keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Überstunden. Herausgabe. Fahrtenschreiberdiagramme. Zwischenurteil. Teilurteil
Leitsatz (amtlich)
Anspruch auf Herausgabe von Tachoscheiben auch zum Zwecke der Vorbereitung eines Anspruchs auf Überstundenvergütung.
Normenkette
EWGV 3821/85 Art. 14 II
Verfahrensgang
ArbG Gießen (Urteil vom 31.05.2007; Aktenzeichen 1 Ca 99/07) |
Tenor
Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Gießen vom 31. Mai 2007 – 1 Ca 99/07 – werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 21. November 2005 (Bl. 19 d.A.) als Fahrer zu einem Bruttomonatsverdienst von EUR 2.200,00 brutto mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden die Woche bei der Beklagten beschäftigt.
Mit Klageschriften vom 14. Dezember 2006 und 21. Dezember 2006 nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer Überstundenvergütung von EUR 11.934,18 brutto für den Zeitraum vom 01. Mai 2005 bis 30. Juni 2006 und in Höhe von EUR 5.758,71 brutto für den Zeitraum vom 01. Juli 2006 bis 13. Oktober 2006 in Anspruch. Hilfsweise begehrte er die Erteilung eines Arbeitszeitkontoauszugs für den betreffenden Zeitraum sowie die Abrechnung der geleisteten Überstunden.
Mit Klageschrift vom 23. April 2007 erweiterte der Kläger seine Klage und beantragte,
die Beklagte durch Zwischenurteil zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01. Dezember 2005 bis 15. Oktober 2006 Kopien der Fahrtenschreiberdiagramme auszuhändigen;
die Beklagte durch Zwischenurteil zu verurteilen, ihm für die von ihm in der Zeit vom 01. Dezember 2005 bis 15. Oktober 2006 in ihrem Auftrag ausgeführten Lieferungen Auskunft über die belieferten Firmen und Personen mit genauer Anschrift und Adresse zu erteilen, hilfsweise Kopien der Lieferscheine auszuhändigen.
Über die mit Klageerweiterung vom 23. April 2007 geltend gemachten Ansprüche hat das Arbeitsgericht Gießen mit dem angegriffenen Urteil vom 31. Mai 2007 durch Zwischenurteil entschieden. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte danach verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 01. Dezember 2005 bis zum 15. Oktober 2006 Kopien der Fahrtenschreiberdiagramme auszuhändigen. Den weiteren mit der Klageerweiterung des Klägers vom 23. April 2007 geltend gemachten Antrag hat das Arbeitsgericht abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien innerhalb der in der Sitzungsniederschrift der Berufungsverhandlung vom 19. März 2008 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt. Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung den abgewiesenen Klageantrag aus dem Klageerweiterungsschriftsatz vom 23. April 2007 weiter. Er meint, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass er nicht Auskunft über die jeweilige Arbeitszeit, sondern Auskunft über die belieferten Firmen und Personen begehre. Diese Auskunft benötige er zur Beweisführung durch Benennung der belieferten Zeugen. Die Beklagte verfolgt ihren Anspruch auf Klageabweisung des Klageantrags aus der Klageerweiterung vom 23. April 2007 auf Herausgabe von Kopien der Fahrtenschreibendiagramme fort. Sie meint, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht unter Berufung auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 10. Mai 2005 (13 Sa 842/04 –) aus Art. 14 II VO (EWG) Nr. 3821/85 der Klage stattgegeben. Die Beklagte rügt, dass das Arbeitsgericht Sinn und Zweck der Vorschrift der VO (EWG) Nr. 3820/85 bzw. Nr. 3821/85 bei der Entscheidung nicht berücksichtigt habe. Diese Vorschriften würden nämlich der Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen der beteiligten Verkehrsträger sowie der Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr dienen und nicht arbeitsvertraglichen Zwecken, wie der Vorbereitung einer Vergütungsklage des Arbeitnehmers. Die Beklagte verweist im Übrigen auf ihrer Ansicht nach diese Rechtsmeinung stützende Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz. Die Parteien treten im Übrigen der jeweiligen Rechtsansicht der Gegenpartei entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 31. Mai 2007 – 1 Ca 99/07 – sind statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 b ArbGG), außerdem form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig (§§ 66 ArbGG, 517, 520 ZPO). Entgegen der Bezeichnung des Urteils durch das Arbeitsgericht liegt auch kein unanfechtbares Zwischenurteil gem. § 303 ZPO vor. Das Zwischenurteil ergeht nämlich zu Vorfragen, die im Prozess auftreten und geklärt werden müssen, die sich aber nicht unmittelbar auf den Streitgegenstand selbst beziehen. Die Auslegung des Klagebegehrens des Klägers zeigt aber, dass er mit den mit der Klageerweiterung vom 23. April 2007 geltend gemachten Ansprüchen keine Vorfragen in Bezug auf die S...