Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag, die auf „Vergütungsgruppe IIa des BAT” Bezug nimmt, kann nicht als dynamische Verweisung auf spätere Tarifverträge des arbeitgebenden Lands ausgelegt werden, wenn dieses die Tarifgemeinschaft der Länder verlassen hat.

 

Normenkette

BGB § 288 Abs. 1, § 305 Abs. 1, § 305c Abs. 2, 1; EinkVerbTöDG HE vom 13.06.2008

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.09.2010; Aktenzeichen 14 Ca 2727/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.08.2013; Aktenzeichen 5 AZR 584/11)

BAG (Aktenzeichen 4 AZR 584/11)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 08. September 2010 – 14 Ca 2727/10 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der am 3. Juni 2008 in Kraft getretene „Tarifvertrag Einkommensverbesserung 2008” vom 13. Juni 2008 und der „Tarifvertrag Einkommensverbesserung Hessen 2009/2010” vom 28. März 2009 auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet und der beklagte Verein danach verpflichtet ist, die Vergütung des Klägers zu erhöhen.

Der am 11. August 1947 geborene Kläger ist bei dem beklagten Verein seit dem 16. Januar 1982 auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 28. Dezember 1981 (Bl. 8 f. d. A.) als Diplom-Psychologe beschäftigt. Der Kläger arbeitete in den Monaten Januar bis Juni 2008 Vollzeit, ab Juli 2008 nur im Umfang von 88,31% der wöchentlichen Arbeitszeit.

Der Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 1981 enthält auszugsweise die folgenden Regelungen:

„…

§ 2

Der vereinbarte Beschäftigungsumfang beträgt 100 % der üblichen Arbeitszeit. Sie beträgt z. Z. 40 Std. wöchentlich.

§ 5

Der Arbeitnehmer erhält eine Vergütung nach Vergütungsgruppe II a des Bundesangestelltentarifs (Fassung Land Hessen).

Der BAT findet Anwendung bei Urlaubsregelung, Arbeits- und Rufbereitschaft, Dienstbefreiung unter Fortzahlung der Dienstbezüge, vermögenswirksame Leistungen. Im Übrigen findet der BAT keine Anwendung.”

§ 7

Den Vertragsschließenden ist bekannt, dass der Verein seine karitativen, erzieherischen Aktivitäten in den Grenzen seiner finanziellen Möglichkeiten betreibt und dass dem Verein dafür ausschließlich Fremdmittel zur Verfügung stehen, deren Gewährung und Höhe er nicht bestimmen kann.

§ 8

Änderungen und Ergänzungen dieses Arbeitsvertrages bedürfen ausnahmslos der Schriftform.

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses gab er jede Tariferhöhung nach dem BAT an den Kläger weiter.

Nach dem Austritt des Landes Hessen aus der Tarifgemeinschaft der Länder im April 2004 erhielt die Kläger keinerlei Vergütungserhöhungen mehr. Die Vergütung des Klägers bestehend aus Grundgehalt, Ortszuschlag und einer allgemeinen Zulage betrug in der Zeit von Januar 2008 bis einschließlich Juni 2008 4297,24 EUR brutto. Im Monat Juni 2008 erbrachte der beklagte Verein darüber hinaus eine befristete Einmalzahlung in Höhe von 513 EUR brutto zur Auszahlung. Diese Auszahlung beinhaltete eine befristete Einmalzahlung für die Monate Januar 2008 bis einschließlich Juni 2008 in Höhe von monatlich 85,50 EUR brutto. Von Juli 2008 bis Dezember 2008 erhielt der Kläger eine befristete Einmalzahlung in Höhe von 75,50 EUR brutto monatlich. Im Monat Juli 2008 erhielt der Kläger im Übrigen eine Vergütung, bestehend aus Grundgehalt, Ortszuschlag und einer allgemeinen Zulage, in Höhe von insgesamt 3794,89 EUR brutto, ab August 2008 bis einschließlich Juli 2009 in Höhe von 3714,91 EUR brutto. Die befristete Einmalzahlung zahlte der beklagte Verein in der Zeit von August 2008 bis einschließlich Dezember 2008 in Höhe von 75,50 EUR brutto monatlich aus. Er berücksichtigte die befristete Einmalzahlung in derselben Höhe auch bei dem im Monat November 2008 ausgezahlten Weihnachtsgeld, dass ohne diese Zahlung ein Bruttomonatsgehalt betrug. Anschließend erhöhte der beklagte Verein in der Zeit von Januar 2009 bis einschließlich Juli 2009 die befristete Einmalzahlung auf 96,96 EUR brutto. Ab August 2009 entfiel die befristete Einmalzahlung, die Vergütung des Klägers wurde ab demselben Zeitpunkt auf insgesamt 3837,88 EUR brutto erhöht. Im November 2009 erhielt er darüber hinaus eine Weihnachtszuwendung in Höhe eines weiteren Bruttomonatsgehalts.

Das Land Hessen schloss mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes am 13. Juni 2008 den „Tarifvertrag Einkommensverbesserung 2008” ab, der auszugsweise Folgendes regelt:

㤠1 Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt für die Beschäftigten des Landes Hessen, auf deren Beschäftigungsverhältnis mit dem Land Hessen

  1. der Bundesangestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 in der Fassung vom 31. Januar 2003,

angewendet wird.

§ 2 Lineare Erhöhung

(1) Zum 1. April 2008 werden jeweils um 3,0 v.H. erhöht

  1. die Grundvergütung, die Gesamtvergütung, die Stundenvergütung, der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage in der am 1. Mai 2004 geltenden Fassung des Vergü...

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