Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansprüche eines Arbeitnehmers wegen Abführung der Lohnsteuer für die private Nutzung des dem Arbeitnehmer überlassenen Dienstfahrzeugs durch den Arbeitgeber
Leitsatz (redaktionell)
Legt der Arbeitgeber nachvollziehbar dar, dass er bestimmte Abzüge für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (hier: Lohnsteuer für die private Nutzung des dem Arbeitnehmer überlassenen Dienstfahrzeugs) einbehalten und abgeführt hat, kann der Arbeitnehmer die nach seiner Auffassung unberechtigt einbehaltenen und abgeführten Beträge nicht erfolgreich mit der Vergütungsklage geltend machen. Er ist vielmehr auf die steuer- und sozialrechtlichen Rechtsbehelfe beschränkt, es sei denn, für den Arbeitgeber war aufgrund der für ihn zum Zeitpunkt des Abzugs bekannten Umstände eindeutig erkennbar, dass eine Verpflichtung zum Abzug nicht bestand. Anderenfalls tritt Erfüllungswirkung ein.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2 S. 3, § 9 Abs. 4; BGB § 611; EStG § 8 Abs. 2 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Entscheidung vom 30.03.2016; Aktenzeichen 3 Ca 1175/14) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 30.03.2016 - 3 Ca 1175/14 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin Vergütung für 2014 bzw. Schadensersatz schuldet.
Die Klägerin ist auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 14.10.2005 unter An bei der Beklagten tätig.
Nach Nr. 1 des Arbeitsvertrages war sie zunächst dem Office F zugeordnet. Die Beklagte behielt sich vor, die Officezuordnung entsprechend den betrieblichen Bedürfnissen zu ändern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf die von der Klägerin mit der Klageschrift vorgelegte Kopie (Bl. 5 - 8 d.A.) Bezug genommen.
Sie erhielt im Jahre 2012 ein Dienstfahrzeug. Die Parteien schlossen dazu eine Überlassungsvereinbarung (Bl. 9 - 27 d.A.). In § 8 der Vereinbarung führte die Beklagte aus, die private Nutzung des Leasingfahrzeuges sei als geldwerter Vorteil nach den steuerlichen Vorschriften zu versteuern. Die Versteuerung erfolge nach der zur Zeit geltenden 1 % und 0,03 % Methode. Sie führte weiter aus, dass die Nutzung des Dienstwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte pauschal für jeden Entfernungskilometer mit monatlich 0,03 % des inländischen PKW-Listenpreises zu versteuern sei, dem Mitarbeiter jedoch die Möglichkeit offenstehe, am Jahresende dem Finanzamt eine Kostenrechnung mit Fahrtenbuch vorzulegen und auf diese Weise eine mögliche Steuererstattung herbeizuführen.
Mit Schreiben vom 06.04.2009 (Bl. 23 d.A.) änderte die Beklagte mit Wirkung ab 01.04.2009 den Arbeitsort der Klägerin auf ihr Homeoffice und wies darauf hin, in ihren Betriebsstätten stehe kein Arbeitsplatz mehr zur Verfügung. Die Klägerin unterzeichnete das Schreiben auf ihre Bitte zum Zeichen ihres Einverständnisses.
Durch Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 wurden die steuerlichen Bestimmungen zum Reisekostenrecht mit Wirkung zum 01.01.2014 geändert.
Gemäß § 8 Abs. 2 S. 3 EStG erhöht sich bei Nutzung eines Dienstfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte der Steuersatz um 0,03 % des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Nach § 8 Abs. 2 S. 5 EStG ist die Nutzung eines Dienstfahrzeugs zu einer Familienheimfahrt bei doppelter Haushaltsführung mit 0,002% des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Beschäftigungsort anzusetzen.
Gemäß § 9 Abs. 4 EStG ist erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 Aktiengesetz) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die Zuordnung wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. Fehlt es an einer dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist diese nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich oder je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens 1/3 seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
Mit Schreiben vom 24.03.2014 (Bl. 27 d.A.) wies die Beklagte auf die Änderung des Begriffs der Tätigkeitsstätte hin und teilte mit, erste Tätigkeitsstätte im Sinne des Steuerrechts sei ihr Sitz in E, entsprechend werde sie im Hinblick auf die Überlassung des Dienstfahrzeugs die Entfernungskilometer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte versteuern.
Mit Email vom 15.04.2014 (Bl. 257 d.A.) führte sie aus, das Homeoffice sei weder steuerlich noch arbeitsrechtlich als Aufhebung der ersten Tätigkeitsstätte zu werten und habe keine Auswirkungen a...