Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösung des Arbeitsverhältnisses einer Masseurin/Bademeisterin in einer Reha-Klinik aufgrund der Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Erfolgreiche Berufung. Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung (hier: dauerhafte teilweise Erwerbsminderung)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die in § 33 Abs. 2 TV DRV KBS geregelte auflösende Bedingung für den Fall des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf unbestimmte Dauer ist sachlich gerechtfertigt i.S. der §§ 21, 14 Abs. 1 TzBfG. Der Sachgrund des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist zwar in dem Sachgrundkatalog des § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG nicht genannt. Die Aufzählung ist jedoch nicht abschließend.

2. Im Falle der Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit liegt der sachliche Grund für die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung in der Annahme der Tarifvertragsparteien, ein Arbeitnehmer werde im Falle der Erwerbsminderung künftig die arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen nicht mehr erbringen können. Dabei stellt allerdings die verminderte Erwerbsfähigkeit für sich genommen noch keinen ausreichenden Sachgrund für eine auflösende Bedingung dar. Erst die Einbindung der Interessen des Arbeitnehmers durch die Anknüpfung an die rentenrechtliche Versorgung rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung.

 

Orientierungssatz

§ 92 SGB IX ist nicht einschlägig und steht der Beendigung nicht entgegen, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Zustellung des Rentenbescheides einen Gleichstellungsantrag noch nicht gestellt hatte.

 

Normenkette

TzBfG §§ 21, 15; SGB IX § 92; TV DRV KBS § 33

 

Verfahrensgang

ArbG Fulda (Entscheidung vom 29.11.2013; Aktenzeichen 1 Ca 195/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.01.2018; Aktenzeichen 7 AZR 622/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 29. November 2013 - 1 Ca 195/13 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses auf Grund Eintritts einer auflösenden Bedingung.

Die Beklagte ist zugleich Rentenversicherungsträgerin, Krankenversicherung und sozialmedizinischer Dienst. Die am xx.xx.1952 geborene Klägerin war seit dem 01. Dezember 1996 bei der Beklagten in einer von dieser in A betriebenen Rehaklinik als Masseurin/Bademeisterin zu einem durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 2.300,00 Euro tätig. Dem Arbeitsverhältnis hat ursprünglich ein befristeter Arbeitsvertrag vom 29. November 1996 zugrunde gelegen, der durch Vertrag vom 17. November 1997 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis überging, wegen der Einzelheiten der schriftlichen Vereinbarung wird auf Bl. 65 und 66 d. A. Bezug genommen. Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 29. November 1996 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nach dem Knappschafts-Angestelltentarifvertrag (KnAT) vom 12. Juni 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Dieser Tarifvertrag ist zwischenzeitlich durch den Tarifvertrag der B (TV DRV KBS) vom 23. August 2006 ersetzt worden, der in § 33 folgende Bestimmungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung enthält:

"(1) ...

(2) Das Arbeitsverhältnis endet ferner mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Die/Der Beschäftigte hat den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheides unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente erst nach der Zustellung des Rentenbescheids, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Liegt im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamtes. Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird. (...)

(3) Im Falle teilweiser Erwerbsminderung endet bzw. ruht das Arbeitsverhältnis nicht, wenn der Beschäftigte nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiter beschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.

(4) Verzögert die/der Beschäftigte schuldhaft den Rentenantrag oder bezieht sie/er Altersrente (...), so tritt an die Stelle des Rentenbescheids das Gutachten einer Amtsärztin/eines Amtsarztes oder einer/eines nach § 3 Abs. 4 Satz 2 bestimmten Ärztin/...

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