Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit wiederholter Befristung der Arbeitsverhältnisse einer angestellten Lehrerin
Leitsatz (redaktionell)
Bei 11 befristeten Arbeitsverträgen mit einer Gesamtdauer von rund 5 1/2 Jahren, die sämtlich auf Vertretungsbedarf als Grund für die Befristung gestützt wurden, ist noch nicht von einem Missbrauch des Befristungsgrundes der Vertretung auszugehen.
Orientierungssatz
Einzelfall einer wirksamen (mittelbaren) Vertretungsbefristung im Schulbereich, unter anderem da trotz zwischen den Parteien abgeschlossener 19 Arbeits-/Änderungsverträgen in rund 5 1/2 Jahren ein institutioneller Rechtsmissbrauch nicht anzunehmen war; allerdings wurde aufgrund Erklärungen der Parteien in der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht durch eine nicht die Schriftform wahrende Vereinbarung einer Prozessbeschäftigung ein Arbeitsverhältnis zu den zuletzt vereinbarten Arbeitsbedingungen (neu) begründet.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 3, Abs. 4; BGB § 126 Abs. 4, § 127a
Verfahrensgang
ArbG Gießen (Entscheidung vom 14.02.2014; Aktenzeichen 10 Ca 226/13) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 14. Februar 2014 - Aktenzeichen 10 Ca 226/13 - wird, soweit es den abgewiesenen allgemeinen Feststellungsantrag zu 2 betrifft, als unzulässig verworfen.
Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 14. Februar 2014 - Aktenzeichen 10 Ca 226/13 - teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der weiteren Befristung gemäß den gerichtlich protokollierten Erklärungen der Parteien vom 3. September 2013 zum Ende des rechtskräftigen Abschlusses des vorliegenden Befristungsprozesses endet.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 2/5 und das beklagte Land 3/5 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug weiterhin über die Wirksamkeit von zwei Befristungen und den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zwischen ihnen.
Die 57-jährige (geboren am xx.xxxxx.xxxx), verheiratete Klägerin ist studierte Diplom-Geographin (Bl. 25 d. A.). Zudem wurde ihr die kirchliche Unterrichtserlaubnis "Missio Canonica" zur Erteilung katholischen Religionsunterrichts an der Primarstufe und Sekundarstufe IXXX in der Diözese AXXX erteilt (Bl. 27 d. A.). Ab dem 28. Januar 2008 wurde sie bei dem beklagten Land aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft tätig. Im Einzelnen beruhte das Arbeitsverhältnis der Parteien zunächst auf folgenden Arbeits-/Änderungsverträgen (Bl. 23 bis 69 d. A.):
Arbeits-/Änderungsvertrag: |
Beschäftigungszeitraum: |
15. Januar 2008 |
28. Januar 2008 - 20. Juni 2008 |
22. April 2006 |
28. April 2008 - 20. Juni 2008 |
29. Juli 2008 |
30. Juli 2008 - 10. Juli 2009 |
21. August 2008 |
25. August 2008 - 3. Oktober 2008 und 4. Oktober - 10. Juli 2009 |
9. Februar 2009 |
16. Februar 2009 - 10. Juli 2009 |
17. März 2009 |
1. April 2009 - 10. Juli 2009 |
24. April 2009 |
11. Juli 2009 - 21. August 2009 |
11. August 2009 |
22. August 2009 - 31. Januar 2010 |
1. September 2009 |
7. September 2009 - 5. Oktober 2009 und 6. Oktober 2009 - 31. Januar 2010 |
28. Oktober 2009 |
5. November 2009 - 5. Dezember 2009 6. Dezember 2009 - 31. Januar 2010 |
21. Januar 2010 |
1. Februar 2010 - 15. August 2010 |
13. Juli 2010 |
16. August 2010 - 30. Januar 2011 |
4. Januar 2011 |
31. Januar 2011 - 31. Juli 2011 |
30. Juni 2011 |
5. August 2011 - 3. Februar 2012 |
13. Januar 2012 |
4. Februar 2012 - 29. Juni 2012 |
3. Juli 2012 |
10. August 2012 - 3. Februar 2013 |
23. August 2012 |
29. August 2012 - 3. Februar 2013 |
11. Oktober 2012 |
29. Oktober 2012 - 3. Februar 2013. |
Zuletzt schlossen die Parteien unter dem Datum des 19. Dezember 2012 einen Arbeitsvertrag (Bl. 70 bis 72 d. A.), wonach die Klägerin ab dem 4. Februar 2013 als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 12 Pflichtstunden befristet eingestellt wurde. Weiter heißt es in § 1:
"Das Arbeitsverhältnis ist befristet bis zur Wiederaufnahme des Dienstes von Frau B , längstens bis zum 5. Juli 2013:
Nach § 2 (1) des Arbeitsvertrages der Parteien vom 19. Dezember 2012 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen (TV-H), dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Landes Hessen in den TV-H und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-H sowie den Tarifverträgen, die den TV-H und den TVÜ-H ergänzen, ändern oder ersetzen, in der jeweils geltenden Fassung. In § 2 (4) heißt es, auf das Arbeitsverhältnis findet § 21 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz Anwendung. Die Bruttomonatsvergütung lag zuletzt bei € 2.073,82.
Der Einsatz der Klägerin bei dem beklagten Land erfolgte während der gesam ten Zeit fast durchgehend am CXXX -Gymnasium in DXXX . Die Klägerin unterrichtete dabei fast ausschließlich die Fächer katholische Religion und Ethik sowie Erdkunde.
Im Anschluss an die Güteverhandlung ...