keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bürgenhaftung. Unternehmerbegriff

 

Leitsatz (amtlich)

Haftender Unternehmer iSd Bürgenhaftung des § 1a AEntG ist nur ein Bauunternehmer, der sich seinerseits gegenüber einem Vertragspartner zur Erbringung von baulichen Leistungen verpflichtet hat und diese Pflicht nicht mit eigenen Arbeitskräften, sondern mit fremden Arbeitskräften erfüllt (Anschluss an BAG 12. Januar 2005 NZA 2005,627)

 

Normenkette

AEntG § 1a

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 12.01.2005; Aktenzeichen 3 Ca 3042/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.03.2007; Aktenzeichen 10 AZR 76/06)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 12. Januar 2005 – 3 Ca 3042/03 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) als Bürgen für Urlaubskassenbeiträge in Anspruch.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütungen zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte unterhält einen Betrieb, von dem Ausbauarbeiten verschiedener Art erbracht werden. Im Zeitraum von Mai bis Dezember 2000 führte das polnische Bauunternehmen XXXX-XXX, eine Einzelfirma polnischen Rechts, im Auftrag der Beklagten durch aus Polen entsandt Arbeitnehmer Maurer- und Putzarbeiten an einem im Eigentum der Beklagten stehenden Gebäude in der Xxxxxxxxxstr. XX in XXXXX Xxxxxxx durch. Dieses Gebäude wird von der Beklagten selbst genutzt, derzeit als Betriebssitz.

Mit seiner vor dem Arbeitsgericht München erhobenen und von dort an das Arbeitsgericht Wiesbaden verwiesenen Klage hat der Kläger, der die Beklagte mit Schreiben vom 09. Juli 2002 unter Fristsetzung bis 23. Juli 2002 vergeblich zur Zahlung von EUR 8.908,71 aufgefordert hatte, die Ansicht vertreten, die Beklagte hafte als Bürge für die Urlaubskassenbeiträge, die das polnische Unternehmen für an der Baustelle Xxxxxxxxxxstr. XX eingesetzten gewerblichen Arbeitnehmer schulde und nicht gezahlt habe. Die Höhe der auf diese Baustelle entfallenen Beiträge errechne er mangels Auskunftserteilung des polnischen Unternehmens anhand Beschäftigungszeiten der einzelnen Arbeitnehmer, die sich aus den vom polnischen Unternehmen erteilten § 3 AEntG-Meldungen ergäben, der regelmäßigen tariflichen Wochenarbeitszeit im Baugewerbe, dem tariflichen Mindestlohn und dem Urlaubskassenbeitragssatz. Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 6.239,45 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juli 2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, sie hafte für Beitragsschulden des polnischen Unternehmens schon deshalb nicht, weil sie die Aufträge in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin und Nutzerin des Grundstücks erteilt habe. Die Rechnungen des polnischen Unternehmens seien ordnungsgemäß beglichen worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12. Januar 2005 mit der Begründung abgewiesen, eine Bürgenhaftung der Beklagten scheitere daran, dass diese nicht als Generalunternehmen, sondern als Bauherrin dem polnischen Unternehmen Aufträge erteilt habe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 140 – 144 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 17. Oktober 2005 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er verfolgt seinen erstinstanzliche Klageantrag in vollem Umfang weiter und vertritt die Ansicht, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte deshalb nicht für die Beitragsschulden des polnischen Unternehmens hafte, weil sie Eigentümerin und Bauherrin gewesen sei. Darauf komme es nach dem eindeutigen Wortlaut von § 1a AEntG nicht an. Zudem seien sämtliche Geschäfte einer Handelsgesellschaft solche, die im Betrieb ihres Gewerbes vorgenommen würden.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 17. Oktober 2005 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei...

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