Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsauslegung. Bezugnahme auf Tarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Die arbeitsvertragliche Vereinbarung „in Anlehnung an” einen bestimmten Tarifvertrag ist im Zusammenhang des Arbeitsvertrages regelmäßig nicht dahingehend auszulegen, dass der Tarifvertrag oder ein Teil desselben in der jeweiligen Fassung (sog. Widerspiegelungsklausel) in Bezug genommen ist.

 

Normenkette

BGB §§ 157, 133

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Urteil vom 18.04.2000; Aktenzeichen 4 Ca 476/99)

 

Tenor

Der Beklagten wird gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts in Darmstadt vom 18. April 2000 – 4 Ca 476/99 –, soweit die Hauptsache nicht erledigt ist, in Höhe von DM 1.203,21 brutto abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 12 von Hundert, der Beklagten zu 88 von Hundert auferlegt.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch um Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auf Gewährung von weiterer Vergütung wegen Erhöhung der Vergütungssätze des Bundes-Angestelltentarifvertrages.

Die am 18.06.1949 geborene Klägerin ist Krankenschwester. Auf Grund des Arbeitsvertrages vom 29.02.1995 (AV, Bl. 5–10 d. A.), steht sie als solche seit dem 01.04.1995 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten in der von dieser unterhaltenen psychosomatischen …. Die Beklagte ist nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes. Der Arbeitsvertrag lautet, soweit hier von Interesse, wie folgt:

„…

§ 2 Vergütung

  1. Das Gehalt wird in Anlehnung an den BAT (für Gemeinden), Vergütungsgruppe KR IV frei vereinbart und beträgt DM 3.816,28 monatlich brutto.
  2. Über das gezahlte Gehalt wird Stillschweigen gegenüber Mitarbeitern ausdrücklich vereinbart.
  3. Ein 13. Monatsgehalt wird nach folgender Regelung gezahlt: Zu den Fälligkeitsterminen 30.06. und 31.11. eines jeden Jahres erhält der (die) Arbeitnehmer (In) jeweils 50 % des im Juni bzw. November des betreffenden Jahres geltenden Grundgehaltes als zusätzliche Gehaltszulage, wobei die Zulage per 31.12. bereits mit dem November-Gehalt zunächst vorschüssig ausgezahlt wird. …

§ 4 Kündigung

5. Alle beiderseitig vereinbarten Ansprüche aus dem vertraglich vereinbarten Arbeitsverhältnis und auch solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sich nicht innerhalb von 4 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtliche Geltendmachung erfolgt.

§ 11 Sonstige Vereinbarungen

1. Änderungen dieses Arbeitsvertrages und zusätzliche Vereinbarungen bedürfen zu ihrer rechtlichen Wirksamkeit der Schriftform.

§ 12 Individuelle Vereinbarung

Nach Ablauf der Probezeit wird – Bewährung vorausgesetzt – die monatliche Gehaltszahlung in Anlehnung an BAT KR V in freier Vereinbarung neu festgesetzt.

…”

670,00 Die Klägerin erhielt nach einer Gehaltsmitteilung der Beklagten für August 1997 (Bl. 11 d. A.) eine Vergütung in Höhe von 4.292,78 brutto. Nachdem die Klägerin gegen eine von der Beklagten ihr wie weiteren Mitarbeitern gegenüber unter dem 25.06.1997 u. a. mit dem Ziel, die Vergütungshöhe zu ändern, ausgesprochene Änderungskündigung Änderungsschutzklage erhoben hatte, stellte das Arbeitsgericht Darmstadt mit einem am 04.05.1998 verkündeten Urteil – 10 Ca 195/97 – fest, dass die Änderungskündigung unwirksam ist. Dieses Urteil ist rechtskräftig, nachdem die Beklagte die dagegen eingelegte Berufung – 14 Sa 2160/98 Hess. LAG – zurückgenommen hat. Der Betriebsrat der Klinik wandte sich unter dem 04.07.1997 wegen des hälftigen Weihnachtsgeldes 1997 an die Beklagte (Bl. 120 d. A.), ebenso die Klägerin am 01.07.1998 wegen des hälftigen Weihnachtsgeldes 1998 und zusätzlich wegen der Tariferhöhung im Öffentlichen Dienst für 1998 (Bl. 121 d. A.). Die Geschäftsleitung der Beklagten schrieb unter dem 07.07.1997 an alle Mitarbeiter der Klinik u. a., schon wegen der Fairness und des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei sie selbstverständlich bereit, eine endgültige gerichtliche Entscheidung gegenüber allen Mitarbeitern anzuerkennen, d. h. auch gegenüber den Mitarbeitern, die nicht das Arbeitsgericht in Anspruch genommen hätten (Bl. 117 und 118 d. A.), und unter dem 20.08.1997 mit der Bitte, den Ausgang der Kündigungsschutzverfahren abzuwarten (Bl. 119 d. A.). Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom 20.09.1999 zur Zahlung eines Betrages von DM 14.884,86 brutto (im Einzelnen Bl. 20 und 21 d. A.) aufgefordert.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, sie habe – jeweils rechnerisch unstreitig – auf Grund der Erhöhung der Vergütungstarife nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag ab dem 01.01.1998 für 1998 um 1,5 v. H. und für 1999 ab dem 01.04.1999 um 3,1 v. H. einen Anspr...

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