Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahme eines Trockenbauunternehmens am Sozialkassenverfahren im Baugewerbe. Erfolglose Berufung gegen eine stattgebende Klage. Entscheidung des Arbeitsgerichts unter Anwendung des SokaSiG. Bestätigung der Beweiswürdigung (Zeugen) durch das Arbeitsgericht
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Beurteilung der Frage, ob in einem Betrieb überwiegend bauliche Leistungen erbracht werden, ist auf die überwiegende Arbeitszeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer in einem Kalenderjahr abzustellen (hier: bejaht).
2. Neben den originär von den Mitarbeitern des Betriebes erbrachten baulichen Leistungen sind auch die Einweisung, Überwachung und Kontrolle von Arbeitnehmern eines Subunternehmens als eigene baugewerbliche Tätigkeit des Betriebs anzusehen, wenn die Arbeitnehmer des Subunternehmens Arbeiten ausführen, die vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst werden, der Subunternehmer von dem Betrieb mit diesen Arbeiten beauftragt worden ist und ohne die Tätigkeit des Subunternehmens die Bauarbeiten von eigenen Arbeitnehmern des Betriebs durchgeführt werden müssten.
Normenkette
SokaSiG; VTV 1999; VTV 2009; VTV 2013
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 17.03.2016; Aktenzeichen 9 Ca 1141/14) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 17. März 2016 - 9 Ca 1141/14 - wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 11. April 2017 zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen. Ausgenommen hiervon sind die durch die Säumnis des Klägers in der Verhandlung vom 11. April 2017 entstandenen Kosten. Diese hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes verpflichtet.
Der Beklagte meldete mit Wirkung zum 10. Januar 2003 ein Gewerbe mit dem Gegenstand Trocken- und Akustikbau an. Prüfer des Hauptzollamts Stuttgart trafen anlässlich einer Baustellenkontrolle im September 2013 vier Arbeitnehmer des Beklagten bei der Ausübung von Trockenbauarbeiten an.
Der Beklagte beschäftigte in den Kalenderjahren 2009 bis 2014 folgende Arbeitnehmer:
2009: |
|
|
|
Beschäftigungszeitraum |
Anzahl der Beschäftigungsmonate |
A |
01.01.-31.12.2009 |
12,0 |
B |
26.01.-31.12.2009 |
11,2 |
C |
07.01.-31.12.2009 |
11,8 |
D |
01.01.-31.12.2009 |
12,0 |
E |
01.01.-31.12.2009 |
12,0 |
|
|
Summe: 59,0 |
2010: |
|
|
|
Beschäftigungszeitraum |
Anzahl der Beschäftigungsmonate |
A |
01.01.-31.12.2010 |
12,0 |
B |
01.01.-31.12.2010 |
12,0 |
C |
01.01.-31.12.2010 |
12,0 |
E |
01.01.-31.12.2010 |
12,0 |
F |
01.07.-31.12.2010 |
6,0 |
D |
01.01.-31.12.2010 |
12,0 |
G |
21.06.-31.12.2010 |
6,3 |
|
|
Summe: 72,3 |
2011: |
|
|
|
Beschäftigungszeitraum |
Anzahl der Beschäftigungsmonate |
A |
01.01.-31.12.2011 |
12,0 |
B |
01.01.-31.12.2011 |
12,0 |
C |
01.01.-31.03.2011 |
3,0 |
E |
01.01.-31.12.2011 |
12,0 |
F |
01.01.-31.12.2011 |
12,0 |
G |
01.01.-31.12.2011 |
12,0 |
D |
01.01.-31.12.2011 |
12,0 |
H |
14.11.-31.12.2011 |
1,5 |
I |
10.01.-31.12.2011 |
11,7 |
J |
15.07.-30.10.2011 |
3,5 |
|
|
Summe: 91,7 |
2012: |
|
|
|
Beschäftigungszeitraum |
Anzahl der Beschäftigungsmonate |
A |
01.01.-31.12.2012 |
12,0 |
B |
01.01.-31.12.2012 |
12,0 |
E |
01.01.-31.12.2012 |
12,0 |
F |
01.01.-31.12.2012 |
12,0 |
G |
01.01.-01.10.2012 |
9,0 |
D |
01.01.-31.12.2012 |
12,0 |
H |
01.01.-31.12.2012 |
12,0 |
I |
01.01.-10.04.2012 |
3,3 |
K |
01.10.-31.12.2012 |
3,0 |
|
|
Summe: 87,3 |
2013: |
|
|
|
Beschäftigungszeitraum |
Anzahl der Beschäftigungsmonate |
A |
01.01.-31.12.2013 |
12,0 |
B |
01.01.-31.12.2013 |
12,0 |
E |
01.01.-31.12.2013 |
12,0 |
F |
01.01.-15.02.2013 |
1,5 |
D |
01.01.-31.12.2013 |
12,0 |
H |
01.01.-31.12.2013 |
12,0 |
L |
01.10.-31.12.2013 |
3,0 |
K |
01.01.-31.12.2013 |
12,0 |
|
|
Summe: 76,5 |
2014: |
|
|
|
Beschäftigungszeitraum |
Anzahl der Beschäftigungsmonate |
A |
01.01.-31.12.2014 |
12,0 |
B |
01.01.-31.12.2014 |
12,0 |
E |
01.01.-31.12.2014 |
12,0 |
M |
17.02.-31.12.2014 |
10,4 |
D |
01.01.-31.12.2014 |
12,0 |
H |
01.01.-31.12.2014 |
12,0 |
L |
01.01.-31.12.2014 |
12,0 |
|
|
Summe: 82,4 |
Der Beklagte bedient sich zur Durchführung der ihm erteilten Trockenbauaufträge in erheblichem Umfang externer Unternehmen, sogenannter Subunternehmer. Diese führen für den Beklagten Trocken- und Montagearbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV 1999), vom 18. Dezember 2009 (VTV 2009) und vom 03. Mai 2013 (VTV 2013) aus. Daneben werden auch eigene Mitarbeiter des Beklagten mit der Durchführung entsprechender Trockenbauarbeiten betraut.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Grundlage der bezeichneten Verfahrenstarifverträge (VTV 1999, VTV 2009 und VTV 2013) in den jeweils geltenden Fassungen für die Monate Dezember 2009 bis einschließlich Mai 2014 auf Zahlung von Sozialkassenbeiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer in einer Gesamthöhe von 115.709,12 EUR und auf Zahlung für die Zusatzversorgung eines Angestellten in einer Gesamthöhe von 3.726,- EUR in Anspruch. Den Beitragsforderungen für die gewerbl...