Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifverträge Bau

 

Leitsatz (amtlich)

Entscheidend für die Abgrenzung zwischen den Betrieben, die kraft Allgemeinverbindlicherklärung der Bautarifverträge dem Geltungsbereich dieser Bautarifverträge unterfallen und den durch Ausnahme aus der Allgemeinverbindlicherklärung aus dem allgemeinverbindlichen Geltungsbereich der Bautarifverträge herausgenommenen Abbruchbetrieben ist die Art und Weise der ausgeübten Tätigkeit und nicht ihr Zweck, gleichgültig ob Teilabbruch oder Totalabbruch und ob „konstruktiver” oder „destruktiver” Abbruch betrieben wird.

 

Normenkette

BRTV-Bau § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 28.11.1985; Aktenzeichen 5 Ca 965/85)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 28.11.1985 – 5 Ca 965/85 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist die tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle für die Beiträge der Sozialkassen des Baugewerbes. Auf der Grundlage des Tarifvertrages über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe (VTV) vom 19.12.1983, bzw. für die Zeit bis zum 31.12.1983 gem. § 2 Abschn. 1 Nr. 6 Abs. 6 und 7 VTV vom 12.11.1960 in der jeweils gültigen Fassung verlangt der Kläger von der Beklagten zur Vorbereitung von Beitragszahlungen die in den Sozialkassentarifverträgen vorgesehenen Auskünfte über die Anzahl der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, die für diese Arbeitnehmer monatlich gezahlte Bruttolohnsumme sowie die Höhe der danach zu zahlenden Beiträge für die Zeit von Juli 1981 bis April 1985. Außerdem verlangt der Kläger eine Entschädigung von der Beklagten für den Fall der Nichterteilung der Auskünfte.

Die Beklagte ist in die Handwerksrolle mit dem Beton- und Stahlbetonbauerhandwerk eingetragen. Sie ist Mitglied im Arbeitgeberverband des Deutschen Abbruchverbandes e.V..

Nach den Vorschriften über den betrieblichen bzw. fachlichen Geltungsbereich der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes (§ 1 VTV) werden vom fachlichen Geltungsbereich der Sozialkassentarifverträge „Betriebe des Baugewerbes” erfaßt. Das sind solche Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich entweder Bauten erstellen oder gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, sowie auch Betriebe, die gewerblich sonstige bauliche Leistungen erbringen. Im Katalog der damit erfaßten betrieblichen Tätigkeiten ist in § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV u. a. enthalten:

4. Beton- und Stahlbetonarbeiten,

5. Bohrarbeiten,

18. Hochbauarbeiten,

27. Abbruch- und Enttrümmerungsarbeiten.

Die Sozialkassentarifverträge sind jeweils für allgemeinverbindlich erklärt worden. Nach Abschn. A II in der Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlichkeitserklärung vom 20.4.1980 (BAnz. Nr. 67 vom 9.4.1980), auf die in den Allgemeinverbindlichkeitserklärungen des VTV in den späteren Fassungen verwiesen wird, ist die Allgemeinverbindlichkeit jedoch eingeschränkt. Es heißt dort:

”Spreng-, Abbruch- und Enttrümmerungsarbeiten ausführende Betriebe… werden von der Allgemeinverbindlicherklärung erfaßt, wenn ihre Leistungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit anderen, in den Betrieben … in erheblichem Umfang anfallenden baulichen Leistungen stehen”.

Der Kläger hat behauptet, daß sich der Betrieb der Beklagten arbeitszeitlich überwiegend mit dem Sägen und Bohren von Öffnungen in Betonmauern und Betondecken von Bauwerken beschäftigt habe, um Aussparungen für Fenster, Türen, Durchgänge, Treppen, Aufzugsschächte, Kanäle für Versorgungsleitungen und die Belüftung zu schaffen sowie mit Betonsanierungsarbeiten, wie dem Reinigen von Beton, dem Ausbessern der schadhaften Stellen und Verschließen der Risse mit Kunststoffmasse bzw. Dichtungsmaterial sowie anschließendem Beschichten der Betonfläche mit Kunststoffen zur Haltbarmachung des Betons.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

  1. dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten in den Monaten Juli 1981 bis April 1985 in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die lohnsteuerpflichtige Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den genannten Monaten angefallen sind.
  2. für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Urteils Zustellung nicht erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen:

    80.300,00 DM.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, ihr Betrieb führe reine Abbrucharbeiten aus, die in keinem Zusammenhang mit baulichen Leistungen stünden, nämlich Kernbohr- und Bet...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?