Entscheidungsstichwort (Thema)

Erschwerniszulage

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Gewährung einer Erschwerniszulage (Geriatriezulage) an eine in einem Alten- und Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt beschäftigte Krankenschwester.

 

Normenkette

ZPO § 256; TVG § 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 04.09.1985; Aktenzeichen 6 Ca 3356/85)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 04. September 1985 – 6 Ca 3356/85 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

In diesem Rechtsstreit geht es in der Berufungsinstanz um die Frage, ob der beklagte Verein der Klägerin eine monatliche Zulage von 67.– DM für die Pflege von Kranken in einer geriatrischen Station zu zahlen hat.

Die am … Februar 19 zu W. geborene, verheiratete Klägerin trat aufgrund eines am 10. Juli 1984 abgeschlossenen Arbeitsvertrages ab 1. August 1984 in die Dienste des Beklagten. Sie ist als Krankenschwester ausgebildet worden und war früher auch in dem erlernten Beruf in einem Krankenhause tätig. In § 1 des Arbeitsvertrages vom 10. Juli 1984 wird u. a. gesagt, daß die Klägerin als Krankenschwester im R. K.-Haus eingestellt wird. Die Parteien haben in § 2 des Arbeitsvertrages vereinbart, daß sich ihr Arbeitsverhältnis nach dem Bundesmanteltarifvertrag zwischen der Arbeiterwohlfahrt, Bundesverband e.V. und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr nebst den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung richtet. Auf das Arbeitsverhältnis der Streitteile ist demzufolge auch der Tarifvertrag vom 1. November 1977 über die Tätigkeitsmerkmale zum Bundesmanteltarifvertrag in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 15. Juni 1984 mit der dazugehörigen Anlage anzuwenden. In Teil II der Anlage zu dem Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale werden die Vergütungsgruppen für Angestellte im Pflegedienst in Krankenhäusern, Heilstätten und entsprechenden Einrichtungen sowie Gemeindepflegestationen umschrieben. Nach § 4 des Arbeitsvertrages vom 10. Juli 1984 erhält die Klägerin vom Beklagten ihre Bezüge nach der Vergütungsgruppe AW-KrT IV, d. h. nach der Vergütungsgruppe IV des Teiles II der Anlage zum Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale. In Nr. 46 der zu diesem Tarifvertrag ergangenen Protokollnotizen wird für mehrere Gruppen von Pflegepersonen der Vergütungsgruppen AW-KrT I bis AW-KrT VI die Gewährung monatlicher Zulagen von 67,– DM für bestimmte Tätigkeiten vorgesehen. Dort werden unter dem Buchstaben c) auch Pflegepersonen aufgeführt, die ständig „Kranke in geriatrischen Abteilungen oder Stationen pflegen”.

Die Klägerin hat vorgetragen, in das von dem Kreisverband Wiesbaden der Arbeiterwohl fahrt unterhaltene Alten- und Pflegeheim „R. K.-Haus” würden nur erhöht pflegebedürftige Personen der Pflegestufen III und IV aufgenommen. Bei diesen Heimbewohnern handele es sich um Langzeitkranke und chronisch Kranke. Die zu pflegenden Personen seien alterskrank und bedüften ständiger intensiver und auch medizinischer Pflege. Die Heimbewohner würden auch von den im „R. K.-Haus” beschäftigten Krankenschwestern medizinisch versorgt, d. h. sie erhielten auf ärztliche Anweisungen Spritzen und es würden ihnen Medikamente verabreicht. Auf den in der sozialrechtlichen Judikatur entwickelten Krankheitsbegriff komme es hier nicht an. Die Geriatriezulage werde wegen der erhöhten Schwierigkeit und Intensität der Arbeit gewährt; die in der Protokollnotiz Nr. 46 aufgeführten Arbeiten erforderten einen höheren Leistungsgrad. Daß dabei nicht nur an die Krankenhausbehandlung zu denken sei, zeige sich z. B. daran, daß an Tuberkulose erkrankte Personen nur zur Akutbehandlung in Krankenhäuser kämen und die Weiterbehandlung in Sanatorien stattfinde. Die Betroffenen seien auch in diesen Fällen noch krank.

Gleiches gelte für psychisch Kranke, die teilweise in geschlossenen oder halbgeschlossenen Pflegeheimen behandelt würden, und auch für die im „R. K. Haus” untergebrachten Pflegefälle, bei denen es sich um alterskranke Patienten handele. In ähnlichen Einrichtungen der Altenpflege in Wiesbaden, und zwar sowohl in städtischen als auch in kirchlichen und privaten Pflegeheimen, wie beispielsweise dem „M. I.-Heim”, dem „P. G. Haus” und dem Seniorenstift „D. Haus” werde für die Betreuung erhöht pflegebedürftiger Personen eine Geriatriezulage gewährt. Ausserdem sehe die Anlage 1 b zum Bundesangestelltentarif in einer Protokollnotiz zu der dortigen Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst ebenfalls eine Geriatriezulage vor. Die Klägerin hat im ersten Rechtszuge ferner eine Entgeltforderung in Höhe von 802.26 DM brutto eingeklagt mit der Begründung, sie habe in der Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum 30. Juni 1985 eine nach der Vergütungsgruppe VI des AW-KrT zu besoldende Tätigkeit ausgeübt, aber lediglich das Gehalt nach der Vergütungsgruppe V erhalten. Sie habe in jenem Zeitraum eine Station geleitet und es seien ihr sieb...

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