Leitsatz (amtlich)
§ 4 b Entgeltfortzahlungsgesetz (jetzt § 4 a) ist auf Sonderzahlungen mit reinem Entgeltcharakter nicht anwendbar. Die Kürzung eines echten 13. Monatsgehalts wegen lang andauernder Arbeitsunfähigkeit bedarf keiner Kürzungsvereinbarung.
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 04.08.1999; Aktenzeichen 17 Ca 1709/99) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Frankfurt vom 04. August 1999 – 17 Ca 1709/99 wird auf Kosten des
Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung eines anteiligen 13. Monatsgehalts.
Der 54-jährige Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01. Oktober 1972 als technischer Angestellter beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf Bl. 3, 4 f. d.A. Bezug genommen wird, heißt es unter Ziffer 4 unter anderem:
„Er erhält 13 Monatsgehälter pro Jahr. Firma Colortronic übernimmt den Ausfall des Weihnachtsgeldes seines bisherigen Arbeitgebers:”
Das 13. Entgelt wurde jeweils mit der Novemberabrechnung ausgezahlt.
Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt DM 5.911,–
Der Kläger war vom 08. Oktober 1997 bis zum 17. Juni 1998 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Ausfallzeit beruhte auf einer Zusammenhangserkrankung. Die Beklagte kürzte für das Kalenderjahr 1998 das 13. Monatsgehalt um 5,5 Monate (= 2709,20 DM) und zahlte an den Kläger nur DM 3.202.– brutto aus,
Der Kläger hat diese Kürzung für unberechtigt gehalten.
Er ha: beantragt.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 2.709,– brutto plus 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 01.12.1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Kürzung aufgrund der langen Arbeitsunfähigkeit des Klägers für berechtigt gehalten.
Das Arbeitsgericht hat d. Klage durch Urteil vom 4. August 1999 abgewiesen. Das Urteil ist d. Kl. am 3. September 1999 zugestellt worden. D. Kl. hat am 23. September 1999 Berufung eingelegt und diese am 28.9.1999 begründet.
Der Kläger ist der Meinung, dass die Kürzung gegen § 4 a Entgeltfortzahlungsgesetz verstoße. Es einer ausdrücklichen Kürzungsvereinbarung.
Der Kläger beantragt.
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 4. August 1999 – 17 Ca 1709/99 die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 2.709.– brutto plus 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seitdem 01.12.1998 zu zahlen.
D. Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte meint bei dem gekürzten 13. Monatsgehalt handele es sich nicht um eine Sondervergütung im Sinne des § 4 a Entgeltfortzahlungsgesetz. Es handele sich vielmehr um Entgelt im engeren Sinne. Die Beklagte hält es für zulässig, die Sonderzahlung hinsichtlich der Zeiten nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlungsfrist zu kürzen.
Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften ergänzend verwiesen. Die Parteien haben einem schriftlichen Verfahren zugestimmt.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft §§ 64 Abs. 2, 8 Abs. 2 ArbGG, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden, §§ 516, 518, 518 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG.
II.
Die Berufung ist nicht begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger einen weiteren Teilbetrag des 13. Gehalts für 1998 in Höhe von 2709,20 DM brutto zu zahlen.
Der nach Ziffer 4 des Arbeitsvertrages entstandene Anspruch auf eine volles 13. Gehalt ist nach den §§ 323, 275 BGB teilweise erloschen, da der Kläger im entsprechenden Umfang arbeitsunfähig erkrankt war.
1. Bei der streitgegenständlichen Sonderzahlung handelt es sich um Entgelt im engeren Sinn.
Eine Sonderzahlung mit reinem Entgeltcharakter liegt dann vor, wenn diese sich als ein Vergütungsbestandteil darstellt, der in das vertragliche Austauschverhältnis von Vergütung und Arbeitsleistung (§ 611 Abs. 1 BGB) eingebunden ist und mit dem kein weiterer Zweck verfolgt wird als die Entlohnung tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung.
Sie kann darüber hinaus aber auch ein Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachte Betriebstreue oder ein Anreiz für zukünftige Betriebstreue sein. Diese Zwecke können einzeln oder auch gemeinsam einer Jahresleistung zugrunde liegen (BAG Urteile vom 18. Januar 1978 – 5 AZR 56/77 – und – 5 AZR 685/77 – AP Nr. 92 und 93 zu § 611 BGB Gratifikation: BAGE 31, 113, 119 = AP Nr. 98 zu § 611 BGB Gratifikation, BAG Urteil vom 8. November 1978 – AP Nr. 100 zu § 611 BGB Gratifikation). Ob die eine oder die andere Zweckbestimmung oder mehrere gleichzeitig mit der Jahresleistung verbunden werden sollen, hängt nicht von deren Bezeichnung ab. Die Bezeichnung kann allenfalls als ein zusätzliches Indiz, nicht aber als ausschlaggebendes oder gar alleiniges Merkmal für eine bestimmte Zielsetzung herangezogen werden (BAG Urteil vom 8. November...