Entscheidungsstichwort (Thema)
Erziehungsurlaub. Arbeitszeugnis. Erwähnung des Erziehungsurlaubs im Arbeitszeugnis
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob Erziehungsurlaub, der 2/3 der rechtlichen Dauer des Arbeite Verhältnisses ausgemacht hat, in einem Zeugnis erwähnt werden darf. Revision zugelassen
Leitsatz (redaktionell)
Eine Unterbrechung der Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers in einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis wegen Erziehungsurlaubs darf im Zeugnis Erwähnung finden, wenn die dadurch verursachte Unterbrechung einen erhebliche Teil (hier zwei Drittel) des Bestands des Arbeitsverhältnisses ausmacht.
Normenkette
BGB § 630; GewO § 109
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Urteil vom 18.03.2003; Aktenzeichen 5 Ca 647/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 18.03.2003 (Az.: 5 Ca 647/02) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 04. Juli 1960 geborene Kläger ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er war in der Zeit vom 01. Mai 1998 bis zum 30. Juni 2002 bei der Beklagten als Großküchenkoch tätig. Der Kläger erzielte zuletzt eine Monatsvergütung in Höhe von EUR 1.943,00 brutto. Unter dem 01.07.2002 erteilte die Beklagte dem Kläger ein Zeugnis, in welchem im Rahmen der Schilderung der Einsatzorte und der jeweiligen Einsatzzeiten ausgeführt ist:
„… Vom 03.05.1999 bis 15.02.2002 befand sich Herr L. im Erziehungsurlaub. …”
Mit seiner Klage verlangt der Kläger Berichtigung des Zeugnisses dahin, dass die Erwähnung des Erziehungsurlaubs zu streichen ist.
Er hat die Auffassung vertreten, die Aufnahme dieses Satzes in seinem Zeugnis verstoße gegen den Grundsatz einer wohlwollenden Beurteilung. Dies deshalb, weil zu befürchten sei, dass dieser Satz bei manchen Arbeitgebern als Einstellungshindernis aufgenommen werde. Er habe grundsätzlich das Recht, selbst zu bestimmen, inwieweit persönliche Dinge und Sachverhalte offenbart würden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, in dem dem Kläger ausgefertigten Arbeitszeugnis vom 01. Juli 2002 den Satz: „Vom 03.05.1999 bis 15.02.2002 befand sich Herr L. im Erziehungsurlaub,” ersatzlos zu streichen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, im Zuge des Grundsatzes der Zeugniswahrheit könne auf die Aufnahme des beanstandeten Satzes nicht verzichtet werden. Der Kläger sei bei einer 50-monatigen Dauer des Arbeitsverhältnisses nur 17 Monate beschäftigt gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das ihm am 16.04.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.05.2003 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 28. Juli 2003 die Berufung mit am 25.07.2003 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Kläger vertieft sein Vorbringen erster Instanz und macht geltend, die geforderten wahrheitsgemäßen Angaben zur Art und rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie die Beurteilung der Leistung und Führung könne die Beklagte ohne Erwähnung des Erziehungsurlaubs in das Zeugnis aufnehmen. Kein Arbeitgeber als Adressat eines Zeugnisses könne von vornherein davon ausgehen, dass die beschriebene Tätigkeit auch tatsächlich über die gesamte bescheinigte Dauer des Arbeitsverhältnisses ausgeübt worden sei. Es sei genug Zeit gewesen, um eine Beurteilung abgeben zu können. Der Kläger macht geltend, seine Befürchtung, die Erwähnung des Erziehungsurlaubs werde sich negativ auswirken, habe sich bewahrheitet. Trotz nicht schlechter Arbeitsmarktlage für Köche in Großküchen habe er seit 2 Jahren keine neue Arbeitsstelle gefunden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18.03.2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Zug um Zug gegen Herausgabe des Zeugnisses vom 01.07.2002 ein dem Wortlaut dieses Zeugnisses bis auf den Satz: „Vom 03.05.1999 bis 15.02.2002 befand sich Herr … im Erziehungsurlaub.” entsprechendes neues Zeugnis zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts in rechtlicher Hinsicht. Sie ist der Auffassung, sie selbst werte die Tatsache, dass ein Vater Erziehungsurlaub nehme, nicht negativ. Die Erwähnung des Erziehungsurlaubs im Zeugnis gebiete der Wahrheitspflicht. Es müsse berücksichtigt werden, dass ein Koch während seiner Tätigkeit stets dazulerne. Während der Elternzeit könne sich ein Koch nicht verbessern.
Zur Ergänzung des beiderseitigen Berufungsvorbringens wird auf die von den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die nach dem Wert des Streitgegenstandes statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden.
In der Sache selbst ist die Berufung des Klägers nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass das dem Kläger erteilte Zeu...