Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Ausbildung als Friseurin reicht aus, um die Voraussetzung einer „abgeschlossenen kaufmännischen oder technischen Ausbildung” i. S. des § 3 B III b des Gehaltstarifvertrages für den Hessischen Einzelhandel zu erfüllen.

 

Normenkette

Gehaltstarifvertrag des Hess. Einzelhandels § 3 B III b

 

Verfahrensgang

ArbG Gießen (Urteil vom 23.09.1998; Aktenzeichen 3/6 Ca 74/98)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 23.09.1998 – 3/6 Ca 74/98 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche, die von der richtigen Eingruppierung der Klägerin in den Gehaltstarif des Hessischen Einzelhandels abhängen.

Die Beklagte betreibt eine Textilhandelsgesellschaft. Die Klägerin, die 1994 erfolgreich die Gesellenprüfung im Friseurhandwerk abgeschlossen hat, war seit dem 01. Oktober 1996 als stellvertretende Filialleiterin für die Beklagte tätig. Ihr unterstanden einschließlich der Teilzeitkräfte umgerechnet 5,5 Vollzeitkräfte. Ihr Aufgabengebiet umfaßte die in der zur Akte gereichten Stellenbeschreibung genannten Aufgaben, die sie erfüllte. Wegen des Inhaltes der Stellenbeschreibung wird auf die Kopie derselben, Bl. 47 bis 50 d. A. verwiesen. Ihr wurde dabei insbesondere auch das An- und Abmelden der Kasse, Auf- und Abschließen der Geschäftsräume. Tresorzugang, Anlernen und Ausbilden der Aushilfskräfte übertragen, die sie auch verrichtete. Sie übte in allen ihr übertragenen Bereichen – Ladenräume, Verkauf, Einkauf. Personalwesen. Rechnungswesen – ständig durch die ihr anvertrauten Überwachungs- und Aufsichtsfunktionen (Schlüsselverwahrung, Sicherheitsprüfungen, Warenkontrolle, Kassenaufsicht etc.) eine selbständige Tätigkeit aus.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die allgemeinverbindlichen Tarifverträge des Hessischen Einzelhandels Anwendung.

Im Zeitraum vom Oktober 1996 bis Juni 1997 erhielt die Klägerin 2.600,00 DM brutto monatlich. 1997 erhielt die Klägerin 1.300.00 DM brutto Urlaubsgeld und 290,00 DM Sonderzuwendung.

§ 3 B des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwendenden Gehaltstarifvertrages des Hessischen Einzelhandels in der Fassung vom 24. September 1996 lautet:

„B. Angestellte mit abgeschlossener kaufmännischer oder technischer Ausbildung (§ 2 Ziff. 2 oder 3)

Gehaltsgruppe III

Angestellte mit selbständiger Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisung und mit entsprechender Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich, und zwar in Arbeitsbereichen

Gehaltsstaffel b)

mit in der Regel mehr als vier bis acht unterstellten festangestellten Vollbeschäftigten einschließlich der Auszubildenden.

(Teilzeitbeschäftigte werden unter Berücksichtigung der geleisteten Arbeitsstunden in Vollbeschäftigung umgerechnet.)

Beispiele:

Substitut/in

Marktleiterassistent/in

Erste Kraft in Schauwerbegestaltung und Plakatmalerei mit selbständigen Gestaltungsaufgaben,

Leiter/in von Unterabteilungen in Werbung,

Disponent/in,

Erste/r Verkäufer/in mit Einkaufsbefugnis,

Erste/r Kassierer/in

Sekretär/in

Sortimentskontrolleur/in

Etagenaufsicht

Kassenaufsicht

Verkaufsaufsicht,

Gruppenführer/in in der Buchhaltung in Hauptverwaltungen.

Registrator/in in Hauptverwaltungen

Verwalter/in von Warenannahme und/oder Versand.

Akquisiteur/in für Raumgestaltung,

Direktrice,

Zuschneider/in

hauptamtliche/r Brandschutzbeauftragte/r

staatlich geprüfte/r Kindergärtner/in

Maschinenmeister/in

Die Klägerin macht geltend, sie in die Gehaltsgruppe B III b 1. und 2. Tätigkeitsjahr des Gehaltstarifvertrages des Hessischen Einzelhandels einzugruppieren und begehrt mit der vorliegenden Klage die Zahlung der Differenz des gezahlten Betrages zum Tarifgehalt. Darüber hinaus begehrt sie die Differenz des ausgezahlten Urlaubsgeldes zum tariflichen Urlaubsgeld sowie die Differenz zur Sonderzahlung. Mit Schreiben vom 15. Dezember 1997 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung der eingeklagten Beträge bis zum 02. Januar 1998 auf. Wegen des genauen Wortlautes des Aufforderungsschreibens wird auf die Kopie desselben, Bl. 4 und 5 d. A. verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.778,77 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 03. Januar 1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klägerin sei nicht in die Gehaltsgruppe B III des Gehaltstarifvertrages für den hessischen Einzelhandel einzustufen, denn sie habe weder eine abgeschlossene kaufmännische noch eine technische Ausbildung. Die Ausbildung als Friseurin genüge hierzu nicht.

Das Arbeitsgericht hat in seinem am 23. September 1998 verkündeten Urteil der Klage stattgegeben. Da die Klägerin sämtliche Voraussetzungen der Eingruppierung in die Gehaltsgruppe § 3 B III b des Gehaltstarifvertrages erfülle, stunden ihr die Ansprüche zu. Die Ausbildung der Klägerin als Friseurin sei als „technische Ausbildung” im Sinne des Tarifvertrages anzusehen. Die Vor...

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