Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zu Abbrucharbeiten bei Durchbruchsarbeiten
Leitsatz (amtlich)
Durchbruchsarbeiten z B für Fenster, Türen, Versorgungsleitungen sind keine Abbruchsarbeiten. Das gilt auch für die Neufassung des Tarifvertrages für das Abbruchgewerbe vom 23. April 1987, der auch “Beton schneiden, bohren und pressen” erfaßt, da diese Arbeiten nur dann vom Tarifvertrag für das Abbruchgewerbe erfaßt werden, wenn sie der Zielsetzung eines (Teil)abbruchs dienen.
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Bau; BRTV-Bau; Verfahrenstarifverträge Bau; RTV für die gewerblichen, technischen und kaufmännischen Angestellten des Abbruch- und Abwrackgewerbes vom 23. April 1987
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 1989 – 15 Sa 1136/88 – aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt die Beklagte auf Auskunftserteilung für die Monate Mai bis August 1987 und Januar bis März 1988 sowie auf noch ausstehende Beitragszahlung für gewerbliche Arbeitnehmer für die Zeit von Januar 1983 bis Dezember 1986 in Höhe von 2.544,82 DM sowie für Angestellte für die Zeit von Januar bis April 1987 in Höhe von 992,-- DM in Anspruch. Die Beklagte, die bis Dezember 1986 Beiträge an die Klägerin abgeführt hat, hat die Meldungen und die Beitragszahlung zum 1. Januar 1987 eingestellt. Seit diesem Zeitpunkt ist sie Mitglied des Deutschen Abbruchverbandes e.V.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß der Betrieb der Beklagten vom betrieblichen Geltungsbereich der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe erfaßt werde, da der Betrieb bauliche Leistungen erbringe. Sie hat dazu behauptet, im Klagezeitraum seien von den Arbeitnehmern der Beklagten arbeitszeitlich überwiegend sogenannte Durchbruchsarbeiten ausgeführt worden. Die Beklagte habe Öffnungen in Betonwände und Betondecken im Diamantbohr- und -sägeverfahren für Versorgungsleitungen, Heizungen, Türen, Fenster und Fahrstühle hergestellt, wobei die Substanz der jeweiligen Wände und Decken in dem Sinne erhalten geblieben sei, daß die jeweilige Wand oder Decke als solche fortbestanden habe. Diese Tätigkeit sei kein Abbruch oder Teilabbruch, so daß der Betrieb der Beklagten nicht als Abbruchbetrieb von der Allgemeinverbindlicherklärung des betrieblichen Geltungsbereichs der Verfahrenstarifverträge ausgenommen sei. Da es sich nicht um einen Abbruchbetrieb handele, falle der Betrieb auch nicht unter den betrieblichen Geltungsbereich der Rahmentarifverträge für die Arbeitnehmer des Abbruch- und Abwrackgewerbes. Die Mitgliedschaft der Beklagten im Deutschen Abbruchverband e.V. als tarifvertragschließender Partei seit dem 1. Januar 1987 führe damit zu keiner Tarifkonkurrenz, so daß die Tarifverträge für die Arbeitnehmer des Abbruchgewerbes den Bautarifverträgen nicht als speziellere vorgingen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
der Klägerin auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,
wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten
Mai bis August 1987 und Januar bis März 1988
in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die lohnsteuerpflichtige Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den genannten Monaten angefallen sind,
wieviel technische und kaufmännische Angestellte sowie Poliere und Schachtmeister in den Monaten
Mai bis August 1987 und Januar bis März 1988
in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden und in welcher Höhe Beiträge für die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG in den genannten Monaten angefallen sind.
Für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, hat die Beklagte an die Klägerin folgende Entschädigung zu zahlen:
zu Nr. 1.1 |
10.800,-- DM |
zu Nr. 1.1 |
9.000,-- DM |
zu Nr. 1.2 |
840,-- DM |
zu Nr. 1.2 |
690,-- DM |
Gesamtbetrag |
21.330,-- DM |
und die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.536,82 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß ihr Betrieb nicht unter den betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge über die Sozialkassen im Baugewerbe falle. Sie führe keine Durchbrüche in Wänden und Decken für Versorgungsleitungen, Fenster, Türen und dgl. aus, sondern breche Bauwerksteile wie Mauern, Wände, Treppenhäuser, Fahrstuhlschächte, Betonfundamente, Decken, Bedachungen und Balkone durch Kernbohr- und Betonschneidearbeiten ab. Bei ihrem Betrieb handele es sich somit um einen Abbruchbetrieb, der aufgrund der entsprechenden Einschränkung der Allgemeinverbindlicherklärung von dem betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge nicht erfaßt werde. Der Betrieb falle vielmehr unter den betrieblichen Geltungsbereich der Rahmentarifverträge für die Arbeitnehmer im Abbruchgewerbe. Dies ergebe sich aus der Neufassung des betrieblichen Geltungsbereichs mit Wirkung zum 1. Januar 1987, da “Beton schneiden, bohren und pressen” ausdrücklich in den Tarifwortlaut aufgenommen worden sei. Demgemäß bestehe seit ihrem Eintritt in den Deutschen Abbruchverband e.V. zum 1. Januar 1987 auf jeden Fall eine Tarifkonkurrenz zu den Bautarifverträgen, wobei die Tarifverträge für das Abbruchgewerbe als die spezielleren vorgingen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage unter Verlängerung der Frist zur Auskunftserteilung auf sechs Wochen stattgegeben. In der Berufungsinstanz hat sich die Beklagte nicht mehr gegen die Verurteilung zur Beitragsnachzahlung in Höhe von 2.544,82 DM für die Zeit von Januar 1983 bis Dezember 1986 gewendet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im übrigen abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche für die Zeit ab 1. Januar 1987 weiter und beantragt insoweit Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Landesarbeitsgericht konnte mit der von ihm gegebenen Begründung die Klage nicht abweisen.
Mit dem Landesarbeitsgericht ist davon auszugehen, daß es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf ankommt, ob der Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum ab 1. Januar 1987 vom betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (VTV) erfaßt wird, soweit dieser für allgemeinverbindlich erklärt ist (§ 4 Abs. 2, § 5 Abs. 4 TVG) oder eine Tarifgebundenheit der Beklagten deshalb nicht in Betracht kommt, weil ihr Betrieb unter den betrieblichen Geltungsbereich der zum 1. Januar 1987 in Kraft getretenen Rahmentarifverträge für die gewerblichen und die technischen und kaufmännischen Angestellten des Abbruch- und Abwrackgewerbes vom 23. April 1987 (RTV Abbruch) fällt und diese nach dem Grundsatz der Spezialität und im Hinblick auf die Mitgliedschaft der Beklagten im Deutschen Abbruchverband e. V. als tarifvertragsschließender Partei (§ 3 Abs. 1 TVG) zur Anwendung kommen.
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß dahingestellt bleiben könne, ob im Betrieb der Beklagten arbeitszeitlich überwiegend sogenannte Durchbruchsarbeiten ausgeführt werden, wie die Klägerin behaupte, oder ob Abbrucharbeiten als Total- oder Teilabbruch arbeitszeitlich überwiegend anfallen, wie die Beklagte behauptet. Da der betriebliche Geltungsbereich der Rahmentarifverträge für das Abbruch- und Abwrackgewerbe in der ab 1. Januar 1987 geltenden Fassung von den Tarifvertragsparteien ausdrücklich auf Betriebe erstreckt worden sei, die “Beton schneiden, bohren und pressen”, fielen alle Betriebe, die derartige Tätigkeiten und somit auch auf diese Weise Durchbruchsarbeiten ausführten, ohne weitere Voraussetzungen unter den betrieblichen Geltungsbereich. Da die Beklagte aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Deutschen Abbruchverband e. V. als tarifvertragsschließender Partei nach § 3 Abs. 1 TVG tarifgebunden sei, und die Rahmentarifverträge für das Abbruch- und Abwrackgewerbe die spezielleren Regelungen enthielten, gingen diese den Bautarifverträgen vor.
Diesen Ausführungen vermag der Senat nicht zu folgen. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung.
Der Senat hat sich mit der Zuordnung von Betrieben, die Abbrucharbeiten (Total- und Teilabbruch) und sogenannte Durchbruchsarbeiten ausführen, zu den Bautarifverträgen und den Tarifverträgen für das Abbruchgewerbe im einzelnen im Urteil vom 14. Oktober 1987 (BAGE 56, 227 = AP Nr. 88 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) befaßt. Danach erfaßt der betriebliche Geltungsbereich des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe in § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 27 “Spreng-, Abbruch- und Enttrümmerungsarbeiten”. Abbruch ist nach der Senatsrechtsprechung sowohl der Totalabbruch als auch der Teilabbruch, wobei die entsprechenden Arbeiten zur vollständigen oder wenigstens teilweisen Beseitigung eines Gebäudes, Bauwerks bzw. Gebäude- oder Bauwerksteils führen müssen. Begriffswesentlich für Abbrucharbeiten ist nämlich, daß durch sie Gebäude, Bauwerke oder Teile davon in ihrer Substanz und damit auch in ihrer Funktion beseitigt werden. Davon kann noch gesprochen werden, wenn etwa Decken, Wände, Bedachungen oder Balkone vollständig abgebrochen werden und deswegen ein Teilabbruch vorliegt. Dagegen sind Abbrucharbeiten immer dann zu verneinen, wenn in Decken oder Wände Öffnungen für Versorgungsleitungen etc. hineingebohrt bzw. hineingesägt werden. In diesen Fällen bleiben – anders als beim Teilabbruch – nämlich die Wände oder Decken in ihrer Substanz und Funktion erhalten, so daß man nicht von Abbruch-, sondern allenfals von Durchbruchsarbeiten sprechen kann. Diese sind im Rechtssinne nicht den Abbrucharbeiten zuzurechnen.
Betriebe, die Abbrucharbeiten in dem genannten Sinne ausführen, werden von der Allgemeinverbindlicherklärung des betrieblichen Geltungsbereiches des VTV nur erfaßt, wenn ihre Leistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit anderen im Betrieb in erheblichem Umfange anfallenden baulichen Leistungen stehen. Durch diese Einschränkungsklausel soll der Eintritt von Tarifkonkurrenzen zwischen den Bautarifverträgen und den Tarifverträgen für das Abbruchgewerbe vermieden werden (BAG Urteil vom 14. Oktober 1987, BAGE 56, 227 = AP Nr. 88 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau m. w. N.). Vom Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Abbruch- und Abwrackgewerbes vom 5. März 1982, der dem Urteil des Senats zugrunde lag, wurden nämlich erfaßt:
“Abbruch- und Abwrackbetriebe…, die Bauten aus Mauerwerk, Beton, Stahlbeton, Eisen, Stahl oder Holz, technische Anlagen, wie z. B. Industrieanlagen, Fabrikeinrichtungen, abbrechen, demontieren oder sprengen, Schiffe abwracken….”
Aus dieser Rechtslage ergaben sich nach der Senatsrechtsprechung folgende Differenzierungen: Gehört der Arbeitgeber keinem der tarifvertragsschließenden Verbände des Baugewerbes an und werden im Betrieb arbeitszeitlich überwiegend Abbrucharbeiten (Total- oder Teilabbruch) ausgeführt, ohne daß ein unmittelbarer Zusammenhang mit anderen im Betrieb in erheblichem Umfange anfallenden baulichen Leistungen besteht, so tritt wegen der Einschränkung der Allgemeinverbindlicherklärung keine Tarifgebundenheit hinsichtlich der Bautarifverträge ein. Besteht ein Zusammenhang mit baulichen Leistungen im Sinne der Einschränkungsklausel, und ist der Arbeitgeber Mitglied im Deutschen Abbruchverband e. V. als tarifvertragsschließender Partei der Tarifverträge für das Abbruch- und Abwrackgewerbe, so gehen diese nach den Grundsätzen der Spezialität und der Tarifeinheit den Bautarifverträgen vor (vgl. BAG Urteil vom 14. Juni 1989 – 4 AZR 200/89 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
Werden im Betrieb arbeitszeitlich überwiegend sogenannte Durchbruchsarbeiten im Sinne der Senatsrechtsprechung durchgeführt, fällt der Betrieb nach § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 4 “Beton- und Stahlbetonarbeiten” und Nr. 5 “Bohrarbeiten” bzw. nach den allgemeinen Merkmalen des § 1 Abs. 2 Abschnitte I bis III VTV unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV. Da es sich nicht um Abbrucharbeiten im tariflichen Sinne handelt, greift die Einschränkungsklausel der Allgemeinverbindlicherklärung nicht ein. Ein solcher Betrieb wurde auch vom fachlichen Geltungsbereich des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer des Abbruch- und Abwrackgewerbes vom 5. März 1982 nicht erfaßt, so daß selbst bei Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Deutschen Abbruchverband e. V. keine Tarifkonkurrenz eintreten konnte.
Diese Rechtslage hat sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nach Inkrafttreten des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer des Abbruch- und Abwrackgewerbes vom 23. April 1987 und des Rahmentarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Abbruch- und Abwrackgewerbes vom 23. April 1987 ab 1. Januar 1987 nicht geändert. Diese Tarifverträge haben hinsichtlich ihres betrieblichen Geltungsbereiches folgenden gleichlautenden Wortlaut:
“Abbruch- und Abwrackbetriebe sowie selbständige Abbruchabteilungen anderer Unternehmen, die ganz oder teilweise Bauwerke aus Mauerwerk, Beton, Stahlbeton, Eisen, Stahl oder sonstigen Baustoffen, technische Anlagen, wie z. B. Industrieanlagen, Fabrikeinrichtungen abbrechen, demontieren, sprengen, Beton schneiden, bohren und pressen; Schiffe abwracken. Hierzu gehört auch die Durchführung von Enttrümmerungs- und Entschuttungsarbeiten.”
Die Tarifvertragsparteien haben den betrieblichen Geltungsbereich im Vergleich zur früheren Fassung des Tarifvertrages mithin um die Worte “Beton schneiden, bohren und pressen” erweitert. Daraus folgert das Landesarbeitsgericht, daß unter den betrieblichen Geltungsbereich alle Betriebe fallen, die derartige Arbeiten ausführen. Die Tarifvertragsparteien hätten mit der Aufnahme dieser Arbeiten in den Tarifwortlaut Regelbeispiele für Tätigkeiten eines Abbruchbetriebes festlegen wollen, so daß Betriebe, die diese Tätigkeiten ausführten, stets als Abbruchbetriebe im tariflichen Sinne anzusehen seien.
Diese Auslegung steht mit dem Tarifwortlaut und dem tariflichen Gesamtzusammenhang, die bei der Tarifauslegung maßgeblich zu berücksichtigen sind (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung), nicht in Einklang. Nach dem bisherigen Wortlaut der tariflichen Bestimmung wurden “Abbruchbetriebe” erfaßt, “die ganz oder teilweise Bauwerke aus Mauerwerk, Beton, Stahlbeton usw. abbrechen, demontieren oder sprengen”. Die Tarifvertragsparteien stellten damit auf die Arbeitsmethoden und die Zielsetzung der Tätigkeit (Abbruch, Demontage, Sprengung von Bauwerken) ab. “Beton schneiden, bohren und pressen” sind hingegen nur Arbeitsmethoden, die über die Zielsetzung der Tätigkeit nichts aussagen. Die Tätigkeit des Betonschneidens, -bohrens oder -pressens kann nämlich sowohl dem Abbruch von Bauwerken dienen als der Herstellung von Durchbrüchen für Versorgungsleitungen, Fenster, Türen und dergleichen. Wenn die Tarifvertragsparteien des Abbruch- und Abwrackgewerbes aber mit der Erweiterung des Wortlauts des betrieblichen Geltungsbereichs nicht nur eine neuartige Arbeitsmethode, insbesondere beim Teilabbruch von Bauwerken hätten aufführen, sondern unabhängig von der Zielsetzung der Tätigkeit, wie das Landesarbeitsgericht meint, auch solche Betriebe hätten erfassen wollen, die keine Abbrucharbeiten im bisherigen Sinne ausführen, so hätte dies im Wortlaut der tariflichen Bestimmungen deutlich zum Ausdruck kommen müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Tarifwortlaut geht nämlich nach wie vor davon aus, daß vom betrieblichen Geltungsbereich nur “Abbruchbetriebe” erfaßt werden und stellt damit auf die Zielsetzung der Tätigkeit ab, die dann im einzelnen bezeichnet wird. Ein Betrieb, der Beton schneidet, bohrt und preßt, wird durch die Ausführung dieser Arbeiten allein aber noch nicht zum Abbruchbetrieb.
Gegen eine Ausdehnung des betrieblichen Geltungsbereichs der Rahmentarifverträge für das Abbruchgewerbe auf alle Betriebe, die Beton schneiden, bohren und pressen, auch wenn diese Tätigkeit nicht dem Abbruch von Bauwerken dient, spricht auch der tarifliche Gesamtzusammenhang. Der Begriff der Abbrucharbeiten im Sinne der Tarifverträge des Baugewerbes und ihrer Allgemeinverbindlicherklärung mit der entsprechenden Einschränkungsklausel ist nicht verändert worden. Er wurde in gleicher Weise im Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Abbruch- und Abwrackgewerbes vom 5. März 1982 verwendet. Den Begriff des “Abbruchbetriebes” verwenden auch die Tarifvertragsparteien der Rahmentarifverträge für das Abbruchgewerbe vom 23. April 1987. Da im Tarifwortlaut nicht hinreichend zum Ausdruck kommt, daß die Tarifvertragsparteien bei der Neufassung des betrieblichen Geltungsbereichs vom bisherigen Begriff des Abbruchbetriebes abweichen und alle Betriebe erfassen wollen, die Beton schneiden, bohren und pressen, spricht der tarifliche Gesamtzusammenhang dafür, daß sie weiterhin vom bisherigen Begriff des Abbruchbetriebes in Übereinstimmung mit den Tarifvertragsparteien des Baugewerbes ausgehen, zumal die tarifvertragsschließende Gewerkschaft dieselbe ist.
Die einheitliche Auslegung des Begriffs des “Abbruchbetriebes” bzw. von “Abbrucharbeiten” im Sinne der Bautarifverträge und der Tarifverträge für das Abbruchgewerbe führt auch zu einer vernünftigen, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung, so daß ihr deshalb der Vorzug zu geben ist (vgl. BAGE 42, 244 = AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II). Fiele nämlich ein Betrieb, der Beton schneidet, bohrt und preßt, stets unter den betrieblichen Geltungsbereich der Tarifverträge für das Abbruchgewerbe, wie das Landesarbeitsgericht meint, so führte dies, sofern der Arbeitgeber Mitglied des Deutschen Abbruchverbandes e. V. ist, stets zu einer Tarifkonkurrenz, da der Betrieb nach § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 4 und 5 auch vom betrieblichen Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen BRTV-Bau und des VTV erfaßt wird. Eine solche Tarifkonkurrenz soll durch die Einschränkungsklausel der Allgemeinverbindlicherklärung hinsichtlich des betrieblichen Geltungsbereichs der Bautarifverträge in bezug auf Abbruchbetriebe aber gerade vermieden werden. Außerdem wäre eine solche Tarifkonkurrenz auch nicht ohne weiteres nach dem Grundsatz der Spezialität zu lösen, da die Rahmentarifverträge für das Abbruchgewerbe für allgemeine Betonarbeiten, wie Bohren, Pressen und Schneiden nicht eindeutig speziellere Regelungen enthalten.
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts führt die Zuordnung von Betrieben, die Durchbruchsarbeiten durchführen, zu den Betrieben des Abbruchgewerbes auch nur dann zur Vermeidung einer Abgrenzung dieser Arbeiten, wenn die Durchbruchsarbeiten durch Schneiden, Bohren und Pressen von Beton ausgeführt werden. Werden demgegenüber Durchbruchsarbeiten bei normalem Mauerwerk ausgeführt, so bliebe nach wie vor ihre Abgrenzung zu Abbruchsarbeiten im Tarifsinne erforderlich. Eine praktikablere Regelung wäre damit nicht erreicht.
Gilt die bisherige Rechtslage hinsichtlich der Zuordnung von Betrieben, die Abbruch- und Durchbruchsarbeiten durchführen, auch nach Inkrafttreten der Rahmentarifverträge für das Abbruchgewerbe vom 23. April 1987 ab 1. Januar 1987 unverändert fort, wird das Landesarbeitsgericht bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung aufzuklären haben, ob im Betrieb der Beklagten, bezogen auf den Zeitraum eines Kalenderjahres, arbeitszeitlich überwiegend, wie die Klägerin behauptet, Durchbruchsarbeiten auch mittels Schneidens, Bohrens und Pressens von Beton durchgeführt wurden. Ist dies der Fall, so wird der Betrieb vom betrieblichen Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen VTV erfaßt. Da Durchbruchsarbeiten keine Abbrucharbeiten im Tarifsinne sind, kommt eine Tarifkonkurrenz zu den Tarifverträgen für das Abbruchgewerbe trotz der Mitgliedschaft der Beklagten im Deutschen Abbruchverband e. V. nicht in Betracht.
Werden im Betrieb der Beklagten arbeitszeitlich überwiegend Abbrucharbeiten (Total- oder Teilabbruch), wie die Beklagte behauptet, ausgeführt, so kommt eine Tarifgebundenheit der Beklagten schon deshalb nicht in Betracht, weil der Betrieb unter die Einschränkungsklausel der Allgemeinverbindlicherklärung des VTV fällt. Daß die Beklagte Abbrucharbeiten im Zusammenhang mit baulichen Leistungen im Sinne der Einschränkungsklausel ausführt, hat die Klägerin bisher nicht behauptet.
Das Landesarbeitsgericht wird auch über die in der Revision entstandenen Kosten mitzuentscheiden haben.
Unterschriften
Dr. Neumann, Dr. Etzel, Dr. Freitag, Marx, Dr. Konow
Fundstellen
Haufe-Index 873907 |
RdA 1990, 63 |