Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Fiktion der Verlängerung. Keine Fiktion des unbefristeten Fortbestandes eines befristeten Arbeitsverhältnisses, wenn die Arbeitszeit am letzten Tag der Befristung nach 24:00 Uhr endet. Befristung des Arbeitsverhältnisses. Voraussetzungen für den Eintritt der Fiktionswirkung des Fortbestands
Leitsatz (redaktionell)
Die Fiktion des unbefristeten Fortbestandes eines befristeten Arbeitsverhältnisses tritt nicht ein, wenn die Arbeitszeit am letzten Tag der Befristung nach 24:00 Uhr endet.
Normenkette
TzBfG § 15 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 16.05.2012; Aktenzeichen 2 Ca 31/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 16. Mai 2012 - 2 Ca 31/12 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses über das vereinbarte Ende hinaus.
Der Kläger war gemäß dem am 17. Januar 2011 zustande gekommenen Arbeitsvertrag (Bl. 3 - 10 d. A.) bei der Beklagten als Wachmann im Kernkraftwerk A zu einem Bruttomonatsgehalt von 2793,49 € beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sieht einer Befristung bis 31. Dezember 2011 vor mit der Formulierung:
"Das Arbeitsverhältnis beginnt am 17. Januar 2011 und endet am 31. Dezember 2011, ohne dass es einer Kündigung bedarf."
Mit Schreiben vom 12. September 2011 wies die Beklagte den Kläger u. a. auf seine Meldepflicht bei der Bundesagentur für Arbeit bei der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses hin. Mit Schreiben vom 09. Dezember 2011 teilte die Beklagte dem Kläger u. a. Folgendes mit:
"Beendigung Ihres befristeten Arbeitsverhältnisses
....
Sehr geehrter Herr B,
hiermit bestätigen wir die Beendigung Ihres bis zum 31.12.2011 befristeten Arbeitsvertrages.
Wir bitten Sie, die Ihnen leihweise überlassenen Uniform- und Ausrüstungsgegenstände in gereinigtem Zustand bei Frau C bzw. Frau D in der Dienststellenleitung, abzugeben.
In Ihrem eigenen Interesse bitten wir um schnellstmögliche Abgabe, damit der Aushändigung der Arbeitspapiere nichts im Wege steht. [...]
Die Zusendung Ihrer Arbeitspapiere wird aus EDV-technischen Gründen nicht vor Ende Januar 2012 erfolgen."
Auf den weiteren Inhalt dieses Schreibens wird Bezug genommen (Bl. 22 d. A.).
Der Kläger wurde am 31. Dezember 2011 noch für die Nachtschicht eingeteilt und arbeitete ab 18:00 Uhr gemäß dem Dienstplan bis zum 01. Januar 2012 um 06:00 Uhr früh. Bereits ab 24:00 Uhr war der Werksausweis des Klägers gesperrt und ihm dadurch der Zutritt in diverse Räume des Kernkraftwerkes versagt. Der Kläger konnte ab 24:00 Uhr nur noch Kontroll-Rundgänge machen, die ohne Werksausweis möglich waren. Einmal gelangte er noch mit dem Werksausweis eines Kollegen in ein gesperrtes Gebäudeteil.
Die gesamte Schicht rechnete die Beklagte mit dem Dezembergehalt 2011 ab.
Mit der am 06. Januar 2012 eingegangenen Klage hat der Kläger seine Weiterbeschäftigung und die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis unbefristet fortbesteht. Mit den Klageerweiterungen vom 27. Februar 2012 und 05. März 2012 hat er weiter Vergütung für die Monate Januar und Februar 2012 verlangt.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, durch seine Arbeit über den 31. Dezember 2011, 24:00 Uhr, hinaus sei ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. Dezember 2011 hinaus unbefristet fortbesteht;
2. für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1), die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Wachmann weiter zu beschäftigen;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm 2.793,49 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.628,70 € netto zu zahlen;
4. die Beklagte zu verurteilen, ihm 2.793,49 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1. 628,70 € netto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit dem 31. Dezember 2011 geendet hat. Sie habe durch die Schreiben vom 12. September 2011 und 09. Dezember 2011 eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses eindeutig und unmissverständlich widersprochen. Zu dem habe der Zeuge E, Mitarbeiter der Beklagten, in einem Telefonat mit dem Kläger am 03. Januar 2012 nochmals ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht in Betracht käme.
Durch Urteil vom 16. Mai 2012 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, die Beklagte habe jedenfalls mit dem Schreiben vom 09. Dezember 2011 der Weiterbeschäftigung des Klägers über den 31. Dezember 2011 hinaus wirksam widersprochen. Die gesetzliche Fiktion des unbefristeten Fortbestands eines zunächst befristeten Arbeitsverhältnisses durch widerspruchslose Weiterarbeit sei deshalb nicht eingetreten. Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand...