbeziehung von aus dem Ausland nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern in das Urlaubskassenverfahren unwirksam sei und jedenfalls sie als ungarisches Unternehmen nicht erfasse.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, am Urlaubskassenverfahren des Beklagten für außerhalb Deutschlands ansässige Arbeitgeber und ihre in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmern gem. den §§ 55 bis 71 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12.11.1986 (Verfahrenstarifvertrag) i.d.F. vom 28.01.1999 sowie § 8 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV/Bau) vom 03.02.1981 i.d.F. vom 13.11.1998 teilzunehmen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, der Klägerin sei zur Teilnahme am Sozialkassenverfahren verpflichtet.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 06. Oktober 199...