Entscheidungsstichwort (Thema)
Einzelfall krankheitsbedingte Kündigung. negative Prognose. Krankheitsbedingte Kündigung- dreistufiger Prüfungsaufbau. negative Prognose erforderlich. erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen. Interessenabwägung vornehmen
Leitsatz (redaktionell)
Die krankheitsbedingte Kündigung ist sozial gerechtfertigt. Die Überprüfung der Wirksamkeit einer personenbedingten Kündigung hat anhand eines dreistufigen Prüfungsaufbaus zu erfolgen. Danach ist zunächst eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustands erforderlich. Die bisherigen und nach der Prognose zu erwartenden Auswirkungen des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers müssen weiter zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. In der dritten Stufe -der Interessenabwägung - ist dann zu prüfen, ob die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen eine billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers nach sich ziehen.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 02.08.2012; Aktenzeichen 9 Ca 359/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 2. August 2012 - 9 Ca 359/12 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug weiterhin um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung.
Der am xx. Mai 19xx geborene, verheiratete Kläger hat drei Kinder, von denen eines minderjährig ist. Das älteste Kind leidet unter einer Krankheit und wird im elterlichen Haushalt betreut. Der Kläger arbeitete seit Juni 1987 bei der Beklagten als Maschinenbediener zuletzt zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von ca. € 1.800,00. Zu seinen Aufgaben gehörte es, die elektronisch gesteuerten Kunststoffautomaten zu bedienen und die sodann gefertigten Styroporteile aus der Maschine zu entnehmen und anschließend zu verpacken. Im Jahr 2007 war der Kläger an 22 Arbeitstagen und im Jahr 2008 an 44 Arbeitstagen arbeitsunfäig erkrankt. In den Jahren 2009 bis 2011 fehlte er an nachfolgenden Tagen aus krankheitsbedingten Gründen, wobei im angegebenen Umfang Entgeltfortzahlungskosten inklusive VWL ohne Lohnnebenkosten für die Beklagte angefallen sind:
2009 |
48 Arbeitstage |
€ 3.680,22 |
2010 |
66 Arbeitstage |
€ 5.058,24 |
2011 |
109 Arbeitstage |
€ 8.450,29. |
Im Jahr 2012 fehlte er bis zum 24. Februar 2012 einschließlich an 30 Arbeitstagen, wofür bei der Beklagten Entgeltsfortzahlungskosten ohne Lohnnebenkosten in Höhe von € 2.298,00 anfielen. Wegen der konkreten Lage der Fehlzeiten und der jeweils angefallenen Entgeltfortzahlungskosten für die Jahre 2009 bis 2012 wird auf die Aufstellung Bl. 31 und 35 d.A. Bezug genommen. Die Beklagte hatte mit dem Kläger am 1. Juni 2011 und am 12. Oktober 2011 sogenannte Eingliederungsgespräche mit dem Ziel geführt herauszufinden, inwieweit Hilfestellungen zur gesundheitlichen Stabilisierung des Klägers möglich wären, zu denen sie den Kläger zuvor schriftlich unter Hinweis auf den Grund und das Ziel des Gesprächs eingeladen hatte. Wegen des Inhalts der Gespräche und des Teilnehmerkreises wird auf die Kopien der Gesprächsprotokolle Bl. 37-40 d.A. Bezug genommen. Der Kläger wurde nach dem letzten Gespräch für ca. 3 Monate an kleineren Maschinen eingesetzt, bevor er wieder an größeren Maschinen arbeitete, wobei der Grund dieses letzten Wechsels zwischen den Parteien streitig ist. Die Beklagte hörte den Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers unter dem 22. Februar 2012 an (Bl. 41 f. d.A.). Dieser legte keinen Widerspruch gegen die beabsichtigte Maßnahme ein. Die Beklagte kündigte daraufhin ordentlich aus krankheitsbedingten Gründen das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger durch Schreiben vom 23. Februar 2012 zum 30. September 2012 (Bl.12 3 f. d.A.).
Der Kläger hat unter dem 9. März 2012 Klage gegen die ihm am 25. Februar 2012 zugegangene Kündigung eingereicht und sich gegen die Wirksamkeit der ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigung gewandt. Er hat behauptet, Grund für die Arbeitsunfähigkeitstage in der Vergangenheit seien zwei Operationen gewesen sowie Beschwerden an der Halswirbelsäule und der Brustwirbelsäule. Zudem habe ein Verdacht auf eine Krebserkrankung bestanden, der sich jedoch nicht bestätigt habe. Er habe teilweise unter unzumutbaren Umständen arbeiten müssen und deshalb seien die gesundheitlichen Beschwerden aufgetreten. Er habe einen positiven Genesungsprozess durchgemacht und sei vollständig genesen zukünftig seien erhebliche Fehlzeiten nicht mehr zu erwarten. Dies folge auch aus den vorliegenden Berichten, wegen deren Einzelheiten auf die Kopien Bl. 14-21 d.A. Bezug genommen wird.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 23. Februar 2012, zugegangen am 25. Februar 2012, nicht aufgelöst worden ist und sondern über den 30. September 2012 hinaus fortbesteht,
festzustellen, dass das zwisc...