Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Erfüllung der Vergütungspflicht hinsichtlich einbehaltener Lohnsteuer
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 38 Abs. 3 EStG hat der Arbeitgeber bei Einkünften des Arbeitnehmers aus nichtselbständiger Arbeit die Einkommenssteuer durch Abzug von Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten.
2. Mit dem Abzug und der Abführung von Lohnbestandteilen erfüllt der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer seine Vergütungspflicht. Erfüllt wird erst durch die Abführung nach § 41 a EStG, wobei der Arbeitgeber in einer Art treuhänderischen Stellung für den Steuerfiskus tätig wird (BAG GS v. 07.03.2001 - GS 1/00).
3. Ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers kommt bei einer Abwicklung eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs nur dann in Frage, wenn für den Arbeitgeber aufgrund der für ihn zum Zeitpunkt des Abzugs bekannter Umstände eindeutig erkennbar gewesen ist, dass eine Verpflichtung zum Abzug nicht bestand.
4. Ob der Arbeitgeber in einer Prognose erkennen konnte, dass für das nächste Kalenderjahr kein Entgeltbezug des Arbeitnehmers vorliegen wird, mit der Folge, dass ein Lohnsteuerabzug zu einem früheren Zeitpunkt vorzunehmen ist, um einen Schaden des Arbeitnehmers zu vermeiden, hat der Arbeitnehmer nachvollziehbar darzulegen. Dies gilt auch für die Geltendmachung eines Verzögerungsschadens durch den Arbeitnehmer.
Normenkette
EStG § 38 Abs. 3, § 41a; BGB § 362
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Entscheidung vom 08.09.2016; Aktenzeichen 3 Ca 460/15) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 08.09.2016 - 3 Ca 460/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Zahlung eines Geldbetrages anlässlich der Abwicklung eines gerichtlichen Vergleichs.
Die Klägerin war Mitarbeiterin bei der Beklagten. Die Beklagte ist ein Bankunternehmen.
Nach einem gerichtlichen Vergleich der Parteien sollte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2014 sein Ende finden, die Klägerin wurde von der Arbeitsleistung freigestellt und es sollte eine Abrechnung erfolgen. Des Weiteren sollte das Weihnachtsgeld für das Jahr 2014 bezahlt werden. Nach Ziffer 2 dieses gerichtlichen Vergleichs sollte das Arbeitsverhältnis bis zum 31.12.2014 ordnungsgemäß abgewickelt werden, wobei zwischen den Parteien Einigkeit bestanden hat, dass die Klägerin unter Fortzahlung der Vergütung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt war. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Vergleiches wird auf die Beschlussausfertigung vom 25.111.2014 (Bl. 7 d.A.) Bezug genommen.
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin im Jahr 2014 insgesamt einen Geldzufluss in Höhe von € 26.987,79 zu verzeichnen hatte, während weitere € 10.205,67 brutto der Klägerin im Jahr 2015 ausgezahlt wurden. Des Weiteren hat die Beklagte eine Lohnsteuerbescheinigung dahingehend erteilt, dass der Gesamtbetrag von € 37.184,46 im Kalenderjahr 2014 zugeflossen sei, worauf das Finanzamt eine Lohnsteuerberechnung auf Basis dieses Gesamtbetrages für 2014 vorgenommen hat.
Während des Kalenderjahres 2015 war die Klägerin ohne eine Vergütung aus abhängiger Tätigkeit geblieben. Mit Schreiben vom 16.09.2015 hat die Klägerin die Beklagte darum gebeten, die gezahlten Bezüge korrekt abzurechnen, d.h. einen Zufluss für das Jahr 2014 in Höhe von € 26.978,79 zu testieren, für 2015 den in diesem Kalenderjahr geflossenen Betrag. Dabei hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt, dass ihr bereits im Dezember 2014 ein Betrag in Höhe von € 3.500 netto zugeflossen ist. Schließlich sind die oben genannten Beträge tatsächlich von der Beklagten an die Klägerin gezahlt worden.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, es stünde ihr der geltend gemachte Zahlungsbetrag zu. Die Vergütung sei nämlich bis zum 31.12.2014 fällig gewesen. Auch dürften für das Kalenderjahr 2014 nur 8 Beschäftigungsmonate zugrunde gelegt werden. Bei einer solchen Berechnungsweise auf der Grundlage von 8 Beschäftigungsmonaten hätte die Klägerin eine geringere Steuerlast gehabt.
Die Klägerin hat behauptet, dass sie aufgrund der Tatsache, dass sie im Jahr 2015 nicht beschäftigt gewesen sei, sie keine Lohnsteuer hätte zahlen müssen. Deshalb sei der Klägerin der geltend gemachte Differenzbetrag nachzuzahlen. Wegen der Einzelheiten des tatsächlichen Vorbringens der Klägerin hierzu wird auf Bl. 6 der Klageschrift (Bl. 6 R d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die nachgezahlte Vergütung auf einem Vergleich beruhe, dies seien aber keine regelmäßigen wiederkehrenden Leistungen. Die Nachzahlung sei nämlich auch auf einmal vorgenommen worden. Zusammenfassend hat die Klägerin in der ersten Instanz Zahlung aufgrund einer falschen steuerlichen Behandlung des geschuldeten Nettobetrages begehrt. Dies, so hat die Klägerin es vertreten, sei ein Erfüllungsanspruch.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 3.432,00 nebst Zinse...